Versicherer:Lobbyverband verlängert Vertrag für Jörg Asmussen

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Jörg Asmussen bei einer Veranstaltung der SZ. (Foto: Johannes Simon)

Der einstige Staatssekretär im Finanzministerium und Merkels Mann in der Bankenkrise 2008 ist als Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Versicherer umstritten. Doch nun wird sein Vertrag wohl verlängert.

Von Herbert Fromme, Köln

Die Chefs von Allianz, Munich Re und Generali mögen ihn. Manch anderer Versicherungsmanager fremdelt mit Jörg Asmussen, dem Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Versicherer. Doch der frühere Staatssekretär im Bundesfinanzministerium wird ihnen wohl erhalten bleiben. Bei der nächsten Präsidiumssitzung am 1. Februar steht eine Vertragsverlängerung auf der Tagesordnung, sagte GDV-Präsident Norbert Rollinger der SZ. Rollinger ist im Hauptberuf Chef der Wiesbadener R+V-Versicherung. "Es gibt keinerlei Zweifel daran, dass Herr Asmussen und ich sehr gut zusammenarbeiten", sagte Rollinger und reagierte damit auf Branchengerüchte, nach denen das Verhältnis zwischen den beiden angespannt sein soll.

Die Versicherungskonzerne haben ein Problem. Das öffentliche Ansehen der Branche ist seit Jahren schlecht, und aus den Berliner Parteien kommt immer wieder heftige Kritik. Das Scheitern der Riester-Rente hat dazu geführt, dass die Versicherer in der Debatte um die private Altersvorsorge gerade keine große Rolle spielen. Pläne von SPD und Grünen, Provisionszahlungen in der Lebensversicherung zu verbieten oder zumindest zu begrenzen, sind zwar vom Tisch, werden aber wiederaufleben. Auch in anderen Sparten wie der Kreditausfallversicherung versuchen beide Parteien, mehr Regulierung durchzusetzen.

Ein Hauptproblem aus Sicht der Bosse: Ihr Berliner Lobbyverband GDV wirkte jahrzehntelang eher im Stillen. Geführt von Juristen, die zwar hochkompetent und gut vernetzt, aber politisch wenig auffällig waren, machte der Verband seine Arbeit vor allem im Hintergrund. Das sollte ein politisches Schwergewicht ändern. Die Versicherungschefs suchten intensiv und fanden Asmussen. Der einstige Ministerialbeamte mit SPD-Parteibuch - er ist inzwischen ausgetreten - galt als Merkels Krisenmanager in der Bankenkrise 2008. Später wurde er Mitglied des EZB-Direktoriums.

Der heute 57-jährige Ökonom ist seit 2020 GDV-Hauptgeschäftsführer. Er hat die Nachhaltigkeit zu einem zentralen Punkt der Agenda des Verbandes gemacht und die Branche in zahlreichen Gesprächen und öffentlichen Auftritten vertreten. Dabei hat Asmussen die oberste Etage des Verbandes fast vollständig ausgetauscht und sich eine neue Mannschaft geholt - auch aus branchenfremden Funktionären.

Großen Unmut löste er aus, als der GDV 2023 auf seine Veranlassung hin den Vertrag mit dem Geschäftsführer Peter Schwark nicht verlängerte. Schwark gilt als Experte für die Lebensversicherung und vertrat die Versicherer bei Politikergesprächen und Fernsehauftritten. Offensichtlich kamen Asmussen und Schwark jedoch nicht gut miteinander aus. Seither äußert sich das "Universalgenie Asmussen", wie ein Versicherer spottet, auch zu diesen Themen.

Der GDV beruft einen neuen Geschäftsführer

Nun soll Moritz Schumann, ein 31-jähriger Versicherungsmathematiker bei der Allianz, die Lücke füllen und im politischen Berlin die Nachfolge Schwarks als Branchenexperte für die private Altersvorsorge antreten. Auch darüber will das GDV-Präsidium am Donnerstag beraten.

Asmussens jetziger Vertrag endet am 31. März 2025. Die angedachte Verlängerung kommt überraschend. Denn im kleinen Kreis habe Asmussen durchaus Zweifel an dem Job angemeldet, berichten Versicherungsmanager glaubwürdig.

Er habe keine Lust mehr und werde nicht länger bleiben, wird er zitiert. Das Verhältnis zu Rollinger sei schwierig, zudem gebe es wachsende Spannungen zwischen großen und kleinen Versicherern im Verband. Doch davon ist keine Rede mehr. "Wenn mir das Präsidium einen Anschlussvertrag anbietet, werde ich ihn mit Freude annehmen", sagte Asmussen der SZ. "Es gibt viel zu tun. Wir sind bei der Modernisierung des Verbandes erst auf halber Strecke." Das sehe er ganz genauso, ergänzte Rollinger.

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