Sollte die größte Militärmacht der Welt nicht mehr in der Lage sein, Kampfflugzeuge und U-Boote komplett selbst zu fertigen, weil die inländischen Stahlhersteller im scharfen internationalen Wettbewerb in die Knie gezwungen wurden, dann kann man das als Gefahr für die nationale Sicherheit des Landes betrachten. Das gilt umso mehr, wenn man in einer Welt lebt, in der es keine festen Verbündeten mehr gibt und andere Staaten heute zu Partnern und morgen zu Gegnern erkoren werden. Wenn man von Feinden, zumindest aber Übelmeinenden umgeben ist. Wenn man also in der Welt des Donald Trump lebt.
Von diesem Freitag an werden die USA Stahl- und Aluminiumlieferungen aus der EU, Kanada und Mexiko mit Einfuhrzöllen von bis zu 25 Prozent belegen. Die Europäer und die beiden nordamerikanischen Nachbarn stehen damit fortan auf einer Stufe mit der Volksrepublik China, für deren Firmen die Zölle bereits gelten und die dank ihrer massiven Überproduktion für den ruinösen Preisverfall auf den Welt-Stahlmärkten verantwortlich ist. Die Gleichmacherei zeigt, dass es Trump mitnichten um die Lösung des eigentlichen Problems geht, sondern allein darum, die heimische Industrie durch die Ausschaltung ausländischer Konkurrenten wiederzubeleben. Die Geschichte hat Dutzende Male gezeigt, dass derlei Protektionismus nicht funktioniert und dem eigenen Land mehr schadet als nutzt.
US-Strafzölle:Trump macht Ernst
Washington verlangt jetzt auch von europäischen Unternehmen Strafzölle auf Stahl und Aluminium - weil die Flut an Importen die Sicherheit der USA gefährde, wie der Präsident befindet.
In Deutschland werden die Auswirkungen der Stahlzölle auf Wirtschaft, Wohlstand und Arbeitsplätze zunächst kaum spürbar sein - und doch birgt Trumps Entscheidung die Gefahr, dass eine Spirale aus Sanktionen und Gegensanktionen in Gang kommt, die das Potenzial hat, den globalen Konjunkturaufschwung zu beenden. Das gilt insbesondere für den Fall, dass der Präsident seine Drohung wahr macht, auch den Import von Autos mit Strafabgaben zu belegen. Die Pkw-Industrie ist heute längst keine nationale mehr, sondern eine, die auf allen Kontinenten ihre Werke betreibt. Wie weit die Globalisierung hier gediehen ist, zeigt der Umstand, dass BMW der größte Autoexporteur der USA ist. Wer diese Lieferketten und die globale Arbeitsteilung zerstört, weil er glaubt, er könne sein Land abschotten und Jobs "nach Hause holen", wird die Welt ins Chaos stürzen.
Auch die Europäer tragen Schuld an der Misere - besonders die Deutschen
Das bedeutet nicht, dass Handel und freier Warenverkehr Selbstzweck wären. Dass Regierungen es einfach hinnehmen müssen, wenn Traditionsindustrien sterben und Arbeitsplätze verlagert werden. Handel muss der Menschheit dienen, er unterliegt demokratischen Regeln, muss allen Beteiligten zum Vorteil gereichen und fair ablaufen. Hier liegt durchaus einiges im Argen, und es ist gut, dass Trump in seiner trampeligen Art darauf hinweist. Das Problem des Präsidenten ist jedoch wie so oft, dass seine Gegenstrategie die Sache nicht verbessert, sondern noch verschlimmert: Statt dafür zu sorgen, dass sich alle an die Welthandelsregeln halten, ersetzt er die Stärke des Rechts durch das Recht des Stärkeren.
Aber auch die Europäer, insbesondere die Deutschen, sind mit schuld an der Misere. Seit Jahrzehnten klagen die USA, dass die Handelsüberschüsse und -defizite weltweit ständig wachsen. Mittlerweile sind die Ungleichgewichte tatsächlich so gewaltig, dass sie die Stabilität des Weltwirtschaftssystems bedrohen. Statt jedoch zu reagieren, schauten die Deutschen nur zu. Jetzt zahlen sie den Preis.