Steuertricks:Kampf gegen Steuerflucht: Deutschland beklagt Blockade durch EU-Staaten

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Konzerne wie Google nutzen Schlupflöcher, um in der EU Steuern zu sparen. Den Staaten entgehen Milliarden Euro. (Foto: REUTERS)
  • Deutschland wirft großen EU-Staaten vor, den Kampf gegen die Steuerflucht von Konzernen zu behindern.
  • In internen Protokollen kritisieren Beamte des Finanzministeriums insbesondere große Mitgliedsstaaten wie Spanien, Frankreich und Italien.

Von Lena Kampf, Brüssel

Die Blockadehaltung mehrerer Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Kampf gegen Steuerflucht hat im Bundesfinanzministerium für Unmut gesorgt. In internen Protokollen beklagen sich deutsche Beamte, dass insbesondere Spanien, Frankreich und Italien Schlupflöcher in der Unternehmensbesteuerung weiter offenhalten. Außerdem werde eine gemeinsame schwarze Liste von Steueroasen in Drittstaaten, die bis Ende des Jahres verabschiedet werden sollte, von Großbritannien blockiert.

In den Sitzungsprotokollen der europäischen Gruppe Verhaltenskodex, einem informellen Gremium des EU-Rats zur Bekämpfung unfairen Steuerwettbewerbs, bezeichnen die deutschen Vertreter das Verhalten im Hinblick auf den engen Zeitplan als "äußerst misslich". Sie finden deutliche Worte: "Das Ausmaß der Beteiligung anderer Mitgliedstaaten an den Diskussionen zur Eindämmung schädlichen Steuerwettbewerbs hat einen neuen Tiefpunkt erreicht." Die Protokolle, die auf Juni und Juli 2017 datiert sind, liegen der Süddeutschen Zeitung, NDR und WDR vor.

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Finanzwissenschaftler schätzen, dass den Haushalten der EU-Länder jedes Jahr 50 bis 70 Milliarden Euro Steuereinnahmen durch legale Steuervermeidung großer Unternehmen verloren gehen. Insbesondere Konzerne wie Ikea, Starbucks oder Amazon stehen seit Jahren in der Kritik. Die EU-Kommission hatte angekündigt, mit großer Härte dagegen vorgehen zu wollen und dafür zu sorgen, dass sich die Mitgliedstaaten gegenseitig helfen, Steuervermeidung zu verhindern.

Die Dokumente zeigen jedoch, dass einige Länder sogar gegen bereits getroffene Absprachen verstoßen. Insbesondere Spanien, Italien und Frankreich seien sehr zurückhaltend, monieren die Beamten des Bundesfinanzministeriums. Sie agierten "nach dem Motto: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus".

Großkonzerne übertragen Lizenzrechte, um sich vor Steuern zu drücken

Bei den angeprangerten Regelungen geht es unter anderem um sogenannte Patentboxen. Großkonzerne übertragen damit gegen Gebühr Patent- oder Lizenzrechte an Tochterfirmen, die Einnahmen daraus können deutlich geringer besteuert werden. Bereits 2014 hatten die EU-Mitgliedstaaten beschlossen, die schädliche Steuerpraxis zu reformieren. Doch Frankreich ließ eine erste Frist verstreichen und stellte laut Protokoll die Abschaffung auch in Zukunft "nicht konkret in Aussicht".

Während Spanien zugesichert habe, noch in diesem Jahr eine Gesetzesreform auf den Weg zu bringen, räumte Italien Konzernen nach einer Reform großzügige Übergangsfristen bis 2021 ein. Die deutschen Vertreter werten diese als unzulässig. Für den EU-Parlamentsabgeordneten Fabio De Masi (Die Linke) zeigen die Dokumente, dass die Beratungen in der Gruppe Verhaltenskodex gescheitert seien und die Vorgehensweise überarbeitet werden müsse. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums wollte zu den vertraulichen Sitzungen nicht offiziell Stellung nehmen, zeigte sich jedoch offen für eine Reform der Gruppe.

© SZ vom 08.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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