Tesla:Elon Musk bricht alle Regeln

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Elon Musk pfeift auf die Regeln, die ihm Politik und Behörden setzen - und er kokettiert sogar noch damit. (Foto: AP)

Der Tesla-Chef lässt wieder Autos bauen - entgegen der Vorschriften, die der zuständige Landkreis in Kalifornien zum Schutz der Arbeitnehmer vor Covid-19 erlassen hatte. Er bringt damit sein Lebenswerk in Gefahr.

Von Thomas Fromm und Claus Hulverscheidt, München

Die Tesla-Zentrale an der Deer Creek Road im kalifornischen Palo Alto ist eine Trutzburg aus gelbem Sandstein, die von der Straße aus kaum sichtbar in den geschwungenen Hügeln der Los Altos Hills liegt. Das Gelände ist von einem hohen Zaun umgeben, an der Einfahrt wacht - ganz anders als im Silicon Valley sonst üblich - ein bulliger Aufpasser. Hätte hier nach Wochen des Corona-Lockdowns auf einmal wieder Vollbetrieb geherrscht, es wäre wohl kaum jemandem aufgefallen.

Ganz anders die Tesla-Fabrik im 30 Kilometer entfernten Fremont, wo der wochenlang leer gefegte Parkplatz am Montag plötzlich so prall gefüllt war, dass der Firmenchef gar nicht erst versuchte zu leugnen: Elon Musk lässt wieder Autos bauen - entgegen allen Vorschriften, die der zuständige Landkreis Alameda zum Schutz der Arbeitnehmer vor Covid-19 erlassen hatte.

Wenn die Polizei jemand festnehmen wolle, meint Musk, dann bitte ihn persönlich

Es ist ein typischer Musk: Der 48-Jährige pfeift auf die Regeln, die ihm Politik und Behörden setzen - und er kokettiert sogar noch damit. Wenn die Polizei jemand festnehmen wolle, dann bitte nicht einen der 10 000 Beschäftigten im Fremonter Werk, sondern ihn persönlich, schrieb er im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Schon zuvor hatte sich der Selfmade-Milliardär wiederholt über die Corona-Verordnungen in den USA und im Bundesstaat Kalifornien echauffiert, das Virus kleingeredet und Beschränkungen des öffentlichen Lebens als "faschistisch" bezeichnet. Am letzten Samstag drohte er damit, die Tesla-Zentrale nach Texas oder Nevada zu verlegen. Beide Bundesstaaten werben seit Langem mit Niedrigsteuern und laxer Regulierung um Unternehmen aus Kalifornien.

Musk hat über die Jahre gelernt, dass die Schlagzeilen über ihn am größten sind, wenn er provoziert. Wenn er vor laufender Kamera Marihuana raucht, wenn er Analysten, Investoren oder Kollegen zum Teufel wünscht oder - auch das - wenn er einen Rettungstaucher in Thailand, der sein Hilfsangebot zur Befreiung von Kindern aus einer Höhle ablehnt, als Pädophilen beleidigt. Immer schien er davon überzeugt, dass jemand, der revolutionäre Elektroautos baut und mit seiner Weltraumfirma Space-X den Mars besiedeln möchte, auch eine revolutionär große Klappe haben muss. Ein stiller, nachdenklicher Nerd, der einfach forscht, ist Musk jedenfalls nicht.

Diesmal aber geht er noch weiter als in früheren Fällen, und dafür gibt es vermutlich einen Grund: Gerade erst hatte Tesla für den Zeitraum Januar bis März einen Gewinn ausgewiesen, und das trotz Corona. Der ewige Verlustmacher plötzlich im dritten Quartal hintereinander mit schwarzen Zahlen - kein Wunder, dass Musk medizinische Beschränkungen, Werksschließungen und stehende Bänder gerade überhaupt nicht gebrauchen kann und die Produktion in seinem Hauptwerk wieder hochfahren lassen will. Was scheren ihn da Verbote und Ausgehbeschränkungen?

Das Problem nur: Diesmal ist die Lage ernst. Elon Musk, der Pionier, demnächst als Rechtsbrecher und Corona-Leugner im Knast? Diesmal könnte der Nonkonformist seiner Marke Tesla schwer schaden - und sogar sein eigenes Lebenswerk einreißen. Dann nämlich, wenn sich seine Investoren und Käufer entsetzt von ihm und seinem Autounternehmen abwenden.

Allerdings: Dass Musks neuerlicher Regelverstoß zumindest ein Stück weit nur Inszenierung ist, zeigt der Umstand, dass die kalifornischen Behörden ihm eine Wiedereröffnung der Autofabrik längst für kommende Woche in Aussicht gestellt hatten. Auch die übrigen großen Autohersteller in den USA nehmen dann die Produktion wieder auf. Statt Tweets zu verschicken, sollten sich die Beteiligten an einen Tisch setzen und ein Konzept für eine sichere Rückkehr der Beschäftigten an ihre Arbeitsplätze entwickeln, sagte Kreisvorsteher Scott Haggerty. "Es wäre ein trauriger Tag, würde die Polizei von Fremont tatsächlich ins Werk marschieren und Elon Musk festnehmen."

© SZ vom 13.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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