Schweiz:UBS will Credit Suisse als eigenständige Tochter führen

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Die Schweizer UBS will die Übernahme der Credit Suisse bereits in den kommenden Wochen abschließen. (Foto: Michael Buholzer/dpa)

Bankenchef Sergio Ermotti setzt für die Fusion mit der Credit Suisse auf bekannte Namen - und befördert sogar den Chef des gescheiterten Kreditinstituts.

Von Isabel Pfaff, Bern

Bisher waren Umbauten in der Konzernleitung einer Schweizer Bank eher etwas für Finanz-Feinschmecker. Doch seit die UBS unter staatlichem Druck ihre kleinere Rivalin Credit Suisse übernommen und sich damit auf einen Schlag deutlich vergrößert hat, blickt ein ganzes Land gespannt auf das, was aus der Zentrale in Zürich nach außen dringt. Am Dienstagmorgen war das die Nachricht über die neue Struktur und das neue Führungsteam der UBS, das Bankchef Sergio Ermotti zusammengestellt hat und das die historische Übernahme bewerkstelligen soll.

Ermotti stand dem Institut bereits von 2011 bis 2020 vor und wurde nun vom Verwaltungsrat an die Konzernspitze zurückgeholt - wohl auch, weil seine Staatsangehörigkeit vielen angesichts der staatlichen Unterstützung des Deals passender erschien: Ermotti ist Schweizer. Sein Vorgänger an der UBS-Spitze, Ralph Hamers, kam aus den Niederlanden.

Sergio Ermotti führt die UBS seit gut einem Monat wieder. (Foto: STEFAN WERMUTH/REUTERS)

Die erste Überraschung am Dienstag betraf die unmittelbare Zukunft der Credit Suisse: Wie die UBS schreibt, soll die Übernahme "in den nächsten Wochen" bereits vollzogen sein. Danach werde die Credit Suisse zwar eine UBS-Tochter sein, aber zunächst als eigene Bank weiterbestehen. Unter dem Dach der UBS Group AG würden die UBS und die Credit Suisse "bis auf Weiteres unabhängig agieren".

Das ist bemerkenswert - war doch in den Tagen und Wochen nach der Fusionsentscheidung viel die Rede davon, wie unterschiedlich die beiden Banken in ihren Kulturen seien und wie sehr sich die Credit Suisse an das risikoärmere Profil der UBS anpassen müsse. Nun soll die CS weiter "unabhängig agieren" - wenn auch, wie die UBS klar stellt, "einige neue Weisungen" eingeführt werden sollen, um eine effektive Aufsicht sicherzustellen. Langfristig dürfte die CS aber dennoch in ihrer Rivalin aufgehen: Man wolle "die Integration stufenweise umsetzen", heißt es in der Mitteilung.

Ist der vorläufige Fortbestand der Credit Suisse vielleicht auch ein Hinweis auf die Zukunft der Schweiz-Einheit? Gleich nach der Übernahme-Entscheidung Mitte März hatten mehrere Politikerinnen und Politiker die UBS dazu aufgefordert, das bis zum Schluss gut funktionierende Schweiz-Geschäft der Credit Suisse baldmöglichst wieder zu verkaufen. So könnte der Bankenwettbewerb im Inland wiederhergestellt und auch die gewaltige Dimension der neuen UBS wieder etwas zurückgestutzt werden. Dazu will sich die Bank jedoch auch am Dienstag noch nicht äußern: Man werde alle Optionen für das Schweiz-Geschäft der Credit Suisse prüfen und in den kommenden Monaten darüber informieren, lässt sie wissen.

Der bisherige Vorstandschef der geretteten Credit Suisse, Ulrich Körner, steigt überraschenderweise in die Konzernleitung der UBS auf. (Foto: FABRICE COFFRINI/AFP)

Die zweite Überraschung liefert das neue Führungsteam, das Ermotti zusammengestellt hat. Er setzt nämlich ausnahmslos auf bewährte Namen, die er aus seinen früheren Zeiten bei der Bank kennt - und auf einen Mann, den alle eigentlich längst abgeschrieben hatten: Ulrich Körner, derzeit noch Vorstandschef der Credit Suisse. Ermotti hat ihn in die UBS-Konzernleitung geholt, ihm also nach den vergangenen Skandalmonaten sogar einen Aufstieg ermöglicht. Körner kenne beide Unternehmen, heißt es in der Mitteilung. Er werde dafür zuständig sein, "die operationelle Kontinuität und den Kundenfokus von Credit Suisse aufrechtzuerhalten, während er den Integrationsprozess unterstützt".

Zwar ist Körner erst seit Sommer 2022 Konzernchef bei der CS und zählt damit nicht zu den Hauptschuldigen am Untergang der einst so stolzen Schweizer Bank. Doch sein Reformplan vom vergangenen Herbst vermochte nicht zu überzeugen. Insbesondere die teilweise Abspaltung der Investmentbank und deren Überführung in die neue Einheit CS First Boston rief Kritik hervor. Der frühere Citigroup-Banker Michael Klein, bis Oktober Mitglied des Verwaltungsrates der Credit Suisse, sollte das Investmentbanking herauskaufen: ein Geschäft voller Interessenkonflikte, das die Bank inzwischen gestoppt hat. Auch Körners sparsame und ungeschickte Kommunikation inmitten der heftigsten Krise in der Geschichte der Bank wurde ihm vorgeworfen.

Trotzdem: Ermotti plant nun mit ihm. Dem Zürcher Finanzportal Inside Paradeplatz zufolge soll Körners UBS-Vergangenheit dabei eine Rolle spielen: "Der alt-neue CEO hievt seinen alt-neuen Intimus in die Konzernleitung von Big UBS." Tatsächlich bekleidete Körner von 2009 bis 2020 mehrere einflussreiche Posten in der UBS-Konzernleitung. Man kennt sich also.

Viele etablierte Spitzenleute behalten ihre Posten

Dasselbe gilt für die übrigen Mitglieder des neuen Führungsteams, das von zwölf auf 16 Mitglieder angewachsen ist. Viele etablierte Spitzenleute behalten ihre Posten einfach: etwa Iqbal Khan, Chef der Vermögensverwaltung, Sabine Keller-Busse, die Präsidentin des Schweiz-Geschäfts, oder Suni Harford, die weiterhin das Asset-Management leiten wird. Andere Spitzenposten wurden neu geschaffen, darunter der "Group Integration Officer": Die Schweizerin und langjährige UBS-Frau Michelle Bereaux übernimmt die Position, mit der die Integration der beiden Großbanken gestemmt werden soll. Neu in der Konzernleitung ist auch Beatriz Martin Jimenez, die bisher für die Finanzierung der UBS zuständig war und sich künftig um alle Bereiche kümmern wird, die im Zuge der Fusion abgewickelt werden müssen. Stefan Seiler, auch er schon seit 2011 bei der UBS, wird künftig das Personalwesen, das Gebäudemanagement und das Lieferantenmanagement unter sich haben.

Das deutlichste Zeichen aber dafür, dass Ermotti in den kommenden turbulenten Monaten und Jahren nur begrenzt Lust auf Neues hat, ist die Besetzung des Finanzchefs: Todd Tuckner, mit fast 20 Jahren UBS-Zugehörigkeit quasi ein Urgestein, übernimmt den Posten von Sarah Youngwood. Sie wurde erst 2022 von Ralph Hamers zur UBS geholt, ist für Ermotti also eine Unbekannte - und damit nichts für sein "All-Star-Team", wie es die Handelszeitung ausdrückt.

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