Zentralbanken:Jubel an den Finanzmärkten über anhaltende Geldflut

Frankfurt/Berlin (dpa) - Die anhaltende Geldflut der US-Notenbank hat am Donnerstag auf den Finanzmärkten weltweit Euphorie ausgelöst. Zugleich mehren sich aber auch kritische Stimmen, die vor Gefahren für die globale Preisstabilität und Nachteilen für Anleger warnen.

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Frankfurt/Berlin (dpa) - Die anhaltende Geldflut der US-Notenbank hat am Donnerstag auf den Finanzmärkten weltweit Euphorie ausgelöst. Zugleich mehren sich aber auch kritische Stimmen, die vor Gefahren für die globale Preisstabilität und Nachteilen für Anleger warnen.

Die überraschend aufgeschobene geldpolitische Wende der Federal Reserve (Fed) sorgte für ein globales Kursfeuerwerk. Der deutsche Leitindex Dax kletterte auf neue Rekordhöhen. Er sprang zeitweise über 8770 Punkte, der Handel wurde am frühen Abend mit 8694 Zählern beendet (plus 0,67 Prozent).

Viele Beobachter hatten jedoch damit gerechnet, dass die weit geöffneten Geldschleusen allmählich geschlossen werden. Daher reagierten einige Experten auch besorgt. "Unserer Ansicht nach haben Ben Bernanke und seine Fed gestern Abend ihr letztes Stück an Glaubwürdigkeit verspielt", kommentierten Analysten des Bankhauses Metzler. "Denn was muss man schlussfolgern, wenn der Chef der US-Notenbank nicht in der Lage ist, die Konjunktur einigermaßen sicher drei Monate im Voraus abzuschätzen."

Die Fed hatte am Mittwochabend angekündigt, ihre zur Konjunkturstützung aufgelegten milliardenschweren Anleihekäufe in unveränderter Höhe beizubehalten und die Niedrigzinspolitik fortzusetzen. Sie begründete die Entscheidung vor allem mit der instabilen Wirtschaftslage, dem zuletzt deutlichen Anstieg der Markt- und Hypothekenzinsen sowie dem verhaltenen Preisauftrieb. Es müssten erst noch mehr Beweise vorliegen, dass die Erholung der Konjunktur und des Arbeitsmarktes tatsächlich gefestigt sei, erklärte der scheidende Notenbankchef Bernanke.

An der New Yorker Wall Street waren die Leitindizes schon am Mittwochabend auf Rekordstände gestiegen. Am Donnerstag behaupteten die US-Börsen das Niveau dann zumeist gut. Der Leitindex Dow Jones gab in der ersten Handelsstunde zwar leicht um 0,06 Prozent auf rund 15 668 Punkte nach. Beim breiter gefassten S&P-500-Index (plus 0,07) und beim Technologie-Index Nasdaq 100 (plus 0,18) gab es aber schwache Zuwächse. Händlern zufolge fehlten dem Markt die entscheidenden neuen Impulse - daher würden zunächst die jüngsten Kursgewinne verdaut.

Marktstratege Robert Halver von der Baader Bank kommentierte: "Die US-Notenbank geht auf Nummer sicher und will kein Konjunktur- oder Zinsrisiko eingehen." Sein Kollege Daniel Saurenz von Feingold Research sagte: "Die US-Notenbank bleibt mit Vollgas auf dem Pedal".

Andere Beobachter sehen die Fortsetzung der Niedrigzinsphase mit größerer Skepsis. So bemängelte der Bankenfachmann Wolfgang Gerke das Festhalten an der ultralockeren Geldpolitik als eine dramatische Fehlentscheidung: "Ich halte das weltweit für eine hochgefährliche Politik, weil sie zu Spekulationsblasen führen kann, und weil bei einer Politik des billigen Geldes die Staatsverschuldung permanent wächst", sagte Gerke der "Saarbrücker Zeitung" (Freitag).

Auch die deutschen Versicherer kritisierten den weiteren Ankauf von Staatsanleihen durch die US-Notenbank scharf. Diese Entscheidung sei "das falsche Signal", sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg von Fürstenwerth. Die künstlich niedrigen Zinsen auch in der Eurozone gingen "massiv zulasten der Altersvorsorgesparer", klagte er. Sie könnten Strukturprobleme nicht lösen.

Am Devisenmarkt hinterließ die Fed-Überraschung ebenfalls Spuren. Der US-Dollar fiel mit der Aussicht auf eine unverändert hohe Geldschwemme deutlich zurück. Der Euro stieg im Handelsverlauf bis auf 1,3569 US-Dollar und erreichte den höchsten Stand seit Februar.

Heftig reagierten zudem die Kurse deutscher Staatsanleihen. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen fiel ungewöhnlich deutlich um zehn Basispunkte auf 1,89 Prozent. Die starken Ausschläge nach der Fed-Entscheidung seien jedoch zum Teil auch durch den ohnehin starken Aufwärtstrend im gesamten Wertpapierhandel getrieben, räumte der Chefvolkswirt der Deka-Bank, Ulrich Kater, ein. "Was wir derzeit beobachten, ist eine Überreaktion", sagte er der Zeitungsgruppe "Straubinger Tagblatt"/"Landshuter Zeitung" (Freitag): "Die Aktienmärkte sind ohnehin auf dem Weg nach oben."

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