Die große Koalition hat stärker als frühere Regierungen staatliches Geld in die Hand genommen, um politische Ziele durchzusetzen. Um fast fünf Milliarden Euro erhöhten CDU/CSU und SPD in den vergangenen vier Jahren die vom Bund gewährten Finanzhilfen und Steuervergünstigungen, mit denen vor allem die gewerbliche Wirtschaft gefördert werden soll. Bis 2018 steigen die direkten und indirekten staatlichen Subventionszahlungen an die Privatwirtschaft auf 25,2 Milliarden Euro. Das geht aus dem Entwurf des 26. Subventionsberichtes hervor, den das Kabinett am Mittwoch beschließen soll.
Die mit Abstand größten Nutznießer der im Bericht aufgeführten Vergünstigungen sind Firmenerben. Der Bund unterstützt das Erben oder Verschenken von Betrieben, indem er allein 2018 auf 5,7 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verzichten wird. Die Erbschaftsteuer gilt als heikel. Die große Koalition hatte sich erst in diesem Jahr nach monatelangen Streitereien auf eine Reform geeinigt, die Firmenerben aber auch künftig weitgehend verschont. Die SPD hat inzwischen in ihrem Wahlprogramm angekündigt, das Gesetz erneut anzupacken und die Erbschaftsteuer grundsätzlich reformieren zu wollen.
Steuern:Wenn Kinder Multimillionäre werden
Die Angst vor der Reform der Erbschaftsteuer nimmt einer neuen Studie zufolge absurde Züge an. Söhne und Töchter von Familienunternehmern werden oft schon in jungen Jahren extrem reich.
Der zweitgrößte Posten bei den Steuervergünstigungen entfällt auf den Kulturbetrieb. Der Staat unterstützt Kulturangebote mit 3,9 Milliarden Euro. Der Staat verzichtet zudem auf Steuermilliarden, um Schichtarbeit zu fördern, Renovierungen zu unterstützen und die Energiewende zu durchzuziehen.
Insgesamt tragen sechs neue Steuervergünstigungen und elf neue Finanzhilfen dazu bei, dass die Subventionen steigen. Zu den zwanzig größten Finanzhilfen des Bundes zählen die Kaufprämie für E-Autos, staatliche Hilfen für effiziente Pumpen und Heizungen, die den Stromverbrauch reduzieren sollen und die Förderung von Einbruchschutz.
Entgegen allgemeiner Annahmen zählt die Bundesregierung bei den Beihilfen für Unternehmen im europäischen Vergleich zu den größten Subventionsgebern. Gemessen an der Wirtschaftskraft liegt Deutschland nur hinter Lettland und Griechenland. Wie aus dem Subventionsbericht hervorgeht, zahlt der Bund allein 1,8 Milliarden Euro jährlich für Gebäudesanierung, mit mehr als einer Milliarde Euro bezuschusst er den Verkauf heimischer Steinkohle, 650 Millionen Euro gibt es, um Energiesparen zu fördern, 500 Millionen Euro zum Ausbau moderner Datenautobahnen und 470 Millionen für effiziente Pumpen und Heizungen. Staatliche Zuschüsse gibt es zudem für den Städtebau und die nationalen Klimaschutzziele. Die Subventionsquote des Bundes liegt trotz der Steigerungen bei den Ausgaben weiter bei moderaten 0,7 Prozent - weil gleichzeitig das Bruttoinlandsprodukt wächst.
Das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin wies am Montag vorab Kritik an den steigenden Ausgaben zur Förderung der Wirtschaft zurück. Die Förderprogramme des Ministeriums seien "wichtige Bausteine zu einer erfolgreichen Umsetzung der Energiewende", teilte ein Sprecher von Ministerin Brigitte Zypries (SPD) mit. Insbesondere die Energieeffizienz spiele bei der Energiewende eine wesentliche Rolle. Die günstigste Energie sei diejenige, die nicht verbraucht wird.
Wissenschaftler kritisieren, dass die EEG-Umlage nicht als Subvention gilt
Kritik am Subventionsbericht kommt auch aus der Wissenschaft. Es sei zwar richtig, dass die aufgeführten Subventionen nur moderat anstiegen, sagte Michael Thöne, Professor am Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut an der Universität Köln. Allerdings gebe der Bericht nur ein "partielles Bild" der tatsächlichen Subventionen wieder. Wäre beispielsweise die zur Förderung der Erneuerbaren Energien beschlossene EEG-Umlage aufgeführt, "würden sich die Subventionen in Deutschland schlagartig verdoppeln", sagte Thöne.
Die EEG-Umlage wird Schätzungen zufolge im laufenden Jahr auf 24 Milliarden Euro steigen. Sie gilt offiziell nicht als Subvention, weil das Geld nicht über den Bundeshaushalt fließt, sondern direkt vom Stromverbraucher über die Netzbetreiber an die Unternehmen abgeführt wird. Dass die EEG-Umlage nicht als Subvention geführt wird, hatte immer wieder zu Kritik geführt. Zuletzt stufte die EU-Kommission die Umlage als Beihilfe ein. Auch Thöne plädiert dafür, die Umlage künftig anders zu finanzieren. Er kritisiert, dass die Umlage auf das Netzentgelt den Strompreis künstlich weiter steigen lässt - und damit die Energiewende und auch den Umstieg auf E-Autos behindert. Kein Kunde werde ein E-Auto kaufen, wenn er fürchten müsse, dass das Aufladen der Batterie immer teurer werde, sagt Thöne. Tatsächlich soll die EEG-Umlage bis zum Jahr 2022 weiter ansteigen, auf knapp 28 Milliarden Euro. Selbst wenn danach die Kosten sinken, glaubt Thöne, dass die hohen Strompreise den Durchbruch von E-Autos verhindern könnten.