Wirecard:Keine Fehler, nirgends

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Roegele war als Chefin der Wertpapieraufsicht für Wirecard zuständig. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Alles nur ein Missverständnis, man habe zum Schutz der Anleger handeln wollen: Die Vizepräsidentin der Bafin, Elisabeth Roegele, verteidigt ihr Vorgehen im Wirecard-Skandal erstmals persönlich.

Von Lena Kampf und Jan Willmroth, Berlin

Es gibt schönere Anlässe für einen letzten öffentlichen Auftritt. Freitagmorgen im Berliner Paul-Löbe-Haus, im Wirecard-Untersuchungsausschuss müssen zwei zentrale Figuren mit harten Fragen rechnen. Elisabeth Roegele ist geladen, die bisherige Vizechefin der Finanzaufsicht Bafin, und am Nachmittag Felix Hufeld, Noch-Präsident der Bundesbehörde. Beide werden in Kürze ihre Jobs verlieren, wobei die Bafin die Verantwortung im Wirecard-Skandal stets relativiert hat. Je mehr aber die Abgeordneten im Ausschuss über die Rolle der Bafin zusammentrugen, desto höher wurde der Druck.

Felix Hufeld räumt Versäumnisse im Betrugsskandal um die Wirecard AG ein. Nach dem Verbot von Spekulationen auf fallende Aktienkurse habe die Bafin nicht deutlich genug gemacht, dass dies keine Parteinahme für Wirecard bedeute, sagt Hufeld im Untersuchungsausschuss. Das sei zweifellos ein Versäumnis gewesen.

Roegele verteidigt ihr Vorgehen erstmals persönlich. Es handle sich um ein Missverständnis, dass die Bafin für die Wirecard Partei ergriffen habe, sagt sie im Eingangsstatement. Auch beim Leerverkaufsverbot für Wirecard-Aktien im Frühjahr 2019 sei es "nicht Ziel der Bafin gewesen, das Unternehmen Wirecard in Schutz zu nehmen". Die Bafin habe die "Bilanzpolizei" DPR aufgrund von Veröffentlichungen in der britischen Financial Times angewiesen, die Wirecard-Bilanzen 2018 zu prüfen. "Das zeigt, wie ernst wir die FT-Berichterstattung genommen haben", sagt sie.

Die öffentliche Wahrnehmung war eine ganz andere. Im Frühjahr 2019 hatte die Bafin ein zweimonatiges Leerverkaufsverbot für Wirecard-Papiere erlassen und damit - vereinfacht gesagt - Wetten auf fallende Aktienkurse verboten. Das sah ganz so aus, als wolle da eine Bundesbehörde einen Dax-Konzern gegen kriminelle Angriffe von Spekulanten schützen. Vor der Entscheidung hatte sich die Marktaufsicht der Bafin auf Informationen der Staatsanwaltschaft München verlassen. Dort hatte ein Wirecard-Anwalt Unterlagen eingereicht, wonach der Konzern von Wertpapierhändlern aus London angeblich mit weiteren negativen Veröffentlichungen erpresst werde - wenige Tage nach den ersten Enthüllungen in der Financial Times über dubiose Vorgänge in Wirecards Asien-Geschäft. Alles von Wirecard inszeniert, wie man heute weiß.

Ärger um verspätete Lieferung relevanter Akten

Roegele war als Chefin der Wertpapieraufsicht für den Fall zuständig. Ihre Abteilungen brachten innerhalb von nur zweieineinhalb Tagen und abgestimmt mit der Europäischen Marktaufsicht Esma das Leerverkaufsverbot auf den Weg. Eine solche Maßnahme für eine Einzelaktie hatte die Behörde zuvor noch nie erlassen. Nicht zuletzt wegen des Spekulationsverbots - und wegen der späteren Enthüllungen über die privaten Wirecard-Aktiengeschäfte von Bafin-Mitarbeitern - war Roegele in die Kritik geraten. Als Vize von Hufeld wird sie zum 1. Mai ihren Posten räumen. Für Hufeld ist Ende März Schluss.

Vor der Befragung gab es noch Ärger. Das Bundesfinanzministerium hatte im Lauf der Woche 107 Akten nachgeliefert - ein halbes Jahr, nachdem die Abgeordneten sie angefordert hatten. Ein guter Teil davon dreht sich ausgerechnet um die Führungsspitze der Finanzaufsicht. Das Bundesfinanzministerium erklärte das mit verspäteten Freigaben ausländischer Behörden.

Die Opposition im Ausschuss sieht sich dagegen gezielt behindert und wirft dem Ministerium Verzögerungstaktik vor. Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte unbedingte Transparenz bei der Aufklärung des Wirecard-Skandals versprochen. Wobei es wohl unterschiedliche Vorstellungen davon gibt, was das heißt: Auf die Frage, ob sie wegen der Vorgänge um Wirecard zurücktreten musste, sagt Roegele: "Ich habe dafür keine Aussagegenehmigung." Ein Vertreter des BMF ergänzt: Die Frage sei "nicht vom Untersuchungsgegenstand gedeckt". Geht also niemanden etwas an.

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