Das Fiasko um die geplatzte Pkw-Maut bringt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) immer stärker in Bedrängnis. Die Oppositionsfraktionen Grüne, FDP und Linke beantragten am Dienstag in Berlin einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Das Kontrollgremium soll etwa klären, ob Scheuer das CSU-Prestigeprojekt aus wahltaktischen Gründen auf Kosten der Steuerzahler durchdrückte und dabei auch den Bundestag hinters Licht führte.
Exklusiv Pkw-Maut:Scheuer räumt geheim gehaltene Treffen ein
Der Verkehrsminister sprach öfter mit den Mautbetreibern als bislang bekannt. Die Opposition verliert das Vertrauen in die Arbeit des Ministers. Die Grünen fordern seine Ablösung.
Scheuer steht in der Affäre bereits unter enormem Druck, weil er mit den Unternehmen Kapsch und CTS Eventim Ende 2018 einen milliardenschweren Betreibervertrag schloss, lange bevor klar war, ob er die Pläne sicher umsetzen kann. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kippte die Maut im Juni, weil sie Ausländer zu Unrecht diskriminiere. Die Vorbereitungen liefen zu diesem Zeitpunkt aber längst auf vollen Touren. Dem Steuerzahler drohen deshalb nun hohe Schadenersatzforderungen der Betreiber über eine halben Milliarde Euro. Scheuer wollte die Maut, die tatsächlich fast nur Ausländer treffen sollte, eigentlich im Oktober 2020 starten.
In der Bundesregierung, vor allem im Verkehrsministerium, wächst wegen der drohenden Vernehmung des Ministers und seiner Spitzenbeamten die Nervosität. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gab es bis zuletzt Versuche aus dem Regierungslager, einen Untersuchungsausschuss doch noch abzuwenden und die nötige Zustimmungsquote zu Fall zu bringen. Für das Gremium muss mindestens ein Viertel der Abgeordneten stimmen. Grüne, FDP und Linke zusammen kommen mit 216 Abgeordneten auf die nötige Zustimmung von mindestens 178 Stimmen. Die AfD als größte Oppositionsfraktion war zunächst skeptisch, schloss sich dem Antrag am Dienstag aber ebenfalls an. Einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss gibt es nur selten. In dieser Legislaturperiode wurden erst zwei zum Terroranschlag am Berliner Breitscheidplatz und der Berateraffäre bei der Bundeswehr eingesetzt. In den vergangenen Jahren sollten durch ein solches Gremium unter anderem die Hintergründe zur Terrorgruppe NSU, dem Abgasskandal oder der NSA-Abhöraffäre geklärt werden.
Scheuer drohen in dem Ausschuss brisante Fragen. Die Opposition wirft ihm etwa vor, den Bundestag bei den wahren Kosten der Mauteinführung hinters Licht geführt zu haben. Zuletzt waren Geheimtreffen mit den Betreibern bekannt geworden. Dabei soll Scheuer die Möglichkeit einer späteren Maut-Einführung ausgeschlagen haben. Scheuer weist das zurück. Die Abgeordneten hoffen, Widersprüche notfalls mit Aussagen von Spitzenpolitikern und Managern unter Eid aufklären zu können. Die ersten sollen bereits in wenigen Wochen stattfinden.
Die Opposition machte Scheuer erneut schwere Vorwürfe. FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic klagte, Scheuer habe "ohne Not massive und teure Fehlentscheidungen getroffen." Die Opposition wolle nun wissen, wie und warum er die wahren Kosten seines Projektes trickreich versteckt habe, sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Sven-Christian Kindler.