In gut vier Monaten ist Weihnachten. Klingt weit weg und bei den derzeitigen Temperaturen noch viel weiter. Weihnachtsmänner in Badehose mag sich auch niemand vorstellen. Wie sich der weiße Rauschebart wie ein Sonnensegel über den gewölbten Bauch legt. Oder Weihnachtsfrauen im schicken Bikini mit Rentier-Print und winzigen goldenen Fake-Weihnachtskugeln am Verschluss. Und nimmt die Weihnachts-Workforce beim Sonnenbaden eigentlich die Mütze ab?
Die Hersteller von süßen Weihnachtswaren haben gerade andere Sorgen, die alsbald auch zu den Sorgen der Verbraucher werden könnten - spätestens, wenn Anfang September die Vorhut der Produkte in den Läden ausliegt, gleich vorne in die Quengelzone vor der Kasse neben der Kühltruhe mit dem Eis am Stiel für den ausklingenden Sommer. Das Gejaule könnte dieses Jahr auch von den Eltern kommen, denn es kann gut sein, dass sie für Stollen, Printen und andere Weihnachtsleckereien mehr zahlen müssen, weil die Preise für Energie und Rohstoffe gestiegen sind, wie die Nachrichtenagentur dpa den Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie zitiert.
"Kosten-Tsunami" bei Süßwaren-Herstellern
Weihnachten ist eben auch nur ein ganz gewöhnlicher Markt mit den üblichen Mechanismen: Angebot, Nachfrage, Kosten, Preis.
"Manche unserer Zutaten haben sich auch in diesem Jahr im Preis noch mal fast verdoppelt", sagt Jürgen Brandstetter, Geschäftsführer des Nürnberger Herstellers Lebkuchen-Schmidt: "Leider lässt sich heuer eine Preisanpassung nicht vermeiden, nachdem wir letztes Jahr viele Erhöhungen noch abfangen konnten." Noch dramatischere Worte findet die Lambertz-Gruppe aus Aachen. Sie spricht von einem "Kosten-Tsunami" bei Rohstoffen, Energie, Verpackung, Logistik und Personal. Wie sich das auf die Preise im Handel auswirkt, lasse sich dennoch nicht sagen. Bei Saisongebäck wie Lebkuchen, Printen und Stollen seien die Preissteigerungen im Vergleich zu anderen Gebäckgruppen bislang immer moderat gewesen. Wobei, was heißt schon Saison. Diese Saison beginnt Ende August und endet kurz bevor die Osterhasen in die Läden einrücken.
Die Hersteller warnen jedenfalls schon einmal präventiv, damit der Schrecken an der Kasse über die höheren Preise vielleicht nicht mehr ganz so groß ist. Wobei: Diejenigen, die zum Schulbeginn eine Tüte für einen Erstklässler zu füllen hatten oder haben, dürften den Preisanstieg für Süßzeug ohnehin schon bemerkt haben.
Das Statistische Bundesamt veröffentlicht keine Inflationsrate für Weihnachtsleckereien oder zumindest summarisch für all die Sachen, die die Weihnachtsleute in ihrem Sack rumschleppen - also sowohl hardware (neues Handy, Strickstrumpfhosen, Buntstifte ...) als auch software (Printen, Lebkuchen, Schokokugeln ...). Aber es gibt einen Anhaltspunkt: Die Teuerungsrate für Lebensmittel. 2022 verteuerten sich diese- gemessen als Veränderung des Verbraucherpreisindex - um 13,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nikoläuse und Printen sind ja auch Lebensmittel, manche behaupten ja sogar, Dominosteine seien ein Grundnahrungsmittel, für das sie alles zu zahlen bereit wären.
Weinachtsmänner sind auch Lebensmittel
Um wie viel teurer die Leckereien werden, ist den Herstellern zufolge nicht absehbar. Dabei läuft die Produktion läuft längst auf Hochtouren. Viele Rohstoffe - Zucker, Kakao, Rosinen, Nüsse, Mehl, Zuckerrübensirup - sind längst eingekauft. Die Produzenten sollten also wissen, was sie gezahlt haben, und können den Wareneinsatz pro Nikolaus plus Energie plus Personalkosten plus Verpackung plus Transport kalkulieren. Doch ganz Herrinnen der Preise sind die Hersteller eben auch nicht. Der Markt für Nikoläuse funktioniert im Prinzip wie fast alle Märkte: Die Handelsketten machen Druck, verlangen Rabatte und wenn ein Lieferant nicht spurt - das ist jetzt ein hypothetisches Beispiel, also eine Art Weihnachtsmärchen - wird der lilafarbene Weihnachtsmann eben gegen den goldenen ausgetauscht oder den grünen. Dieser Markt ist alles andere als friedlich.
Online sind die Weihnachtsmänner längst unterwegs. Die Vielfalt ist groß und die Preisunterschiede sind erheblich. Beim Online-Händler Natur Pur kostet der 80 Gramm leichte Bio-Zartbitter-Weihnachtsmann von Rosengarten, Stand Montag, 2,49 Euro - mit Verpackung und Versand 6,99 Euro. Die World of Sweet verlangt für die Weihnachtsfrau der Confiserie Weibler, 150 Gramm, Vollmilch, 5,49 Euro - ohne Versandkosten. Im vergangenen Jahr kostete die leicht bekleidete Hohlfigur 50 Cents weniger, was - Überraschung - einen Preisanstieg von ziemlich exakt zehn Prozent bedeutet. Lieferbar ist die Weihnachtsware allerdings auch hier erst in ein paar Wochen.