Bankenregulierung:Schweizer Regierung schlägt strengere Regeln für die UBS vor

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Seit die UBS die Credit Suisse übernahm, gibt es in der Schweiz nur noch eine einzige Großbank. (Foto: Denis Balibouse/Reuters)

Nach der Krise der Credit Suisse im vergangenen Jahr hat die Schweiz nur noch eine einzige Großbank. Die soll jetzt mehr Auflagen erfüllen müssen. Besonders weit gehen die Vorschläge aber nicht.

Von Isabel Pfaff, Bern

Ein gutes Jahr liegt die dramatische Rettung der Schweizer Bank Credit Suisse zurück. Wobei man heute weiß: Die Rettung per Zwangsfusion mit der Konkurrentin UBS bedeutete faktisch das Ende der traditionsreichen Bank. Nur noch bis 2025 soll der Markenname auftauchen, so hat es die UBS verfügt, dann wird die Credit Suisse ganz verschwunden und im neuen Mutterhaus aufgegangen sein.

Am Mittwoch betont Karin Keller-Sutter - als Schweizer Finanzministerin quasi die Mutter der Fusion - noch einmal, wie richtig und alternativlos die Übernahme der Bank durch die UBS gewesen sei. Den Behörden sei es damals "gelungen, den unkontrollierten Untergang der Credit Suisse zu verhindern". Damit sei Schaden von der Schweiz, der Volkswirtschaft und den Steuerzahlern abgewendet worden, so Keller-Sutter.

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Die Ministerin weiß, dass das nicht alle so sehen, dass es durchaus auch Ökonomen gibt, die eine geordnete Abwicklung der Credit Suisse besser gefunden hätten. Denn jetzt hat die Schweiz nur noch eine einzige Großbank, noch dazu eine, deren Bilanzsumme so groß ist, dass das Schweizer Bruttoinlandsprodukt zweimal darin Platz hat. Kaum ein Land muss mit dem Risiko einer im Vergleich derart großen Bank leben.

Auch das wissen Keller-Sutter und ihre sechs Regierungskollegen. Deshalb, und auch weil ihnen das Parlament entsprechende Prüfungsaufträge erteilt hat, hat der Bundesrat, wie die Schweizer Regierung heißt, die existierende Regulierung systemrelevanter Banken überprüft und am Mittwoch einen Bericht zur Bankenstabilität verabschiedet. Darin: ein Paket von 22 Maßnahmen, die der Bundesrat dem Parlament vorschlägt, um Lücken im bestehenden System zu schließen. Sieben weitere Maßnahmen soll der Gesetzgeber zumindest prüfen. Ziel des Pakets ist es, die Wahrscheinlichkeit "deutlich zu reduzieren", dass erneut eine systemrelevante Bank in der Schweiz mit staatlichen Notmaßnahmen gerettet werden muss.

Ein Ziel der neuen Regeln: Bankmanager bei Fehltritten zur Verantwortung zu ziehen

Die Regierung empfiehlt in ihrem Bericht mehrere grundsätzliche Neuerungen im Bereich der Geschäftsführung und der Aufsicht. Zum einen strebt der Bundesrat die Einführung eines "Senior Management Regimes" an, also die klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten für die Mitglieder von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung, möglicherweise auch für weitere Managementstufen. Ein solches Verantwortlichkeitsregime haben andere wichtige Finanzplätze wie Hongkong oder London bereits eingeführt. Es würde ermöglichen, die Schuldigen bei Krisen und Fehltritten eindeutig zu identifizieren und zur Verantwortung zu ziehen.

Die Schweizer Regierung spricht sich auch für neue Regeln bei der Bezahlung aus: Es soll künftig Rückforderungsklauseln und Sperrfristen bei den Boni geben - allerdings keine relativen Obergrenzen wie in der EU. Die Exzesse der Credit Suisse bei der variablen Vergütung, ungeachtet der Skandale und Verluste, hatten die Schweizer Öffentlichkeit in den vergangenen Monaten heftig bewegt. In der EU gibt es Rückforderungsklauseln schon lange, allerdings kommen sie in der Praxis so gut wie nie zum Einsatz.

