Start-up:Leihhandy im Abo-Modell

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Michael Cassau, Gründer und CEO von Grover. (Foto: OH)

Das Berliner Start-up Grover vermietet Technikgeräte, statt sie zu verkaufen. Andere sind mit derselben Idee gescheitert. Warum Gründer Cassau überzeugt ist, es besser zu machen.

Von Helmut Martin-Jung

Die Frage überrascht Michael Cassau kein bisschen. Sie liegt ja auch auf der Hand. Warum ausgerechnet bei seinem Start-up klappen soll, was große Unternehmen wie Otto und Tchibo nicht geschafft haben: ein Geschäft daraus zu machen, Produkte zu vermieten statt sie zu verkaufen. "Die Corporates hören zu früh auf", antwortet er ohne zu zögern, "sie haben ja große Geschäftsbereiche, die gut laufen." Wenn dann eine neue Idee nicht gleich funktioniere, werde sie oft nicht mit dem richtigen Elan weiterverfolgt.

Bei seiner Firma Grover sei das anders, sagt Gründer und Chef Cassau. "Wenn das gesamte Unternehmen auf eine Idee ausgerichtet ist, dann muss man iterieren, dann investierst du da rein." Dafür braucht es nach Ansicht von Cassau zuallererst eine klare Richtung. Die Mission der Firma sei es, den Zugang zu Technologie-Produkten zu vereinfachen. Auf dem Weg habe man viel gelernt: "Am Anfang hatten wir nur das pay-as-you-go-Bezahlmodell", also einen bestimmten Betrag pro Monat, der für alle gleich war. "Aber das war für die, die nur für einen Monat gemietet haben, zu billig und für die, die zwölf Monate lang gemietet haben, zu teuer." Deshalb gebe es nun abgestufte Abo-Modelle.

Die beliebtesten Produkte sind Smartphones, Tablets und Computer. Die Pandemie habe der Firma nicht geschadet, aber die Saisonalität habe sich verändert. Während früher im Sommer vor allem Geräte gemietet wurden, die man in der Freizeit und im Urlaub brauchen kann, sind es während der Pandemie eher Produkte für zu Hause, wie etwa ein Fernseher. Lieferschwierigkeiten habe Grover trotz der aktuellen Halbleiter-Knappheit nicht, auch weil man zu vielen Herstellern Beziehungen aufgebaut habe.

Für Chef Cassau ist der klare Fokus auf Technikgeräte wichtig - noch

475 000 Geräte sind derzeit vermietet, mit neuem Geld und einer geänderten Firmenstruktur will Grover die Anzahl bis 2024 auf fünf Millionen steigern - als mehr als verzehnfachen. Die jüngste Finanzierungsrunde vom März wurde dazu von 70 auf 100 Millionen US-Dollar aufgestockt. Das alleine hätte für die ehrgeizigen Ziele aber nicht gereicht. Deshalb hat Grover zusätzlich eine Zweckgesellschaft gegründet. Diese kauft die Geräte ein, die vermietet werden sollen. Die Gesellschaft besorgte sich eine Milliarde Euro an Fremdkapital. Als Sicherheit dienen die angeschafften Geräte, eine sogenannte Asset-backed-Finanzierung.

Die Vermietung besorgt eine ebenfalls neue Vermietungs-Firma. Darüber sitzt die Plattform Grover. Langfristig, sagt Michael Cassau, könne er sich vorstellen, dass Grover mit seinem großen Know-how im Mietbereich auch Produkte außerhalb des Technikbereichs verleiht. Momentan allerdings ist Cassau der klare Fokus sehr wichtig - der Mangel an Fokussierung sei auch ein Grund dafür gewesen, dass Leih-Projekte anderer Unternehmen nicht funktioniert hätten.

Und was passiert mit den Geräten, wenn die Kunden sie zurückschicken? Mitarbeiter reinigen und reparieren sie bei Bedarf, falls nötig werden die Daten gelöscht. Danach stehen sie zur weiteren Ausleihe bereit. Es gebe viele Kunden, die zum Beispiel ein etwas älteres Smartphone mieten, was erheblich günstiger ist als ein brandneues. Ein iPhone 12 Pro Max mit 256 Gigabyte Speicher etwa kostet 64,90 Euro pro Monat bei einem Zwölf-Monatsvertrag, ein iPhone 8 mit 64 Gigabyte gibt's von 19,90 Euro im Monat an.

Grover, das mittlerweile bereits 275 Mitarbeiter hat, bietet seine Dienstleistung zurzeit in Deutschland, Spanien, Österreich und den Niederlanden an. "Wir wollen schon noch einige Länder launchen", sagt Cassau. Das Hauptaugenmerk liege aber darauf, "die Präsenz in den bestehenden Ländern zu intensivieren. Wir sehen da noch viel Potenzial."

Grover ist nur nur ein Beispiel dafür, dass die deutsche und europäische Start-up-Szene zunehmend von Investoren wahrgenommen wird. Vor kurzem erst sammelte das Münchner Software-Unternehmen Celonis eine Milliarde Dollar ein und ist jetzt elf Milliarden Dollar wert. Beim aufstrebenden Raumfahrt-Unternehmen Isar Aerospace aus Ottobrunn bei München ist der Autobauer Porsche eingestiegen. Insgesamt bekam die Firma bei ihren Finanzierungsrunden damit fast 140 Millionen Euro in die Kassen.

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