Landwirtschaftspolitik:Tierwohl-Kommission wirft hin

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Das "Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung" hatte Vorschläge erarbeitet, wie das Tierwohl verbessert und die Landwirte unterstützt werden könnten. (Foto: Silas Stein/dpa)

Weil für ihre Vorschläge nicht das nötige Geld bereitgestellt wird, löst sich die Expertenkommission zur Tierhaltung selbst auf. Die Opposition spricht von einer Ohrfeige für Minister Özdemir.

Im Ringen um bessere Bedingungen in der Tierhaltung löst sich eine viel beachtete Expertenkommission auf. Das Gremium um den früheren Bundesagrarminister Jochen Borchert (CDU) beschloss am Dienstag, seine Arbeit zu beenden, teilte das Ministerium mit. In einer Stellungnahme erklärte die Kommission, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung ihrer Empfehlungen seien weder in der vorherigen noch in den ersten zwei Jahren dieser Wahlperiode geschaffen worden. "Auch der Entwurf des Bundeshaushalts 2024 lässt den notwendigen Durchbruch nicht erkennen." Daher beende man die Arbeit.

Das "Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung" hatte bereits 2020 ein Konzept für einen Umbau der Tierhaltung in Schritten hin zu deutlich höheren Standards vorgelegt. Es sieht außerdem eine langfristig gesicherte Finanzierung in Milliardenhöhe vor. Dies soll verhindern, dass Landwirte auf Mehrkosten sitzen bleiben. Die Ampel-Koalition hat vorerst einen Anschub von einer Milliarde Euro beschlossen, ringt aber seit Monaten um eine weitergehende dauerhafte Finanzierung.

Die Kommission hatte kürzlich angemahnt, der Haushalt 2024 müsse Klarheit über die finanziellen Voraussetzungen für den Umbau bringen. Sollte es bei der bisher unzulänglichen Finanzausstattung und der fehlenden Verlässlichkeit der Zahlungen bleiben, beende man die Arbeit, hieß es Anfang Juni in einer Stellungnahme. Im Gespräch ist nach Empfehlungen der Kommission etwa eine "Tierwohlabgabe" auf tierische Produkte. Denkbar wäre etwa ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch.

BUND: Ein falscher Schritt

Minister Cem Özdemir (Grüne) dankte dem Vorsitzenden Borchert und den Mitgliedern für eine "erfolgreiche und zukunftsweisende Arbeit", die unterschiedliche Interessen zusammengeführt habe. Es sei klar, dass für weitere Schritte zusätzliches Geld gebraucht würden. Dafür werde er sich "voll einsetzen". Die Koalitionsfraktionen arbeiteten an einer dauerhaften Finanzierung.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nannte das Ende der Kommission einen falschen Schritt. Sie könnte insbesondere Finanzminister Christian Lindner und die FDP daran erinnern, den Umbau nicht weiter auf Kosten der Landwirtinnen und Landwirte zu blockieren, sagte der Vorsitzende Olaf Bandt. Auch der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft bedauerte das Ende. Unions-Experte Albert Stegemann (CDU) sprach von einer "schallenden Ohrfeige" für die Politik Özdemirs. Die Regierung müsse ihrer Verantwortung für die Landwirtschaft gerecht werden und nicht nur Sonntagsreden halten.

Die sogenannte Borchert-Kommission hatte im Herbst 2022 ein neues Mandat des Ministeriums zur weiteren Begleitung des Umbauprozesses angenommen, aber bereits damals gegen einen Stillstand bei der Finanzierung protestiert. Dem Gremium gehörten Vertreter von Wirtschaftsverbänden, Wissenschaft, Umweltschützern und der Länder an.

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