Zudem, so schreibt die Regierung, soll die Finanzmarktaufsicht Finma die Öffentlichkeit umfassender über ihre Aufsichtstätigkeiten und Verfahren informieren dürfen. Auch diese Forderung steht schon seit Längerem im Raum, unter anderem erhoben von der Finma selbst. Von einem solchen "öffentlichen Pranger" erhoffen sich viele eine disziplinierende Wirkung.

Bislang darf die Aufsicht in der Schweiz keine Strafzahlungen verhängen

Was die Kapitalanforderungen an systemrelevante Banken betrifft, will die Regierung hingegen nur wenig ändern. Seit der Finanzkrise 2008 wird immer wieder darüber diskutiert, ob das vorgeschriebene Eigenkapital - also der Anteil der eigenen Mittel am Gesamtkapital einer Bank - ausreicht, um Banken krisenfest zu machen. "Selbst in den Monaten ihrer größten Schwierigkeiten lagen die Eigenmittel-Kennzahlen der Credit Suisse Gruppe stets über den regulatorischen Anforderungen", mit diesen Worten begründet das der Bundesrat. Ein Problem sieht er lediglich in der "knappen Kapitalausstattung des Stammhauses". Künftig soll dessen Ausstattung mit Eigenmitteln höher sein.

Eine generelle Erhöhung der Eigenkapitalquoten lehnt der Bundesrat explizit ab. Damit erteilt er den Wünschen vieler Ökonomen und auch des Parlaments nach deutlich höheren Quoten eine Absage - und kommt stattdessen der UBS entgegen. Die Bank hat sich wiederholt gegen höhere Eigenmittelquoten ausgesprochen, die es ihr schwerer machen würden, hohe Löhne und Dividenden auszuzahlen.

Nur prüfen will der Bundesrat zudem eine Bußen-Kompetenz der Finma. Bislang darf die Aufsicht in der Schweiz keine Strafzahlungen verhängen. Sie möchte es aber, um Banken wie die Credit Suisse wirkungsvoller rügen zu können.

Unterm Strich ergeben die Vorschläge des Bundesrats durchaus eine gewisse Verschärfung der Regeln. Eine Revolution sind sie allerdings nicht. Im linken politischen Lager fällt die Reaktion entsprechend kritisch aus. "Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen reichen nicht aus, um den Bankensektor endlich griffig zu regulieren", so Cédric Wermuth, Präsident der Schweizer Sozialdemokraten. "Gerade der Verzicht auf schärfere Eigenkapitalkriterien ist absolut fahrlässig und verhöhnt die Steuerzahlenden." Die Partei will im Parlament für höhere Eigenmittelvorgaben kämpfen.

Die UBS tritt selbstbewusst auf gegenüber der Regierung

Denn was die Schweizer Regierung am Mittwoch vorgelegt hat, sind nur zu einem kleinen Teil Maßnahmen, die sie selbst per Verordnung umsetzen kann. Die meisten Vorschläge erfordern Gesetze und müssen deshalb erst durch das Parlament, womöglich sogar noch in Form eines Referendums vors Volk.

Wie es also weitergeht mit der Schweiz und ihrer Megabank, ist relativ offen. Fest steht, dass die UBS zunehmend selbstbewusst auftritt gegenüber der Politik - obwohl die Übernahme der Credit Suisse ohne politische Stützung wohl nicht zustande gekommen wäre und die Schweiz auch künftig staatlich abgesicherte Instrumente vorsieht, um schwächelnden Banken unter die Arme zu greifen. Erst vor wenigen Tagen hat die UBS mitgeteilt, das nach der Fusion mit der Credit Suisse ausgesetzte Aktienrückkaufprogramm wieder aufzunehmen. Aktienrückkäufe sind beliebt bei Aktionären, weil sie in der Regel die Dividende erhöhen. Und: Solche Programme vertragen sich schlecht mit höheren Kapitalanforderungen.

Angesprochen darauf, ob sie die Ankündigung der UBS geärgert habe, sagte Finanzministerin Keller-Sutter am Mittwoch fast ein wenig hilflos: "Die UBS ist eine private Gesellschaft." Wie sie handle, sei letztlich Sache ihrer Aktionäre.

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