Dieselskandal:Gericht nimmt Verfahren gegen Ex-VW-Chef Winterkorn wieder auf

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Auch acht Jahre nach Auffliegen des Abgasbetrugs bei VW gibt es gegen Ex-Konzernchef Martin Winterkorn noch kein Urteil. (Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP)

Der erste Prozess gegen vier VW-Mitarbeiter wegen des Dieselskandals läuft seit mehr als zwei Jahren. Jetzt steht auch Ex-Konzernchef Martin Winterkorn wieder im Visier der Justiz.

Der Abgasskandal um manipulierte Dieselmotoren bei Volkswagen holt den früheren Konzernchef Martin Winterkorn wieder ein. Das Landgericht Braunschweig nahm das Verfahren wegen des Verdachts der Marktmanipulation wieder auf, wie das Gericht am Donnerstag mitteilte. Wann der Prozess beginnt, war zunächst unklar.

In der Anklage der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom September 2019 wird dem Angeklagten vorgeworfen, den Kapitalmarkt nicht rechtzeitig über den Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei Dieselmotoren informiert zu haben. Anfang Januar 2021 wurde das Verfahren gegen Winterkorn, der nach Auffliegen des Dieselskandals 2015 zurücktreten musste, vorläufig wegen einer Erkrankung eingestellt.

Die Kammer begründete die Entscheidung damals mit dem sogenannten NOx-Verfahren unter anderem wegen des Vorwurfs des gewerbsmäßigen Betrugs. Die zu erwartenden Strafe in dem Verfahren würde im Vergleich nicht ins Gewicht fallen. Winterkorn hatte die Vorwürfe gegen ihn zurückgewiesen und beteuert, vor dem Bekanntwerden der Manipulationen nichts von illegalem Tun gewusst zu haben.

In dem NOx-Verfahren konnte bisher nicht gegen Winterkorn verhandelt werden, weil dieser laut Gericht gesundheitlich nicht in der Lage dazu war. Deshalb nimmt das Landgericht nun auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen des Verdachts der Marktmanipulation wieder auf. Außerdem kommt die Kammer nach eigenen Angaben inzwischen zu dem Schluss, dass sich die Strafe wegen Verstoßes gegen das Wertpapierhandelsgesetz doch auswirken könnte. Gegen vier Volkswagen-Manager wird vor dem Landgericht bereits seit September 2021 verhandelt. Ex-Audi-Chef Rupert Stadler wurde im Juni in München bereits zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Dieselskandal brachte Milliardenlasten für VW

Mitte Dezember ließ das Landgericht Braunschweig die Anklage gegen sieben weitere Mitarbeiter des VW-Konzerns zu. Ihnen wird Betrug in einem besonders schweren Fall sowie ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unerlaubten Wettbewerb vorgeworfen. Bei einzelnen der Angeklagten komme noch eine mögliche Steuerhinterziehung hinzu. Die Namen der Angeklagten nannte das Gericht nicht.

Zudem soll Martin Winterkorn Mitte Februar als Zeuge im Musterverfahren von Anlegern im Dieselskandal gegen VW und die Dachholding Porsche SE vernommen werden. Das teilte das Oberlandesgericht Braunschweig am Freitag mit. Auch seine Nachfolger Matthias Müller und Herbert Diess sollen als Zeugen in dem Zivilverfahren aussagen. Die Vernehmung von Diess ist am 16. Januar geplant. Müller sei am 7. Februar geladen. Weitere mögliche Termine für die Zeugenvernehmung sind der 27. und 28. Februar. Die Verhandlungen finden im Congress Saal der Stadthalle in Braunschweig statt.

Der Herbst 2006, in dem die gezielten Täuschungen begonnen haben sollen, fiel in eine Zeit, in der VW auf dem schwierigen US-Markt den Rückstand zu Wettbewerbern aufholen wollte. Mit einer großen Marketing-Offensive zum "clean diesel" sollten mehr Kunden gewonnen werden. Im September 2015 kam heraus, dass das Unternehmen statt des Einsatzes teurerer Abgastechnik die Messwerte mithilfe versteckter Software-Codes fälschte. Diese sorgten dafür, dass bei Tests voll gereinigt wurde, im Straßenbetrieb jedoch ein Vielfaches der Emissionen auftrat. Das Auffliegen des Skandals stürzte VW in die schwerste Krise seiner Geschichte. Die Kosten für die "Folgen der Dieselthematik" bezifferte der Autobauer auf rund 32 Milliarden Euro.

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