Autonomes Fahren:Teslas doppelte Botschaften

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So ist er nun mal, der Elon: Tesla-Gründer Musk bei einer Pressekonferenz. (Foto: imago images/UPI Photo)

Elon Musk verspricht gerne viel. Geleakte E-Mails zeigen, wie Tesla die Autopilot-Funktion seiner E-Autos wirklich einschätzt.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Elon Musk, die Ein-Mann-Marketing-Maschine von Tesla, verspricht ja gerne mal Unmögliches - er weiß, dass ihm die Teslarati verzeihen, die Ultra-Fans des Unternehmens, wenn der Elektroautobauer wieder mal angekündigte Lieferdaten und Preispunkte verpasst. Wer die Welt retten will, darf sich schon mal um ein paar Tage (oder Jahre) und Dollars (oder Tausende davon) verschätzen, deshalb: Wenn Musk verspricht, dass selbstfahrende Tesla-Autos in spätestens zwei Jahren auf öffentlichen Straßen zu sehen sein werden, dann meint er einen Zeitraum von zwei bis zwölf Jahren. So ist er nun mal, der Elon.

Musk hat das schon häufig getan, im April 2019 sagte er eine Million Tesla-Roboter-Taxis bis Ende 2020 voraus - es wurden: null. Musk selbst macht häufig Scherze über sich selbst und diese nicht eingehaltenen Termine, nur: Könnte es sein, dass er mit den häufigen Fehlprognosen die Leute absichtlich in die Irre führt? Dieser Verdacht wird nun von E-Mails zwischen der kalifornischen Verkehrsbehörde DMV und Tesla-Anwalt Eric Williams befeuert, die das Non-Profit-Unternehmen Plainsite veröffentlicht hat. Es sieht so aus, als wäre die Kommunikation zwischen Musk und Fans eine andere als die des Konzerns mit DMV. Die gibt es, weil die Behörde mal nachgefragt hatte, warum Tesla eigentlich keine Genehmigung für Testfahrten mit fahrerlosen Autos beantragt habe wie sechs andere Autobauer.

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Autopilot und Full Self-Driving Capability, das klingt nach einem Fahrzeug, das den Insassen selbständig von A nach B bringt. Musk hatte am 6. März ein entsprechendes Software-Update angekündigt. Tesla-Anwalt Williams schreibt jedoch in einer Mail: "Weder Autopilot noch FSD Capability sind derzeit autonome Systeme." Das Software-Update ist laut Williams "weiterhin ein fortgeschrittener Fahrassistent der Stufe zwei". Heißt, ganz konkret: Die Fahrer müssen jederzeit aufpassen und sind jederzeit verantwortlich. Es ist kein selbstfahrendes Elektroauto, und Tesla weiß das.

Aus den E-Mails geht hervor, dass sich Tesla nicht nur auf Sensoren und Kameras in den Autos verlässt, sondern nach wie vor auf Landkarten, und Williams verweist dabei auf das Handbuch des Model 3, in dem steht, dass es auf nicht in Landkarten vermerkten Straßen Probleme habe und dass Tesla-Features schon mal eine Kreuzung übersehen können: "Es kann deshalb sein, dass Stop Light and Stop Sign Warning nicht alle Ampeln und Stoppschilder aufgrund von Ungenauigkeiten der Karten erkennt." Und ein paar Seiten weiter: "Es kann sein, dass Model 3 eine Kreuzung übersieht, die vom Blick der Kamera blockiert ist."

Problematisch ist das alles, weil Musk die Features, die etwa 10 000 Dollar Aufpreis kosten, offensiv vermarktet und im April 2019 sogar behauptete, dass Tesla-Fahrzeuge wegen der Fähigkeit, selbst fahren zu können, nicht an Wert verlören - im Gegenteil: "Wenn du heute ein Tesla-Auto kaufst, dann kaufst du etwas, das an Wert gewinnen wird." Die nun veröffentlichten E-Mails zeigen, dass es noch ein bisschen dauern wird, bis Tesla-Autos all die Begriffe, die Musk dafür verwendet, auch wirklich rechtfertigen, und dass der Konzern das weiß. Die Tesla-Jünger dürfte das dennoch kaum stören, sie sagen bei Enthüllungen dieser Art meist: So ist er nun mal, der Elon.

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