SXSW in Austin:Das Silicon Valley rüstet zum Widerstand gegen Trump

Lesezeit: 3 Min.

Die South By Southwest (SXSW) ist nicht nur Tech-Messe, sondern auch Film- und Musikfestival. (Foto: picture alliance / AP)
  • In Austin beginnt die Film-, Musik- und Tech-Messe South By Southwest (SXSW). Dort treffen sich Start-ups und Konzerne aus dem Silicon Valley.
  • Dieses Jahr wird wohl die Politik die Tech-Themen überlagern.
  • Trump hat die Branche politisiert, die SXSW könnte den Beginn des konzertierten Widerstands einläuten.

Von Kathrin Werner, Austin

Ein paar Tage nach der Wahl trafen sie sich in Austin zum Krisentreffen. Gut 50 Eventmanager der großen Film-, Musik- und Internetmesse South By Southwest (SXSW) saßen zusammen und suchten nach ihrem Sinn in einem Amerika unter Donald Trump.

Hugh Forrest, einer der Programmdirektoren, ist schon seit mehr als 20 Jahren bei SXSW-Meetings dabei. "Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass je eins mit so voller Leidenschaft und Gefühl war wie dieses", sagt er. Die SXSW habe beschlossen, dass sie einen Sinn hat: Sie wolle die Menschen dazu bringen, zusammenzuhalten und zu kämpfen. "Wir können eine Rolle spielen in einer fortschrittlicheren Zukunft."

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Die SXSW ist die hipste und größte Zusammenkunft von Startup-Gründern, Medienleuten, Erfindern und Kulturschaffenden der USA und vielleicht auch der Welt. Sie beginnt an diesem Freitag in Austin, der Hauptstadt von Texas. Wer verstehen will, was die Internetbranche fühlt und denkt, muss nach Austin reisen. In diesem Jahr wird es vor allem um Gefühle und Gedanken zu einem Thema gehen: Trump.

Tech-Konzerne scheuen harsche Kritik an Donald Trump

Die mächtigen Internetunternehmen haben sich lange zurückgehalten mit Kritik an dem neuen US-Präsidenten. Als er das Einreiseverbot für Muslime verhängte und die Vergabe von Visa beschränken wollte, protestierten sie zwar - schließlich geht das gegen ihre Interessen, sie brauchen ihre Mitarbeiter aus diesen Ländern.

Harsche Kritik klingt aber anders, Facebook-Chef Mark Zuckerberg sagte nur, er sei "besorgt". Zu anderen großen Themen äußern sich die Firmenchefs kaum. Deshalb ist die Konferenz in Austin so wichtig, denn zu ihr reisen nicht nur sie, sondern auch die Untergebenen. Vergangenes Jahr kamen fast 90 000 Menschen aus der IT-Industrie, den Medien und dem Film- und Musikgeschäft. Wenn sich das Silicon Valley politisiert, merkt man es hier zuerst. "Es gibt keine größere Konzentration von Talenten als auf der SXSW", sagt Richard Wolffe, Digital- und Marketingchef der Aktivistengruppe Global Citizen. "Und es gab nie einen größeren Bedarf, dass diese Talente ihre Kräfte zusammenbringen als heute."

Die Branche politisiert sich

Die SXSW war schon immer auch politisch. Im vergangenen Jahr hat Barack Obama in Austin gesprochen, vor jubelndem Publikum. Dieses Jahr kommen unter anderem der ehemalige Vizepräsident Joe Biden und einer der Nachwuchs-Hoffnungen der demokratischen Partei, Cory Booker.

Aber so politisch und mit so einer konkreten Handlungsaufforderung für die Tech-Industrie selbst wie in diesem Jahr war sie noch nie. Vorträge tragen Namen wie "Der Krieg zu Hause: Trump und die Mainstream-Medien" oder "Startup-Investitionen in den Trump-Jahren". In der Podiumsdiskussion "Brücken bauen, wenn andere Mauern bauen wollen" geht es um die Zukunft von Einwanderern. "Fake News" und Faktenchecks sind Thema bei mehreren Diskussionen und Vorträgen, genauso wie technische Mittel für den Widerstand und Zusammenarbeit gegen Rassismus und Sexismus.

Erin Schrode, eine 25-jährige Umweltschutz-Aktivistin, hält einen Vortrag über die Ungerechtigkeit, die Trump jungen Menschen wie ihr antut und dass junge Leute sich nun stärker engagieren müssen. "Technik hat das Spielfeld demokratisiert", sagt sie. "Das macht es möglich für junge Menschen und politischen Outsider, selbst für Ämter zu kandidieren."

Facebook und Twitter haben den gesellschaftlichen Graben vertieft

Zwei Startup-Gründer organisieren einen Hackathon, ein Treffen, auf dem Programme entwickelt werden sollen, die dem Widerstand helfen. "Demokratie passiert nicht von selbst", schreiben sie in der Einladung. Austin könnte der offizielle Anfang einer Verschwörung der Tech-Industrie gegen Trump werden.

Die Tech-Branche hat sich mit ihrer Rolle beim Aufstieg des Milliardärs noch nicht richtig auseinander gesetzt. "Fake News" - und zwar die tatsächlich komplett erfundenen Geschichten, nicht die missliebige kritische Berichterstattung, die Trump zu "Fake News" erklärt - haben sich vor allem über Facebook verbreitet.

Zuckerberg hatte das soziale Netzwerk eigentlich erfunden, um Menschen zusammenzubringen. Nun hat sich herausgestellt, dass es einen Beitrag dazu geleistet hat, dass die Menschen es nutzen, sich in Gruppen ihrer Gleichgesinnten abzuschotten. Auch wegen Facebook und Twitter sind die Amerikaner so weit auseinander gedriftet wie schon lange nicht.

Mit Trump hat das Valley ein klares Feindbild

Das Silicon Valley war zwar weit überwiegend für Hillary Clinton statt für Trump, die Mitarbeiter der Tech-Firmen spendeten 60 Mal so viel für die Demokraten wie für die Republikaner. Große Ausnahme: Peter Thiel. Der Internetinvestor ist Trump-Unterstützer und hat gerade mal wieder Schlagzeilen gemacht, weil er das Ende der Globalisierung ausgerufen hat. Sie mache die Leute unglücklich und stehe an vielen Orten der Welt vor neuen bürokratischen Hürden. Insgesamt ist die Branche aber traditionell eher unpolitisch. Es ist nicht so, dass sich die Internet-Erfinder nicht für politische Themen interessieren, Parteipolitik und Wahlkampf erscheinen aber als zu klein und unwichtig.

Zu den Idealen des Silicon Valley gehört, dass sich mit den Mitteln des Internets, vor allem dem freien Zugang zu Informationen für alle, die Probleme von selbst erledigen würden. Mit Trump, der gegen so viele der Werte des Valleys steht und die große, amerikanische Freiheit an vielerlei Stellen beschneiden will, hat das Valley jetzt ein klares Feindbild. Und fängt an, sich ernsthaft mit Ungleichheit, der Spaltung des Landes, Rassismus, Sexismus und Globalisierungskritik zu beschäftigen.

"Die Leute, die diese riesigen Herausforderungen lösen können, treffen sich jedes Jahr auf der SXSW, aber sie knabbern normalerweise höchstens an diesen Themen, weil sie zu groß sind, um sie ganz zu verdauen", sagt Wolffe von Global Citizen. Doch die Branche könne das ändern in diesem Jahr. "Let's make SXSW great again."

© SZ vom 10.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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