Staatshilfen für Airlines:Wer investiert, riskiert

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Die Aschewolke beschert den Airlines enorme Verluste. Dennoch sollte die Politik jetzt keine Staatshilfen verteilen. Denn Konzerne müssen selbst für Risiken einstehen - und vorsorgen.

Sibylle Haas

Es wird immer wieder Gründe geben, um Geld zu betteln, denn notleidend ist irgendeine Branche stets. Und das Geld sitzt ja offenbar sehr locker: Hilfsprogramme für die Banken, die Bauwirtschaft und die Autoindustrie, Steuererleichterungen für Bürger und eine vereinfachte Kurzarbeit für Firmen und Beschäftigte - die Wirtschaftskrise hat den Staat auf viele Ideen gebracht. Warum also nicht auch für wirtschaftliche Schäden einspringen, die der Vulkan mit dem unaussprechlichen Namen auf Island angerichtet hat?

Flugzeug von Air Berlin beim Anflug auf den Flughafen Berlin-Tegel: "Leben ist immer lebensgefährlich." (Foto: Foto: apn)

Es gibt gute Argumente dafür, dass diesmal der Steuerzahler dafür nicht bezahlt. Die öffentlichen Kassen sind leer. Es ist kein Geld für neue Hilfsprogramme da und schon gar nicht für solche, die Schäden ausgleichen sollen, für die der Staat nichts kann. Naturkatastrophen sind unberechenbar und können verheerende Folgen haben.

Es ist deshalb ökonomisch logisch, dass es viel Geld kostet, wenn sich Unternehmen gegen wirtschaftliche Ausfälle etwa wegen eines Vulkanausbruchs versichern. "Leben ist immer lebensgefährlich", dichtete Erich Kästner und übertragen auf das Wirtschaftsleben bedeutet dies: Investieren ist mit Risiken verbunden. Wer Gewinne erhofft, kann Risiken nicht ausblenden. In einer Marktwirtschaft gehört es dazu, dass Unternehmen auch für die Risiken einstehen und dafür vorsorgen.

Natürlich sind die Umsatzausfälle, die das Flugverbot gerade den Fluggesellschaften beschert, immens. Der internationale Verband der Fluggesellschaften IATA schätzt, dass den Fluggesellschaften täglich Einnahmen von bis zu 200 Millionen Dollar fehlen. Daher überrascht es nicht, wenn die beiden großen deutschen Airlines Lufthansa und Air Berlin und viele andere prüfen, in welcher Form sie den Staat um Hilfe bitten könnten oder - so formuliert es Lufthansa - einen "Interessensausgleich" anstreben.

Der Reflex ist alt. Auch nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sind weltweit viele Fluggesellschaften staatlich unterstützt worden. Die Nachfrage nach Flugreisen und damit auch die Umsätze waren eingebrochen, weil die Menschen aus Angst vor neuen Terroranschlägen nicht mehr ins Flugzeug stiegen. Langfristig geholfen haben die staatlichen Stützungsaktionen allerdings wenig: Trotz der Beihilfen gingen genau die Fluggesellschaften pleite, die schon vor dem Terror finanziell klamm waren. Die belgische Sabena ist das beste Beispiel dafür. Sie hatte in den achtzig Jahren ihres Bestehens stets mit Verlust gearbeitet - die Nachfrageeinbrüche von 2001 gaben ihr schließlich den Rest. Auch der belgische Staat konnte sie nicht mehr retten.

Die Staatshilfen nach dem Terror von damals haben besonders deutlich gezeigt, dass sie kranke Firmen nicht gesund machen und dass es gesunde auch ohne fremde Hilfe schaffen. In vielen Fällen ist das Geld verpufft und die Steuerzahler haben vergeblich bezahlt. Das wird auch diesmal wieder der Fall sein, zumal 2009 für die Fluggesellschaften weltweit das schlechteste Jahr seit 2001 war. Die traditionellen Airlines geraten durch den scharfen Preiswettbewerb in Bedrängnis und verlieren Kunden an Billigflieger. Wer aber sein Geschäftsmodell nicht umstellt, wird untergehen - mit und ohne Finanzhilfe.

Statt wieder neue Hilfspakete zu schnüren, wäre mehr Pragmatismus wünschenswert. Die Nachtflugverbote könnten vorübergehend aufgehoben werden, wenn sich der Flugverkehr normalisiert und mehr Nachfrage als sonst befriedigt werden muss. Es spürt ja nicht nur die Luftfahrtbranche die wirtschaftlichen Folgen des Vulkanausbruchs. Hochwertige Elektronik beispielsweise wird an Bord von Flugzeugen transportiert.

Der Autohersteller BMW muss bereits wegen fehlender Elektronikbauteile seine Produktion in einigen deutschen Werken unterbrechen. Den volkswirtschaftlichen Schaden für deutsche Firmen schätzt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) auf etwa eine Milliarde Euro täglich. Der Staat dürfte es schwer haben zu entscheiden, wen er stützt und wen nicht. Es wäre besser, er ließe es ganz bleiben.

© SZ vom 21.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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