Tourismus:Staat haftet gegenüber Thomas-Cook-Flugreisenden

Lesezeit: 1 min

Reisende der Thomas Cook. (Foto: REUTERS)
  • 140 000 gestrandete deutsche Thomas-Cook-Reisende erhalten ihr Geld zurück.
  • Bei nicht von der Versicherung der Thomas Cook abgedeckten Forderungen springt der Staat ein.

Von Nina Nöthling, Köln

Die Pauschalreiserichtlinie besagt, dass Mitgliedsstaaten einen wirksamen Schutz für Kundengelder einführen müssen. "Wie sie das machen, bleibt den Staaten überlassen", erklärte Felix Methmann, juristischer Referent für Mobilität und Reisen beim Verbraucherzentrale Bundesverband. "Deutschland hat sich eben für eine Versicherungslösung entschieden."

Problematisch ist allerdings die Mindestversicherungssumme von 110 Mio. Euro pro Anbieter, sagte er weiter. "Für große Anbieter wie TUI reicht diese Summe auf keinen Fall aus, auch bei Thomas Cook sehr wahrscheinlich nicht." Wie hoch die Reisegesellschaft tatsächlich versichert ist, steht allerdings noch nicht fest. Der Reiseveranstalter hätte freiwillig eine höhere Deckungssumme vereinbaren können.

Thomas Cook
:Szenen einer Pleite

Die Politik reagiert spät auf die Nachricht vom Ende des Reiseveranstalters. Die britische Regierung hat Hilfen abgelehnt. Um die deutsche Tochter Condor steht es besser, als man denkt.

Von Jens Flottau und Alexander Mühlauer

Nach Angaben der Reisegesellschaft sind rund 140.000 deutsche Reisende aktuell gestrandet. Das ergibt Kosten von rund 70 Mio. Euro nur für die Rückflüge dieser Urlauber, rechnet Methmann vor - wenn man 500 Euro pro Flug ansetzt. "Dazu kommen noch die ganzen Herbstreisenden, die für ihre Pauschalreise schon Anzahlungen geleistet haben", sagte er. "Das sind oft mehr als 500 Euro." Die Versicherungssumme von 110 Mio. Euro gilt pro Gesellschaft und pro Jahr. Deshalb bleibt zu hoffen, dass sich die Kunden gleichmäßig auf die deutschen Töchter verteilen, dann erhöht sich die Versicherungssumme, so Methmann.

Sollten auch die deutschen Töchter in die Insolvenz geraten und die Versicherungssumme nicht ausreichen, wäre es auf jeden Fall ein Fall für die Staatshaftung, sagte Methmann. "Die Bundesregierung hätte dann die EU-Richtlinie schlecht umgesetzt." Die Policen seinen kein wirksamer Schutz der Kundengelder, wie in der Pauschalreiserichtlinie gefordert, erklärte er. Verbraucher könnten dann Klagen. Kritik an der Summe von 110 Mio. Euro gibt es schon länger. "Deshalb kann sich die Bundesregierung auch nicht rausreden, sie hätte das nicht gewusst", sagte Methmann.

Die Grenze stammt noch aus den 90 Jahren, seitdem sind Reisegesellschaften aber deutlich gewachsen und auch die Umstellung auf den Euro habe einen Einfluss gehabt. Nachdem im vergangenen Jahr die Richtlinie dann auch noch auf verbundene Produkte ausgeweitert wurde, haben Bündnis 90/Die Grünen im März einen Antrag gestellt, um die Mindesthöhe für die Versicherungssumme zu erhöhen, berichtet Methmann. "Aber auch der wurde ignoriert."

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

ExklusivKriminalität
:Wie Investoren im großen Stil Staaten betrogen haben sollen

Zu diesem Zweck sollen sie ein winziges Mainzer Geldinstitut erst übernommen und dann ausgenutzt haben, um Steuerbehörden in Dänemark und Belgien zu täuschen.

Von Jan Willmroth

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: