Corona-Krise:Von Kreditklemme keine Spur

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Sparkassen werben auch auf Heißluftballons: Ihre Kredite sind derzeit sehr begehrt. (Foto: Daniel Naupold/dpa)

Der Mittelstand ist für das Hochfahren der Produktion gerüstet, sagt Sparkassenpräsident Schleweis. Nur die Verbraucher halten sich noch zurück.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Zu Beginn der Corona-Krise ging es für viele Unternehmen erst einmal darum, die akute Liquiditätsnot zu überwinden. Firmen, die das geschafft haben, stehen mit dem "Wiederöffnen" der Wirtschaft nun aber vor der nächsten Hürde: Können sie ihre Lager schnell wieder auffüllen, wenn vermehrt Aufträge eingehen?

Nach Ansicht von Sparkassenpräsident Helmut Schleweis ist die deutsche Wirtschaft auf diesen kritischen Moment zumindest finanziell vorbereitet. "Viele Firmen haben mit Liquidität und Kreditlinien entsprechend vorgesorgt, um dafür gerüstet zu sein, wenn die Produktion nach dem Shutdown wieder hochfährt", sagte Schleweis der Süddeutschen Zeitung.

Die Unternehmenskunden der 377 Sparkassen hielten Ende April 157 Milliarden Euro Einlagen auf ihren Konten, das seien noch einmal 8,2 Milliarden Euro mehr als im Vorjahreszeitraum. Eine Kreditklemme, also eine Knappheit an Fremdkapital, sei nicht zu erkennen. "Da wir auch keine vermehrten Anfragen von Kunden anderer Banken haben, gehe ich davon aus, dass es bei anderen Kreditinstituten ähnlich läuft".

Es könne daher keine Rede davon sein, dass sich Banken und Sparkassen mit Krediten zurückhielten, wie einige Politiker befürchtet hatten. "Mit durchschnittlich rund 40 Prozent ist die Eigenkapital-Ausstattung des Mittelstands sehr gut. Das erleichtert die Kreditvergabe", sagt der Präsident des Deutschen Sparkassen und Giroverbandes (DSGV). Das war zu Beginn der Corona-Krise, die Mitte März begann, noch unklar.

Die Bürger horten so viel Geld auf den Konten wie seit der Finanzkrise nicht mehr

Werden die vielen Tausend Unternehmen, Gaststätten, Hotels, Automobilzulieferer, die ihren Geschäftsbetrieb wegen der Ansteckungsgefahr Ende März einstellen mussten, pleitegehen und auch ihre Kreditgeber mit in den Abgrund reißen? Vorerst scheint das nicht der Fall: Das immense Förderprogramm der Bundesregierung hat offenbar viele Unternehmen erreicht; zudem haben Banken und Sparkassen die Kreditvergabe ausgeweitet oder aber stunden Tausende Kredite. Der April - also der erste Monat, der komplett im Zeichen der Corona-Krise stand - sei im Hinblick auf die Sparkassen jedenfalls "außergewöhnlich" gewesen, sagte Schleweis.

Den bislang noch unveröffentlichten Zahlen zufolge haben die Sparkassen im April an Unternehmen und Selbständige Kredite für 10,3 Milliarden Euro zugesagt, das waren 2,9 Milliarden und damit enorme 40 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Seit Jahresbeginn wurden 34,4 Milliarden Kredite zugesagt, zwanzig Prozent mehr als im Vorjahr. Nie zuvor hätten Sparkassen nach vier Monaten so viel Kredit vergeben.

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Ähnliches berichten die Volksbanken, die aber nur Daten bis Ende März vorliegen haben. Bis dahin sei das Kreditwachstum ebenfalls gestiegen. Zusammen verfügen beide Bankengruppen im Mittelstand über einen Marktanteil von rund 80 Prozent, weswegen die Zahlen Rückschlüsse erlauben, wie es deutschen Firmen geht.

Trotz Krise ist erstaunlicherweise auch die Nachfrage nach privaten Wohnungsbaukrediten bei den Sparkassen weiter stark gestiegen. Im April vergaben die Sparkassen zusätzlich 5,5 Milliarden Euro Kredit an Häuslebauer, was gegenüber April 2019 ein Plus von zwölf Prozent war. Seit Jahresbeginn wurden Kredite in Höhe von 21,3 Milliarden Euro zugesagt, die Werte des guten Vorjahres seien damit noch einmal übertroffen.

Aber werden die Bürger auch dann noch Baufinanzierungen nachfragen, wenn sie nun vermehrt arbeitslos sind? Schleweis ist optimistisch: "Die deutsche Wirtschaft ist robust, ich glaube daher nicht, dass die Arbeitslosenzahl sehr stark ansteigen wird". Die Nachfrage nach Wohnimmobilien werde womöglich noch weiter steigen, wenn die Sparkassen wieder persönlich beraten könnten und Besichtigungstermine wieder möglich seien.

Die Hälfte des Neugeschäfts der Sparkassen bei Firmenkunden entfällt auf die Kredite der bundeseigenen Förderbank KfW an Unternehmen mit coronabedingten Schwierigkeiten, für die der Staat für bis zu 90 Prozent haftet. Die Hausbanken leiten diese Kredite von der KfW an die Kunden durch.

Bis zum 14. Mai seien bei Sparkassen knapp 19 000 Anträge für 8,2 Milliarden Euro eingegangen, bislang zugesagt 5,7 Milliarden Euro. "Wir konnten 80 bis 90 Prozent der Kundenwünsche erfüllen", sagt Schleweis. Den ersten Ansturm habe man "ganz gut hinter sich gebracht", mit weiterer starker Nachfrage sei derzeit nicht zu rechnen. Laut KfW hat die Förderbank bis 19. Mai für 45 Milliarden Euro Anträge erhalten. KfW-Chef Günther Bräunig hatte zu Beginn der Krise gesagt, er rechne mit einem Kreditbedarf von rund 50 bis sogar 100 Milliarden Euro.

Ebenfalls beruhigt habe sich die Lage laut Schleweis bei Kreditstundungen: Zum 13. Mai standen rund 330 000 Kredite der Sparkassen unter Moratorium; Kunden haben also Zins und/oder Tilgung ausgesetzt. Das klingt zunächst sehr viel; die Zahl liegt aber gemessen am Volumen der Kredite bei unter einem Prozent, was angesichts des Ausmaßes der Krise dann doch wenig erscheint.

Ähnliches hatten auch andere Banken berichtet. Haben wir also das Schlimmste überstanden? Mit Blick auf die Pandemie kann Schleweis keine Entwarnung geben. Auch sei freilich noch nicht absehbar, wie hoch die Kreditausfälle letztlich sein werden. Die Sparkassen aber fühlten sich "gut gerüstet, auch weil wir die vergangenen Jahre genutzt haben, eine Vorsorgereserve anzulegen".

Bemerkbar mache sich die schwierige Situation allerdings bei den Privatkunden, die deutlich weniger konsumfreudig seien. So sei das Neugeschäft bei den Konsumentenkrediten im April um 26,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen.

Stattdessen setzen die Bürger auf Sicherheit: So flossen den Sparkassen bei Privatpersonen allein im April Einlagen von 17,6 Milliarden Euro zu, das waren 11,8 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. "Das ist natürlich der Unsicherheit der privaten Haushalte geschuldet", sagt Schleweis. Ein Einlagenwachstum in dieser Größenordnung hatten die Sparkassen das letzte Mal im Jahr 2008 - also in der Finanzkrise.

© SZ vom 25.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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