Drohende US-Strafzölle:Pokerspiel um deutsche Autos

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Deutsche Premiumbauer wie BMW wären von den Zöllen besonders hart betroffen. (Foto: Armin Weigel/dpa)
  • US-Präsident Trump könnte sich auf die "nationale Sicherheit" berufen, um Zölle auf Autoimporte aus Deutschland zu erheben.
  • Für die europäische Autoindustrie könnten die Folgen schwerwiegend sein. Es drohen Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf Autoimporte.
  • 90 Tage hat Trump nun Zeit, um entsprechende Zollbestimmungen zu erlassen. 90 Tage, auf die wiederum auch die Deutschen setzen.

Von Max Hägler, München

Wenn einer noch an der Bedeutung der deutschen Autoindustrie gezweifelt haben sollte, dann ist er nun eines Besseren belehrt. Die europäische Autobranche und allen voran die Hersteller Audi, BMW und Mercedes seien so mächtig, dass sie eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA darstellen. Das ist offenbar die Sicht des US-Handelsministeriums. Um dies eindeutig zu klären, hat das Ministerium US-Präsident Trump nun seinen Prüfbericht zu dem Thema übergeben. Eine Ministeriumssprecherin sagte am Sonntagabend, Details des Berichts würden nicht veröffentlicht.

Kanzlerin Angela Merkel jedenfalls warnte schon vorab die Amerikaner vor weiteren Maßnahmen. Für die europäische Autoindustrie könnten die Folgen schwerwiegend sein. Es drohen Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf Autoimporte. Das wird den Absatz drücken, die Margen der Konzerne schmälern und vermutlich Jobs kosten: Die USA sind neben China der wichtigste Einzelmarkt der Premiumautobauer.

US-Hersteller haben sich aus Europa zurückgezogen

Für den US-Präsidenten dagegen sind die Wagen das größte Symbol für das vermeintliche Ungleichgewicht im Handel zwischen den Vereinigten Staaten, Europa und Deutschland im Speziellen. "Wenn man durch die 5th Avenue geht, hat jeder einen Mercedes-Benz vor seinem Haus stehen, stimmt's?", US-Wagen wie Chevrolets sehe man jedoch kaum, beklagte Trump vor zwei Jahren.

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Seitdem spricht er immer wieder von der "Einbahnstraße" im Handel: Der Wert europäischer Auto- und Autoteilelieferungen in die USA wurde zuletzt von der EU-Kommission auf mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Die US-Exporte dagegen leiden auch daran, dass sich die meisten US-Hersteller aus Europa zurückgezogen haben, etwa General Motors seit dem Verkauf der Tochter Opel.

Das größte BMW-Werk der Welt steht in South Carolina

90 Tage hat Trump nun Zeit, um entsprechende Zollbestimmungen zu erlassen. 90 Tage, auf die wiederum auch die Deutschen setzen. "Es wird weitergehen mit den Verhandlungen", sagte am Wochenende einer, der nah dabei ist bei dem Gefeilsche: "Es ist ein Pokerspiel, da darf keiner die Nerven verlieren." Das Hauptinteresse von Trump sei: möglichst viele Jobs in den USA zu schaffen. Das allerdings werde deutlich schwieriger werden, falls Zölle verhängt werden. Das will die deutsche Autoindustrie dem Präsidenten noch mal erklären, in Abstimmung mit der EU-Kommission.

Denn die Deutschen verdienen nicht nur Geld durch die Autoverkäufe in den USA, sie haben auch viele Jobs geschaffen. Darauf verwies auch Bundeskanzlerin Angela Merkel am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz: Das größte BMW-Werk gebe es nicht in Deutschland, sondern in South Carolina, und von dort würden Fahrzeuge nach China geliefert, sagte sie. "Wenn diese Autos plötzlich eine Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA sind, dann erschreckt uns das."

In den vergangenen Jahren hat die deutsche Automobilindustrie - Hersteller und Zulieferer wie Bosch, ZF, Mahle oder Continental - mit rund 300 Fabriken mehr als 113 000 Arbeitsplätze in den USA geschaffen, sekundierte der Automobilverband VDA. "Das alles stärkt die USA und ist kein Sicherheitsproblem", beteuern die Lobbyisten. Allein Daimler, das vom US-Präsidenten wegen der Marke Mercedes-Benz so gern gescholten wird, hat im vergangenen Jahr in den USA 41 Milliarden Euro eingenommen, ein Viertel seines Gesamtumsatzes. Aber es arbeiten in den Forschungsbüros in Seattle oder im Silicon Valley und vor allem dem Werk in Alabama auch 26 000 Menschen.

Der größte deutsche Autokonzern Volkswagen betonte am Wochenende ebenfalls, dass man Geschäfte zum Wohle beider Seiten mache. Trump weiß das. Erst vor wenigen Wochen war eine Delegation deutscher Automobilmanager in die USA gereist, um all das mit US-Regierungsmitgliedern zu besprechen, am Ende wurden sie sogar von Trump selbst empfangen.

Deutsche Autoexporte in die USA könnten sich fast halbieren

Er weiß also von den sieben Milliarden Dollar, die der VW-Konzern in den vergangenen fünf Jahren in Nordamerika investiert hat, und von den weiteren geplanten Investitionen in Höhe von gut drei Milliarden Euro bis zum Jahr 2020, etwa für eine Elektroautofabrik. Seine Leute müssten die neue Allianz kennen zwischen dem US-Autobauer Ford und VW oder die Zusammenarbeit zwischen dem US-Softwareunternehmen Microsoft und dem deutschen Fahrzeugkonzern. All diese Verschränkungen bedeuten Sicherheit für amerikanische, aber auch deutsche Arbeitnehmer, heißt es in Wolfsburg. Handelshemmnisse wie Zölle hätten das Gegenteil zur Folge. Das beklagt übrigens auch die US-Autobranche in einer aktuellen Studie. Sie sieht Zehntausende Jobs in Gefahr, sollte es zu einem Handelskrieg kommen - denn die EU würde auf Strafzölle entsprechend antworten.

Das schwärzeste Szenario für Deutschland malt das Münchner Ifo-Institut. Einer Studie zufolge könnten sich die deutschen Autoexporte in die USA langfristig fast halbieren - ein Minus von 18 Milliarden Euro. Die Industrie hält dieses Szenario für überzogen, wie in den Konzernzentralen am Wochenende zu hören war. Daimler etwa hat erst vor wenigen Tagen erklärt, dass man mit weiter guten Geschäften in den USA rechne. So ganz genau, heißt es in der Branche, könne man die Folgen von Zöllen ohnedies nicht abschätzen.

Importierte Fahrzeuge würden für US-Kunden sicherlich teurer werden. Andererseits könne man auch versuchen, noch stärker Autos zu verkaufen, die in US-Werken produziert werden. Aber noch sei es für solche Reaktionen zu früh, noch seien ja 90 Tage Zeit. Und es gelte, was Merkel am Samstag sagte: "Ich glaube, es wäre gut, wir kommen in gute Gespräche miteinander." Die Hoffnung darauf hat die Autobranche nicht verloren. Einer sagte, vielleicht trefflich: "Wenn wir angeblich eine Bedrohung sind, dann haben wir doch auch ein bisschen Macht, um das zu klären."

© SZ vom 18.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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