Strafzinsen:Das Gebühren-Dilemma

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Spieglein, Spieglein an der Wand, wie entwickeln sich die Zinsen in diesem Land? Eine Frage, die auch für Eigentümergemeinschaften immer relevanter wird. (Foto: Christoph Hardt/imago/Future Image)

Immer mehr Banken erheben Strafzinsen. Für Eigentümergemeinschaften ist das besonders ärgerlich, wenn es ihre Rücklagen trifft. Worauf man achten sollte.

Von Jochen Bettzieche

In kleinen, bunten Plastikelefanten sammelten viele Deutsche noch vor wenigen Jahrzehnten ihre Münzen, brachten sie zur Bank, zahlten sie auf ihr Konto ein und erhielten für ihre Spareinlagen Zinsen. Jahrzehntelang warben Banken um Kundengelder. Bereits in den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts führten Sparkassen eigens den Weltspartag ein, um die Menschen zu animieren, ihr Geld zu ihnen zu bringen. Heute sieht das anders aus.

Immer mehr Finanzinstitute erheben einen Strafzins. Offiziell nennen sie es meist Verwahrentgelt. Für Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) ist das ärgerlich, wenn es ihre Rücklagen trifft. Es gibt nur wenige Ausweichmöglichkeiten. Grund für das Entgelt ist die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Parken Banken dort ihr Geld, müssen sie einen negativen Zins entrichten. Diese Ausgaben reichen einige an ihre Kunden weiter.

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Tatsächlich hängt es vom Institut ab, bei dem das Rücklagenkonto geführt wird. Manche verlangen ab dem ersten Euro ein zusätzliches Verwahrentgelt, manche erst ab einem bestimmten Betrag. Das können 5000 Euro sein, das können 100 000 Euro sein. Auch die Höhe des Zins variiert. Manche verzichten auch darauf, aber es werden immer weniger.

"Bei einer großen WEG ist man aber auch schnell bei 100 000 Euro Rücklagen"

Niedrige Schwellen sind selbst bei kleinen Mehrparteienhäusern rasch erreicht. "Bei einer großen WEG ist man aber auch schnell bei 100 000 Euro Rücklagen", sagt Gerold Happ, Geschäftsführer Immobilien- und Umweltrecht beim Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland in Berlin. Bei Negativzinsen von beispielsweise 0,5 Prozent entspräche das dann Kosten von 500 Euro im Jahr.

Vermieter können diese nicht ohne Weiteres an ihre Mieter weiterreichen. "Aus unserer Sicht gibt es keine rechtliche Grundlage für eine solche Umlage", stellt Lukas Siebenkotten, Präsident beim Deutschen Mieterbund in Berlin, klar. Hausverwalter geraten schnell in eine Zwickmühle: Einerseits müssen sie das Geld zinsgünstig anlegen, andererseits muss es verfügbar sein. Negativzinsen kommen bei vielen Eigentümern nicht gut an. "So manche WEG betrachtet das als schlechte Arbeit des Verwalters", sagt Stephan Kippes, Sprecher beim IVD Süd in München.

Er empfiehlt, mit den Banken zumindest über die Höhe des Strafzinses zu verhandeln: "Immerhin sind das zum Teil steinalte Geschäftsbeziehungen der Verwalter zur Bank, da kann man auch mal mit dem Wechsel drohen." Doch der hilft nicht immer. Denn oft gibt es dort nur noch für Bestandskunden Freibeträge, erklärt Happ. Das Geld wegen der Zinsen an eine ausländische Bank zu übertragen, sei übrigens auch keine gute Idee; nicht immer sei das Kapital dort durch den Einlagensicherungsfonds geschützt.

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Eine weitere Variante ist, früher zu modernisieren

Das Geld auf mehrere Banken aufteilen, ist ein weiterer Ansatz. So kann die WEG jeweils die Freigrenze ausnutzen. Für Verwalter bedeutet dies aber einen zusätzlichen Aufwand. Wichtig ist, auch auf die Gebühren zu schauen. Denn einige Finanzinstitute nehmen zwar keine Negativzinsen, haben aber ihre Gebühren für die Kontoführung erhöht. Vorsicht, wenn einzelne WEG Mitglieder vorschlagen, das Geld anders anzulegen, beispielsweise in Aktienfonds oder Gold. Dann kann selbst ein mehrheitlicher oder einstimmiger Beschluss der Eigentümer Probleme bereiten. "Unter Umständen ist das anfechtbar, denn Rücklagen sind dafür da, um kurzfristig Instandhaltungen zu bezahlen", sagt Happ.

Der Gesetzgeber hat klare Vorgaben gemacht. "Erlaubt sind Festgeld mit einer Laufzeit von einem halben Jahr, Tagesgelder, Spareinlagen und kurzfristig verzinsliche Wertpapiere mit 100 Prozent Rückzahlungsgarantie", nennt Kippes die Anforderungen. Er sieht noch eine andere Möglichkeit: Die Eigentümer zahlen nicht weiter in die Rücklagen ein oder reduzieren zumindest ihren Beitrag. Passiert dann etwas Unvorhergesehenes, kann der Verwalter allerdings nicht sofort darauf zugreifen, so Kippes: "Es braucht dann eine Sonderumlage, und die ist immer lästig."

Eine weitere Variante ist, Maßnahmen vorzuziehen, empfiehlt Gerold Happ von Haus & Grund: "Wenn ohnehin in den kommenden Jahren Modernisierungen anstehen, kann man sie auch jetzt in Angriff nehmen."

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