Vatikan kritisiert Macht der Finanzmärkte:Gott gegen das System

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Die Welt braucht Ethik statt Gier: In der Debatte über die Macht der Banken meldet sich der Vatikan zu Wort. Der Kirchenstaat macht Vorschläge, wie man das Weltfinanzsystem ordnen könnte - und stellt sich auf die Seite der Anti-Banken-Bewegung.

Andrea Bachstein, Rom

Mit Vorschlägen für eine künftige Weltfinanzordnung hat sich der Vatikan zu Wort gemeldet. Eine global fungierende Zentralbank und eine globale, demokratisch legitimierte Institution zur Regelung des weltweiten Finanz- und Währungssystems sind dabei zentrale Punkte. Über Wirtschaft und Finanzen, müsse wieder das Primat von Ethik und Politik hergestellt werden, das für das Gemeinwohl verantwortlich ist. "Wir wollen die Welt zum Nachdenken provozieren", sagte Kardinal Peter Turkson - auch mit Blick auf den bevorstehenden G-20-Gipfel der großen Industrieländer in Cannes.

Auch im Petersdom im Vatikan hat man eine Meinung zur Krise. (Foto: AFP)

Der aus Ghana stammende Turkson, der dem Päpstlichen Rat für Gerechtigkeit und Frieden vorsteht, präsentierte die Schrift mit dem Titel: "Für eine Reform des internationalen Finanz- und Währungssystems im Hinblick auf eine öffentliche Autorität mit universalen Kompetenzen." Darin heißt es: "In einer zunehmend globalisierten Welt ist allein eine Weltautorität kompatibel mit den neuen Wirklichkeiten und Bedürfnissen der Menschheit."

Das Dokument analysiert auch die Gründe für die derzeitige Krise des Finanzsystems und steht in Bezug zur Sozialenzyklika "Caritas in Veritate", die Papst Benedikt XVI. 2009 verfasst hatte. Bei der Vorstellung der Schrift haben sowohl Kardinal Turkson wie der Sekretär seines Rates, Mario Toso, zu verstehen gegeben, dass die Inhalte durchaus Übereinstimmungen haben mit den Forderungen der Anti-Banken-Bewegung "Occupy Wallstreet". Nur wähle die Kirche den Weg des Nachdenkens und nicht den des Protestes.

Eine wesentliche Motivation für die Vorschläge sei die wachsende soziale Ungerechtigkeit sowohl innerhalb von Gesellschaften als auch zwischen Ländern. Es bedürfe "einer Wiederentdeckung der Logik der Nachhaltigkeit, des Friedens, der Koordination und des gemeinsamen Wohlstandes, das an die Abkommen von Bretton Woods anknüpft, um angemessene Antworten auf die gegenwärtigen Fragen zu erhalten", heißt es in der Schrift. Zu den Vorschlägen gehören die Besteuerung von internationalen Finanzgeschäften. Die dabei gebildeten Mittel könnten beitragen, "globales Allgemeingut" wie die Umwelt zu fördern oder besonders von der Krise getroffenen Ländern zu helfen.

Nachgedacht werden solle auch über die Rekapitalisierung von Banken mit dem Ziel, die Spekulation einzudämmen und Geld für die reale Wirtschaftsentwicklung zu gewinnen. Ausdrücklich haben Kardinal Turkson und Vatikansprecher Federico Lombardi darauf hingewiesen, dass das Papier kein Dokument des Papstes ist. Es sei ein Debattenbeitrag nur des Päpstlichen Rates für Frieden und Gerechtigkeit.

© SZ vom 25.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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