Als es in der Finanzkrise darum ging, all den Müll beiseitezuschieben, mit dem die Banken sich verspekuliert hatten, wurde die bad bank erfunden. Die bad bank ist der Schrottplatz der Finanzindustrie, sie ist die Abraumhalde für jene riskanten Wertpapiere, mit denen viele Banken gezockt haben. In der bad bank wurde der Restmüll zerlegt, sortiert und verschrottet - damit der andere, seriöse Teil des Bankgeschäfts überleben kann.
Auch der Energiekonzern Eon (der sich offiziell E.on nennt, also mit Punkt) gründet nun so etwas wie eine bad bank - einen Schrottplatz für Dinge, die sich überlebt haben. Der größte Stromversorger der Republik (62 000 Beschäftigte, 122 Milliarden Euro Umsatz) gliedert all das aus, was nach Ansicht der Firmenspitze keine Zukunft mehr hat: das Geschäft mit der Kohle, mit der Atomkraft, mit Gas.
So wie die Banker auf ihren Müllhalden all das deponiert haben, was sie belastet hat, wickeln die Strommanager von Eon nun das ab, was sie belastet: die alte Energie, die dreckige Kohle, das nicht ganz so dreckige Gas, die ungeliebte Atomkraft. Was der Kern des Geschäfts von Eon war (und es eigentlich immer noch ist), wird ausgelagert, runtergefahren, verkauft. In Zukunft will sich der Konzern nur noch um grüne Energie kümmern: um Sonne, Wind oder Wasserkraft. Eon spaltet sich also auf in zukunftsfähig und überkommen, in E.on und E.off, wenn man so will.
Die Manager wickeln ab, was sie belastet: Kohle, Gas, Atomkraft
Solch einen radikalen Umbau hat es in der deutschen Energiebranche noch nie gegeben. Er ist mutig, weil er das Unternehmen und seine Kultur von Grund auf verändern wird. Und er ist konsequent, weil Eon damit nachvollzieht, was die Politik in Berlin und Brüssel in den vergangenen Jahren vorgegeben hat: die Energiewende - weg von den fossilen Brennstoffen, weg von der Kernenergie, hin zu regenerativen Energien.
Das Unternehmen passt sich damit schneller als andere Konzerne, schneller als RWE und italienische, spanische oder französische Versorger einem Markt an, der schon immer politisch war und deshalb lange erstarrt - einem Markt, der sich aber seit einigen Jahren rasch verändert, weil ein Meiler nach dem anderen abgeschaltet, ein Kohlekraftwerk nach dem anderen nicht mehr rentabel ist und ein Windrad nach dem anderen errichtet wird.
In der Energiebranche ist, erst recht seit Fukushima, etwas in Bewegung geraten, eine neue Form der Versorgung entsteht: weg von den großen mächtigen Konzernen, von den riesigen Kraftwerken, hin zu kleineren Anbietern, hin zu einer dezentralen Versorgung.
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Wenn am Montag in Peru Minister zur UN-Klimakonferenz zusammentreffen, sprechen sie über das Ende der Ölindustrie. Das verlangt nach klaren Signalen der Staaten an die Investoren im Kampf gegen die Erderwärmung. Wie kann der Staat Investments hin zu sauberen Energien umlenken?
Sich dem Wandel stellen, ihn gestalten, ihn prägen
Man kann sich solch einem Wandel verweigern - und untergehen. Man kann Quartal für Quartal erklären, wie schwer es die Politik einem macht - und immer neue Milliardenverluste anhäufen. Oder man kann sich diesem Wandel stellen, ihn gestalten, ihn prägen. Eon hat sich für Letzteres entschieden und zeigt einen Weg auf, dem in ähnlicher Form auch die anderen großen Versorger folgen werden.
Denn Eon, RWE oder EnBW stehen für eine Zeit, in der die Energiebranche noch von Monopolen beherrscht wurde, von Konzernen, die unter der Fuchtel der Politik standen. Das gilt gerade auch für Eon. Das Unternehmen ist vor eineinhalb Jahrzehnten aus zwei ehemaligen Staatskonzernen hervorgegangen: Veba wurde erst Mitte der Achtzigerjahre vollständig privatisiert, Viag zunächst auch - doch kaum dass der Bund sich von den letzten Viag-Aktien getrennt hatte, stieg der Freistaat Bayern ein. Auch die Fusion zu Eon war nur dank der beherzten Unterstützung der Politik in Berlin, München und Düsseldorf möglich - am Ende musste der Bundeswirtschaftsminister sogar das Kartellamt überstimmen, das sein Veto eingelegt und vor der Marktmacht des neuen Energieriesen gewarnt hatte.
Eons Abschied von Atom, Kohle und Gas:Ende der Dinos
Adieu Atomenergie, tschüss Kohle und Gas: Eon verabschiedet sich aus der alten Energiewelt. Das ist richtig, weil die Zukunft der Versorgung anders aussieht. Aber ein Problem bleibt.
Kein großer Unterschied zur Finanzkrise
Mächtige Konzerne, das lehrt die Geschichte, verpassen bisweilen Trends, weil sie zu schwerfällig sind. Andere, innovativere Unternehmen übernehmen dann nach und nach ihr Geschäft, schöpferische Zerstörung nannte dies der Ökonom Joseph Schumpeter. Eon betreibt diese schöpferische Zerstörung nun selber und folgt dabei dem Rahmen, den die Politik gesetzt hat - und der Entwicklung, die der Markt deswegen genommen hat.
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Weg von Atom, Kohle und Gas, hin zu Sonne und Wind: Der Stromkonzern Eon will sein bisheriges Kerngeschäft einem neuen Unternehmen übertragen. Was hinter dem radikalen Umbau steckt und warum die Strategie für den Steuerzahler nicht ohne Risiko ist.
Natürlich schreien nun viele Politiker auf, weil die bad energy bank von Eon ja auch den Atomausstieg zu Ende bringen muss, samt seiner milliardenschweren Folgekosten. Wer wird am Ende dafür gerade stehen, wenn das Geld nicht ausreicht? Die Antwort ist einfach: Es wird derjenige sein, der als Eigentümer der Stromkonzerne die Meiler einst bestellt hat - und der Jahrzehnte später den Auftrag zum Atomausstieg gegeben hat: der Staat. Auch in dieser Frage unterscheidet sich also die Krise der Energiekonzerne nicht so sehr von der Finanzkrise.