Überraschung bei der Vergabe des diesjährigen Nobelpreises für Wirtschaft: Er geht an den ehemaligen US-Notenbankchef Ben Bernanke sowie an die beiden Ökonomen Douglas W. Diamond und Philip H. Dybvig, teilte die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm mit. Bernanke, der frühere Präsident der US-Notenbank Fed, und die beiden anderen Ökonomen erhalten die prestigeträchtige Auszeichnung "für ihre Erforschung von Banken und Finanzkrisen", wie der Generalsekretär der Akademie, Hans Ellegren, bei der Bekanntgabe auf dem Universitätsgelände der schwedischen Hauptstadt sagte.
Ungewöhnlich ist in diesem Jahr vor allem, dass der Preis an einen Ökonomen geht, der reichlich Gelegenheit hatte, seine Theorien in der Praxis zu testen. Von 2006 bis 2014 stand Ben Bernanke, 68, als Präsident an der Spitze des amerikanischen Notenbank Federal Reserve, kurz Fed. In seine Amtszeit fiel vor allem die weltweite Finanzkrise von 2007 und 2008. Seinem Einsatz ist es vermutlich zu danken, dass die Krise im September 2008 nach dem Kollaps der Bank Lehman Brothers im letzten Moment eingedämmt werden konnte und die Welt nicht in eine katastrophale Depression abstürzte wie in der Weltwirtschaftskrise 1929.
Die Weltwirtschaftskrise zu verstehen, sei der "Heiligen Gral der Ökonomie"
Bernanke konnte dabei auf seine eigenen wissenschaftlichen Arbeiten zurückgreifen. Seit den 1980er Jahren hatte der Wirtschaftswissenschaftler zunächst in Stanford und danach in Princeton über die Weltwirtschaftskrise geforscht. Diese Krise zu verstehen bezeichnete er einmal als "Heiligen Gral der Ökonomie". Heute arbeitet Bernanke bei der Brookings Institution, einer Denkfabrik in Washington.
Neben Bernanke wurden auch noch die beiden US-Ökonomen Douglas W. Diamond (University of Chicago) und Philip H. Dybvig (Washington University in St. Louis) ausgezeichnet. Alle drei hätten entscheidend dazu beigetragen, "die Rolle von Banken, besonders in Finanzkrisen besser zu verstehen", heißt es in der Erklärung des Nobelkomitees. Es sei wichtig zu verstehen, warum in einer Krise der Zusammenbruch von Banken vermieden werden sollte.
Anders als die übrigen Nobelpreise geht der für Ökonomie nicht auf das Vermächtnis von Alfred Nobel zurück, sondern wurde 1968 von der Schwedischen Reichsbank gestiftet. Sie trägt mit dem Preis der wachsenden Bedeutung wirtschaftlicher Fragen Rechnung. Der Wirtschaftspreis wird am 10. Dezember zusammen mit den anderen Nobelpreisen überreicht.
Bisher gab es nur einen Preisträger aus Deutschland
Vergangenes Jahr waren die in den USA forschenden Ökonomen David Card, Joshua Angrist und Guido Imbens mit der prestigeträchtigen Auszeichnung geehrt worden. Einziger deutscher Preisträger in der Kategorie ist bislang der Bonner Wissenschaftler Reinhard Selten gewesen: Er erhielt die Auszeichnung 1994 gemeinsam mit John Nash und John Harsanyi für ihre wegweisenden Beiträge zur nicht kooperativen Spieltheorie.
Damit sind alle Nobelpreisträgerinnen und -träger für dieses Jahr verkündet worden. Bereits in der vergangenen Woche waren nach und nach die Namen der Ausgezeichneten in den Kategorien Medizin, Physik, Chemie, Literatur und Frieden verkündet worden. Feierlich überreicht werden die Nobelpreise traditionell am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter und Dynamit-Erfinder Alfred Nobel (1833-1896). Dotiert sind alle Nobelpreise in diesem Jahr erneut mit zehn Millionen schwedischen Kronen. Umgerechnet sind das derzeit knapp 915 000 Euro.