Fachkräftemangel:Wo sind all die Weihnachtsmänner hin?

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Wenn die Weihnachtsmänner fehlen: Wer soll denn die Geschenke bringen? (Foto: Sebastian Gollnow/picture alliance/dpa)

Im Weihnachtsbusiness herrscht Fachkräftemangel: Kaum jemand will sich mehr in ein plüschiges Stoffkostüm quetschen oder Glitzerflügel umschnallen. Dabei ist der Job total unterschätzt.

Von Paulina Würminghausen

Wie heißt es in kitschigen Weihnachtsfilmen immer so schön? Weihnachten liegt in der Luft. Fünf Wochen vor Heiligabend öffnen langsam die ersten Weihnachtsmärkte, in manchen Küchen werden Plätzchen gebacken, vielleicht irgendwo "Last Christmas" geträllert. Ahnungslos geträllert, muss man leider sagen. Wenn es nämlich hart auf hart kommt, könnte Weihnachten mancherorts ausfallen. Oder um etwas weniger dramatisch zu sein: zumindest nicht ganz so festlich werden.

Denn auch im Weihnachtsbusiness herrscht Fachkräftemangel, auch diese Branche ist genau wie Klempner, Erzieherinnen und Kellner nicht davon verschont geblieben. Es fehlen vor allem Menschen, die sich in rote, plüschige Stoffkostüme quetschen, die noch nach dem getrockneten Schweiß des Vorträgers riechen: die Berufs-Weihnachtsmänner und -frauen. Ganz zu schweigen von den Berufs-Engeln. Und ohne Weihnachtsmänner und Engel kein richtiges Fest, das ist ja völlig klar. Wer soll denn die Geschenke bringen?

Vermittlungsagenturen suchen deshalb verzweifelt Menschen, die sich weiße Engelsflügel und dicke Bäuche anschnallen (falls letzteres nicht sowieso vorhanden ist). "Ich spreche Frauen, die engelhaft wirken, direkt auf der Straße an oder frage auch Schauspiel-Kolleginnen", sagt Angela Jehring, Inhaberin der Agentur "Engel in Berlin". Auch Tobias Groß von der Weihnachtsvermittlung "Weihnachtsmann2Go" setzt auf die persönliche Suche: "Wir gehen in Mensen von Berliner Hochschulen und sprechen Studenten direkt an." Ob sie vor allem übergewichtigere Studenten ansprechen, ist nicht überliefert. Vielleicht muss auch die Weihnachtsbranche ihre Ansprüche etwas runterschrauben.

Die Belohnung als Berufsweihnachtsmann und als Berufsengel ist riesengroß

Was die Suche für Jehring und Groß allerdings erschweren dürfte: Weihnachten ohne Familie ist für viele Menschen unvorstellbar, in dieser Zeit möchte keiner und keine arbeiten. Doch bei genauerem Hinsehen ist die Belohnung als Berufsweihnachtsmann und als Berufsengel riesengroß: leuchtende Kinderaugen. Gestressten Studenten, die noch drei Abgaben bis Weihnachten fertigmachen müssen, dürfte die Freude der Kinder zeigen, was wirklich wichtig ist im Leben. Und das ist nun mal nicht die Hausarbeit. Die können sie erstens ohnehin mit Chat-GPT schreiben. Und zweitens kann sich die Gen Z jeden Job aussuchen, so groß ist dank Demografie die Auswahl. Da sind Noten sowieso egal.

Ganz abgesehen vom Familiendrama über nicht weggeräumtes Geschirr oder den etwas zu AfD-freundlichen Onkel, dem man durch den neuen Nebenjob geschickt entkommen kann. Groß schwärmt außerdem: Man bekomme einen sehr persönlichen Zugang zu Familien und erlebe viele tolle Momente. Aber nicht nur für Studenten ist das Weihnachtsbusiness ein völlig unterschätztes. Schließlich ist die geburtenstarke Generation der Babyboomer, also die der zwischen 1955 und 1969 Geborenen, mit 50 Plus im besten Weihnachtsmann-Alter. Womöglich auch optisch.

Wem das alles noch nicht reicht: 500 Euro und mehr können Weihnachtsmänner an einem Abend verdienen, heißt es auf der Website von "Weihnachtsmann2Go". Und man kann ja auch in der Adventszeit arbeiten. Das bedeutet: Wer sich umsonst den Magen vollschlagen kann auf Weihnachtsfeiern, der spart noch dazu viel Geld bei Lebensmitteln. Gerade in Zeiten von Inflation ein nicht zu unterschätzendes Argument.

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