Die Bundesanwaltschaft wird keine Ermittlungen gegen mehrere Manager deutscher Bekleidungsmarken und Einzelhändler wegen des Verdachts einer Beihilfe zu staatlich verordneter Zwangsarbeit von Uiguren in der chinesischen Region Xinjiang einleiten. Es bestünden "nach den vorliegenden Erkenntnissen keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte" für eine Beteiligung der angezeigten Personen an Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder an anderen, die Strafverfolgungszuständigkeit der Bundesanwaltschaft begründenden Straftaten, teilte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft auf Anfrage mit. "Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kommt daher gegenwärtig nicht in Betracht."
Die Anzeige hatte die Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) vor gut vier Wochen erstattet. "Die Tür ist noch nicht zu", sagte die Menschenrechtsanwältin Miriam Saage-Maaß vom ECCHR. Man sei von dem Befund der Bundesanwaltschaft nicht überzeugt und werde möglicherweise inhaltlich nachlegen. Die NGO hatte den Nachweis führen wollen, dass deutsche Unternehmen von chinesischen Stellen verordnete Zwangsarbeit an Uiguren in der Region Xinjiang indirekt unterstützen, indem sie Textilien bei Lieferanten einkaufen, die entweder selbst Zwangsarbeiter beschäftigen oder Baumwolle verarbeitet haben, bei deren Produktion Zwangsarbeiter eingesetzt werden. Aber genau dieser Nachweis ist der Organisation wohl misslungen. Denn die Bundesanwaltschaft teilte mit, "insbesondere bestünden derzeit keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte, dass im Rahmen des Herstellungsprozesses der in der Strafanzeige in Bezug genommenen Textillieferungen tatsächlich Zwangsarbeiter mitwirkten."
In der Region pflücken nach Schätzungen von Fachleuten mutmaßlich bis zu einer halben Millionen Uiguren Baumwolle, größtenteils mit der Hand und gegen ihren Willen. Erste Hinweise, dass in der Region möglicherweise Zwangsarbeit zum Einsatz kommen, gibt es seit knapp drei Jahren. Chinas Regierung bestreitet die Existenz von Zwangsarbeit in Xinjiang, spricht von Ausbildungs- und Arbeitsprogrammen, mit denen der Extremismus in der Region bekämpft werden soll.