Der US-Kongress verstärkt seinen Druck auf die großen Tech-Konzerne des Landes. Wie das Wall Street Journal am Freitagabend berichtete, hat eine parteiübergreifende Gruppe von Mitgliedern des Repräsentantenhauses einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, mit dem der Handelsriese Amazon theoretisch zu einer Aufspaltung des Unternehmens oder zum Verkauf wichtiger Geschäftsbereiche gezwungen werden könnte. Andere Abgeordnete arbeiten an insgesamt vier weiteren Gesetzesanträgen, die auch Google, Facebook und Apple treffen würden. Den Konzernen wird vorgeworfen, den Wettbewerb zu behindern und Monopolgewinne einzustreichen. Allerdings ist völlig unklar, ob auch nur einer der jetzt diskutierten Entwürfe jemals von beiden Kammern des Kongresses verabschiedet, von Präsident Joe Biden unterzeichnet und wirklich in Kraft treten wird.
Mirakl-Gründer Philippe Corrot:Der Mann, der die Welt vor Amazon retten will
Philippe Corrot hatte weder ein abgeschlossenes Studium noch Geld. Heute ist seine IT-Firma Mirakl 1,5 Milliarden Dollar wert - weil er Händler davor bewahrt, sich von Amazon abhängig zu machen.
Laut Wall Street Journal sieht der Antrag mit dem Namen "Gesetz zur Beendigung von Plattform-Monopolen" vor, dass Anbieter solcher Handelsplätze keine weiteren Geschäfte betreiben dürfen, wenn sich aus der Doppeltätigkeit ein "unüberbrückbarer Interessenkonflikt" ergibt. Genau das wird Amazon immer wieder vorgeworfen: Der Konzern unterhält einerseits eine elektronische Plattform, über die unzählige Anbieter Waren an ihre Kunden verkaufen. Zugleich bietet Amazon aber auch selbst Produkte an, die denen kleinerer Anbieter oft frappierend ähneln, aber günstiger sind. Kritiker monieren seit langem, das Unternehmen von Firmengründer Jeff Bezos sammle gezielt Daten, um besonders beliebte Produkte zu identifizieren, zu kopieren und dann die ursprünglichen Anbieter mit Niedrigpreisen zu unterbieten. Bezos hat die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen, unter anderem auch bei einer Anhörung im Kongress.
Sollte das Gesetz tatsächlich beschlossen werden, müsste Amazon womöglich aus einem Marktplatz zwei verschiedene mit unterschiedlichen Internetseiten machen: einen für die eigenen derzeit fast 160 000 Produkte und den zweiten für die Waren anderer Anbieter. Alternativ könnte das Unternehmen das Geschäft mit Eigenmarken auch verkaufen oder aufgeben.
Allerdings müssten die Autoren des Gesetzentwurfs nicht nur eine Mehrheit ihrer Abgeordnetenkollegen von ihrem Vorhaben überzeugen, sondern auch den Senat. Dabei wird es nicht reichen, die demokratischen Mitglieder der zweiten Parlamentskammer ins Boot zu holen, denen die Marktmacht der großen Tech-Firmen schon lange ein Dorn im Auge ist. Vielmehr müssten auch einige republikanische Kollegen mitziehen. Zwar gibt es auch bei der derzeitigen Opposition Vorbehalte gegen die Konzerne, ob die Senatoren deshalb aber bei einem Gesetz mitmachen würden, dass theoretisch die Zerschlagung eines Unternehmens ermöglichen würde, ist völlig ungewiss.