Software für Preisvergleiche:Geiz ist leicht

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Einmal scannen, ein paarmal klicken und schon kann der Kunde die Preise der verschiedenen Anbieter vergleichen - noch im Geschäft. Smartphone und Tablet erleichtern das Einkaufen. Doch viele Laden- und Marktbesitzer sehen das als Bedrohung an.

Thorsten Riedl und Charlotte Theile

Der Verkäufer ist alarmiert. Schließlich hat die Kundin das Geheimnis des Staubsaugers fast entschlüsselt. Den Barcode hat sie gerade entdeckt, das Smartphone griffbereit - und damit kann sie die Preise im Netz vergleichen. Binnen Sekunden. Der Mitarbeiter eines Elektronik-Marktes in München gibt alles. Schnell schiebt er sich zwischen Telefon und Produkt-Code.

Sowohl für iPhones als auch für andere Smartphones wie HTC und auch für Tablet-Rechner gibt es inzwischen viele Preisvergleich- und Informations-Applications. (Foto: AP)

Zu spät.

Der Staubsauger kostet im Laden 199 Euro, im Netz 60 Euro weniger. Eine Ersparnis von 30 Prozent. Ohne jedes Verhandlungsgeschick. Der Verkäufer zögert. "So günstig können wir Ihnen den hier nicht geben", sagt er schließlich.

Die Händler hatten es schon leichter: In Filialen von Media-Markt beispielsweise war früher einfach der Online-Zugang zu Rivalen gesperrt. Die Webseite von Amazon, die regelmäßig mit Angeboten der Elektronikkette gleichgezogen ist, lässt sich auf dort ausgestellten Computern nicht aufrufen. Inzwischen aber haben viele ihren Kleincomputer ständig dabei - mit eigenem Web-Anschluss.

Das Auktionshaus Ebay hat eine Studie in Auftrag gegeben und herausgefunden, dass 95 Prozent der Smartphone- und Tablet-Besitzer "sehr oft" oder "manchmal" ihr Gerät im Laden nutzen, um sich über ein Produkt zu informieren. Und am häufigsten wird der Preis verglichen. Uneigennützig ist die Studie nicht. Ebay hat selbst eine App, ein kleines Programm für Handys, mit der sich unterwegs Codes von Produkten einscannen lassen - und mit nur einem Klick kaufen. Natürlich über Ebay. Im vergangenen Jahr hat sich der mobile Handel via Apps beim Internetkonzern verdreifacht. Auf zwei Milliarden US-Dollar.

Nicht alle Informationen lassen sich mobil besorgen. Einige Produkte geben ihren Barcode gar nicht preis. Bei Geräten wie Waschmaschinen oder Kühlschränken lässt sich viel sparen. Hier stehen die riesigen Verpackungen aber schon aus praktischen Gründen abseits. Ein einzelner Kühlschrank-Karton findet sich in einer Ecke beim Test-Shoppen in München. Die Smartphone-App zeigt, dass sich ein Vergleich auszahlen kann: Zwischen 385 und 649 Euro liegt die Preisspanne zum Beispiel bei Kühlschränken von Siemens.

Mit nur einer einzigen App kommt man kaum aus

Auch bei Kameras wird es dem Kunden schwergemacht. Die Geräte sind ausgepackt, die Kartons mit den Barcodes lagern oft in abgeschlossenen Schubladen. Nur mit etwas Glück kriegt man da einen Barcode ins Bild. Und tatsächlich: Die Kamera von Panasonic kostet im Geschäft fast 400 Euro. Bei einem Internethändler ist sie immerhin zehn Prozent günstiger.

Info- und Vergleichs-Apps gibt es inzwischen von zahlreichen Anbietern: von Preisvergleichsportalen wie guenstiger.de hin zu Internethändlern wie eben Ebay und Amazon. Doch nicht alle Apps sind für alle Smartphones geeignet. Sechs verschiedene Anwendungen zum Preisvergleich sind auf dem Test-Smartphone beim elektronisch gestützten Einkauf in München installiert.

Sinnvoll ist, mehr als eine Anwendung herunterzuladen: Für die Suche nach Büchern und Filmen eignet sich die Anwendung von Amazon. Bei Ebay ist die Suche nach dem Produkt der Wahl reine Glückssache. Mal ist eine Auktion im Gange, mal nicht. Als brauchbar erweist sich auch die Barcoo-App, ein Programm eines Berliner Start-ups. Die Anwendung greift auf verschiedene Quellen zurück. Sie findet häufig günstigere Angebote. Manchmal auch ganz in der Nähe - in echten Läden. Dann entfällt sogar das Warten auf den Paketboten.

Einen Zehner soll der Film "Sex and the City 2" kosten bei einer Buchhandlung am Marienplatz. Nur 100 Meter weiter findet Barcoo ein Angebot für die Hälfte. Und im Internet lässt sich noch mal ein Euro sparen.

Kein Wunder, dass viele Händler mit den neuen Anwendungen so ihre Probleme haben. Oft siedeln sich die Laden- und Marktbesitzer nämlich, entgegen ihrer knalligen Werbeaussagen, im oberen Bereich des Preisspektrums an. Klar: Miete und Ladenlokal verlangen ihren Tribut auch vom Kunden. Die Gegenwehr der Händler? Schon wird über neue Kassensysteme nachgedacht - ohne Barcodes. Mobile Scanner wären da chancenlos, Ladenbesitzer könnten weiter ihre Doppelstrategie fahren: mit billig werben - und teuer verkaufen.

Das Unternehmen Barcoo verkauft Software für Smartphones, mit der sich Barcodes scannen lassen. Während des Dioxin-Skandals Anfang des Jahres konnte man sie nutzen, um den Erzeugercode auf Eiern im Supermarkt scannen - inzwischen sieht man sie häufiger in Elektronik-Fachmärkten. (Foto: AFP)

Vielleicht lässt sich so die Zuversicht des Verbandes des deutschen Einzelhandels erklären. Zwar wächst das Online-Geschäft deutlich schneller als der Einzelhandel, heißt es dort, doch auch stationäre Geschäfte würden vom Netz profitieren. Mehr als die Hälfte aller Einzelhändler in Deutschland betreibt neben dem Laden auch ein Geschäft im Internet.

Schon holt Amazon zum Gegenschlag aus: Eine neue App erkennt ein Produkt allein an seiner Verpackung. Die Vordenker sitzen wie so oft in den USA. Besitzer von Ladenlokalen wollen sich Apps dort zum Freund machen. So hat die Simon-Property-Group ein eigenes Handy-Programm entwickeln lassen. Das Unternehmen ist der größte Besitzer von Shopping-Malls des Landes. Die App bietet so nützliche Funktionen wie eine Erinnerung an den Platz im Parkhaus oder eine Übersicht über alle Malls. Der wichtigste Service: Das kleine Programm gewährt Rabatte, Woche für Woche verschiedene - und lädt so die Kunden ein, wieder und wieder die App aufzurufen und den nächsten Markt zu besuchen.

Deutsche Händler stehen noch am Anfang der Entwicklung. Vom Media-Markt etwa gibt es eine App, die lediglich die Prospekte aufs Handy bringt - und auch nur auf Geräte von Apple. Die Begeisterung hält sich in Grenzen. Ein Kunde schreibt in einer Bewertung des Programms: "Ich bin doch nicht blöd."

© SZ vom 09.11.2011/aper - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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