FPÖ-Feindbild Haselsteiner:"Dass die mir ans Leder wollen, überrascht mich nicht"

AUT 2018 10 06 PORTRAIT WIRTSCHAFT HANS PETER HASELSTEINER VOR DEM HINTERGRUND DES FESTSPIELHAUS

Hat, ob er will oder nicht, eine wichtige Nebenrolle in dieser Affäre: der Unternehmer Hans Peter Haselsteiner.

(Foto: imago/Roland Mühlanger)
  • In dem Video, das den Rücktritt des ehemaligen österreichischen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache ausgelöst hat, äußert sich dieser auch über den Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner.
  • "Das Erste", was er im Fall einer Regierungsbeteiligung zusagen könne, sei: "Der Haselsteiner kriegt keine Aufträge mehr."
  • Haselsteiner hat mit Strabag das größte Bauunternehmen Österreichs aufgebaut - und ist eines der Feindbilder der FPÖ.

Von Caspar Busse

Sein persönliches Denkmal hat sich Hans Peter Haselsteiner schon gesetzt. Wenn man auf der Autobahn A 93 von Rosenheim Richtung Innsbruck fährt, taucht es kurz vor Kufstein auf der linken Seite auf: ein futuristisches schwarzes Gebäude, das sich seltsam in die Landschaft duckt. Das neue Festspielhaus Erl mit 860 Plätzen, 2012 eröffnet, wurde auf Initiative Haselsteiners gebaut, er trug auch mehr als die Hälfte der Baukosten. Hier feierte der Mann, der im 30 Kilometer entfernten Wörgl geboren wurde, vor wenigen Monaten auch seinen 75. Geburtstag.

Haselsteiner, der sich in der Rolle des Kunst-Mäzens sehr gefällt, ist einer der erfolgreichsten Unternehmer Österreichs: Er hat das inzwischen größte Bauunternehmen des Landes aufgebaut - und er ist eines der großen Feindbilder der rechtspopulistischen FPÖ. Auf dem heimlich aufgenommenen Ibiza-Video ist zu sehen, wie Heinz-Christian Strache, der ehemalige Vizekanzler und FPÖ-Vorsitzende, der angeblichen Oligarchen-Nichte verspricht, ihr alle Staatsaufträge zuzuschanzen, die bisher die Strabag bekommen habe - deren Anteilseigner Haselsteiner mit seiner Familie ist. Strache sagte: "Das Erste", was er im Fall einer Regierungsbeteiligung zusagen könne, sei: "Der Haselsteiner kriegt keine Aufträge mehr." Und: Es handele sich dabei um "ein Riesen-Volumen".

Haselsteiner hat, ob er will oder nicht, eine wichtige Nebenrolle in dieser Affäre. Ist er auch einer der Leidtragenden der bisherigen ÖVP/FPÖ-Regierung? "Ich habe eine andere politische Einstellung", sagt er am Montag der SZ. Er habe Rechtsextreme immer bekämpft: "Dass die mir nun ans Leder wollen, überrascht mich nicht. Überraschend ist aber, dass die das jetzt in diesem Video so unverfroren artikulieren."

Haselsteiner gegen die FPÖ - das ist eine lange Geschichte. Der gebürtige Tiroler engagierte sich immer auch in der Politik und unterstützt die Neos. Für deren liberale Vorgänger-Partei Liberales Forum (LIF), eine Abspaltung der FPÖ, saß er von 1994 an vier Jahre lang im Nationalrat. Bei der letzten Bundespräsidentenwahl half er aktiv und mit viel Geld dem Grünen Alexander Van der Bellen, um die Wahl des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer zu verhindern. Damals vermisste er eine klare Positionierung des Industriellenverbands, seine Strabag verließ daraufhin die Unternehmervereinigung. Der ehemalige SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer ist Aufsichtsratschef der Strabag und Chef der Haselsteiner Familien-Privatstiftung, die 26,4 Prozent der Aktien an Strabag hält.

Haselsteiner, Sohn einer Lehrerin und eines deutschen Innenarchitekten, studierte in Wien Wirtschaft und arbeitete zunächst als Wirtschaftsprüfer. 1972 fing er bei einer kleinen Baufirma in Kärnten an, heiratete die Tochter des Inhabers und übernahm 1974 nach dessen Tod die Führung. Die Geschäfte florierten, 1998 kaufte er die Mehrheit am deutschen Bauunternehmen Strabag aus Köln. Heute ist Strabag mit vielen Marken einer der größten europäischen Baukonzerne, mit einem Umsatz von mehr als 15 Milliarden Euro und 75 000 Beschäftigten, davon 11 000 in Österreich. Haselsteiner hat sich vor sechs Jahren aus dem Vorstand und dem operativen Geschäft zurückgezogen, ist aber der wichtigste Aktionär.

In Österreich kommen etwa 40 Prozent des Geschäftes von der öffentlichen Hand

Fast die Hälfte des Strabag-Geschäftes entfällt auf Deutschland, nur etwa 16 Prozent entfallen auf Österreich. Dort aber kommen etwa 40 Prozent des Geschäftes von der öffentlichen Hand. Zur möglichen Vergabe öffentlicher Aufträge nur an vorher ausgewählte Bieter und nicht mehr an die Strabag, wie von Strache in dem Ibiza-Video angedeutet, sagt Haselsteiner: "So einfach, wie sich das Herr Strache vorstellt, geht das gar nicht. Es gibt da umfangreiche gesetzliche Vorschriften." Zudem könne man den Rechtsweg beschreiten, wenn man sich bei der Vergabe öffentlicher Aufträge benachteiligt sieht. Haselsteiner kündigt aber an: "Wir werden pflichtgemäß noch mal alle Aufträge anschauen, die wir in den vergangenen zwei Jahren nicht bekommen haben." Also seit der Regierungsübernahme der ÖVP/FPÖ-Koalition.

Gleichzeitig ist Haselsteiner ein wichtiger Gesellschafter der privaten Bahngesellschaft Westbahn, die unter anderem die Strecke Wien-Salzburg bedient und die in Konkurrenz zur staatlichen Österreichischen Bundesbahn (ÖBB) fährt. Hier liege der Fall anders, sagt Haselsteiner: "Da ist die unmittelbare Rolle des Verkehrsministers eine andere. Hier gibt es größere Möglichkeiten zur Einflussnahme. Das lasse ich noch mal sehr genau anschauen." Denn Verkehrsminister in Wien ist seit Ende 2017 FPÖ-Mann Norbert Hofer.

Über Kontakte nach Russland verfügt auch Haselsteiner, seit 2007 ist der umstrittene russische Geschäftsmann Oleg Deripaska maßgeblich an Strabag beteiligt. Es sei wichtig, dass Europa und Russland wieder stärker zusammengeführt werden, sagt Haselsteiner. Denn: "Ich sehe Russland als großen Hoffnungsmarkt für die europäische Bauindustrie."

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