Börse:Türkische Lira fällt auf neues Rekordtief

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Menschen stehen vor einer Wechselstube im türkischen Ankara Schlange. (Foto: Burhan Ozbilici/AP)

Nach der Verbalattacke des türkischen Präsidenten Erdoğan auf zehn Botschafter fürchten Analysten eine weitere Verschlechterung der bereits sehr fragilen wirtschaftlichen Verhältnisse.

Die türkische Lira ist zum Wochenbeginn zum Dollar auf ein neues Rekord-Tief von 9,8545 Lira abgesackt - nach 9,74 Dollar am Sonntagabend. Über das Wochenende hatte Präsident Recep Tayyip Erdoğan den Konflikt mit westlichen Ländern um den Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala eskaliert und die Botschafter aus Deutschland, den USA, Frankreich und sieben anderen westlichen Ländern zu unerwünschten Personen erklärt. Ob auf seine Worte auch die Ausweisung der Botschafter folgt, ist noch offen.

Analysten fürchten, dass die aktuellen Entwicklungen zu einer weiteren Verschlechterung der bereits sehr fragilen wirtschaftlichen Verhältnisse in der Türkei führen könnten.

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In der Vergangenheit hatte Erdoğan Drohungen gegen ausländische Partner wiederholt nicht wahrgemacht. Oppositionspolitiker in der Türkei sagten am Wochenende auch, der Präsident wolle mit der Eskalation nur von den wirtschaftlichen Problemen der Türkei ablenken. Insider erwarten unterdessen, dass nach der unerwartet kräftigen Zinssenkung der türkischen Zentralbank von Donnerstag am Montag auch die Staatsbanken die Kreditkosten kräftig kappen würden.

Die drei großen öffentlichen Kreditgeber Ziraat, Vakif und Halkbank würden die Zinssätze für Unternehmens-, Privat-, Hypotheken- und andere Kredite voraussichtlich um zwei volle Prozentpunkte senken, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag bei mit den Plänen vertrauten Personen. Die Notenbank hatte den Leitzins überraschend deutlich von 18 auf 16 Prozent gekappt. Ökonomen hatten den Schritt auch mit Blick auf die zuletzt auf 19,6 Prozent gestiegene Inflationsrate in der Türkei kritisiert.

"Die Zinssenkungspolitik der Zentralbank bei steigender Inflation und einer schwächelnden Währung wird beide Probleme wahrscheinlich noch verschärfen, indem sie die Kapitalflucht weiter antreibt und Investitionen abschreckt", hatten etwa die Analysten von Stratfor erklärt. Eine der wichtigsten Fragen von Investoren dreht sich zudem um die Unabhängigkeit der Notenbank. Erdoğan ist ein erklärter Zinsgegner und hat die letzten Notenbank-Gouverneure aufgrund von Differenzen bei der Geldpolitik vor die Tür gesetzt.

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