Die SPD stellt die steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerarbeiten, eine der populärsten und teuersten Subventionen überhaupt, infrage. Vize-Fraktionschef Carsten Schneider sagte der Süddeutschen Zeitung, die mit der Vergünstigung verbundenen Ziele würden teilweise verfehlt. "Es besteht ganz offensichtlich Handlungsbedarf. Das kann der Finanzminister nicht ignorieren." In Fraktionskreisen hieß es zudem, wenn die Union die Zustimmung der SPD für eine Entlastung der Bürger etwa bei der sogenannten kalten Progression wolle, "darf sie im Gegenzug den Abbau von Steuersubventionen nicht länger als Steuererhöhung verteufeln".
Hintergrund der Aussagen ist eine von der Regierung in Auftrag gegebene Studie, in der die Abschaffung des Handwerkerprivilegs, zumindest aber eine Beschneidung, empfohlen wird. Jeder Bürger kann in der Steuererklärung 20 Prozent der Arbeitskosten für Renovierungen, die Gartengestaltung sowie den Austausch oder die Wartung etwa der Heizung geltend machen.
Seit die damalige große Koalition 2009 die Obergrenze für den Steuervorteil anhob, dürfen bis zu 1200 Euro abgesetzt werden. Erklärtes Ziel war es damals, die Konjunktur zu stützen, die legale Beschäftigung von Handwerkern zu fördern und damit die Schwarzarbeit einzudämmen. Die Subvention kostet den Staat gut 1,5 Milliarden Euro im Jahr, sie ist damit die fünftteuerste Steuervergünstigung überhaupt.
Der Mitnahmeeffekt sei beträchtlich, so die Gutachter
In einer fast 260-seitigen Studie untersuchten nun Experten der Universität Freiburg um den Wirtschaftsweisen Lars Feld sowie die Beratungsfirma Ernst & Young, ob das Steuerprivileg seinen Zweck erfüllt. Nach ihren Erkenntnissen hätten mehr als 90 Prozent der Haushalte, die das Privileg nutzten, die Handwerker auch ohne steuerlichen Anreiz legal beauftragt. Auch stieg die Nachfrage nach Handwerkerleistungen kaum an.
Gleichzeitig setzte etwa die Hälfte der Haushalte Arbeiten ab, die - wie etwa Wartungen - ohnehin hätten erledigt werden müssen oder die sogar gesetzlich vorgeschrieben sind. Dazu zählen zum Beispiel Kaminkehrerarbeiten, die gar nicht "schwarz" bezogen werden können. Da der Mitnahmeeffekt beträchtlich und der Beitrag zur Bekämpfung der Schwarzarbeit sowie zur Stützung der Konjunktur überschaubar sei, spreche viel dafür, "die steuerliche Förderung für Handwerkerleistungen (...) zu streichen", so die Gutachter.
Eine 300-Euro-Bagatellgrenze würde die Schwarzarbeit erhöhen
Sollte die Koalition das nicht wollen, raten die Ökonomen dazu, zumindest Garantieleistungen und Arbeiten, die offiziell erbracht werden müssen, nicht länger zu begünstigen. Zugleich können sie sich vorstellen, den Fördersatz für die verbleibenden Leistungen zu erhöhen. Da gerade einfache Arbeiten in Konkurrenz zur Schwarzarbeit stünden, sei hier ein positiver Effekt möglich.
Von einer 300-Euro-Bagatellgrenze, wie sie mehrere Bundesländer empfehlen und wie sie auch die SPD während der Koalitionsverhandlungen gefordert hatte, raten die Gutachter dagegen ab: Sie würde ihrer Ansicht nach zwar die Steuermindereinnahmen des Staates reduzieren, dafür aber die Schwarzarbeit erhöhen. Auch einer Ausweitung des Förderbetrags, wie ihn der Handwerksverband verlangt, erteilen die Experten eine Absage.