Es sollte alles so einfach werden: Vom 15. Juni an sollte mobiles Telefonieren, SMS-Schreiben und Surfen im EU-Ausland genauso viel kosten wie zu Hause. Die Anbieter sollten keine zusätzlichen Gebühren mehr für Gespräche aus dem EU-Ausland nach Deutschland erheben dürfen, so beschloss es die EU-Kommission.
Was für die meisten Mobilfunkkunden in Deutschland seitdem auch zutrifft, ist einigen O2-Kunden verwehrt geblieben. Sie können vom Wegfall der Roaming-Gebühren erst dann profitieren, wenn sie eine SMS an ihren Anbieter schicken. In der müssen sie mit einem schlichten "ja" bestätigen, dass sie Roaming-frei telefonieren und surfen wollen. Gegen diese Praxis will der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nun klagen.
Konkret geht es um O2-Kunden, die mit ihrem Anbieter einen sogenannten alternativen Roamingtarif vereinbart haben. Ein solcher Tarif konnte in der Vergangenheit sinnvoll sein, wenn Kunden beispielsweise häufig aus dem EU-Ausland nach Deutschland telefoniert haben. Sie haben dann beispielsweise einen Flatrate-Tarif fürs EU-Ausland, ein Tages-Pack oder ein Volumenpaket gebucht.
Unklare Vorgaben durch die Bundesnetzagentur
Das Problem, das die Verbraucherschützer bei diesen Tarifen sehen: Die Anbieter wandeln sie nicht automatisch zu regulierten EU-Roaming-Tarifen um. Das heißt, dass sie im Gegensatz zu Kunden ohne individuellen Extratarif fürs Ausland nicht automatisch vom Wegfall der Roaminggebühren profitieren, sondern erst einmal weiter den individuellen Tarif bezahlen. In den aktuellen Roaming-Regeln der EU auf der Seite der Bundesnetzagentur heißt es dazu lediglich: "Wenn der Kunde selbst keinen Roamingtarif gewählt hat, gelten grundsätzlich die regulierten Roamingtarife der EU-Roaming-Verordnung für diesen Kunden." Was jedoch auf Kunden mit eben jenen individuellen Roaming-Vereinbarungen zutrifft, bleibt offen.
Aus Sicht der Verbraucherzentrale gilt das EU-Roaming automatisch - und nicht erst, wenn Verbraucher ihren Telefonanbieter darum bitten. Ihr zufolge verstößt O2 deswegen gegen das Irreführungsverbot im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Auf eine Abmahnung der Verbraucherzentrale hatte O2 nicht reagiert.
Das Mobilfunkunternehmen argumentiert, dass es den Kunden mit individuellen Roaming-Verträgen lediglich die Möglichkeit gebe, zu entscheiden, ob sie in ihrem bisherigen Tarif verbleiben möchten oder - wie alle anderen Kunden - vollständig vom Wegfall der EU-Roaminggebühren profitieren wollen. Einerseits klärt O2 auf seiner Internetseite auf: "Der Verbleib in einem alternativen Roaming-Tarif kann im Vergleich zum Wechsel in den regulierten EU-Roaming-Tarif mit Nachteilen verbunden sein." Doch auch der Wechsel in den regulierten EU-Roaming-Tarif könne zur Schlechterstellung im Vergleich mit den aktuellen Konditionen führen. Das Unternehmen behält sich beispielsweise vor, "bei einer exzessiven bzw. 'permanenten' Roamingnutzung" Aufschläge zu erheben. Dies können Kunden mit einem individuellen Roaming-Vertrag ausschließen.
Auf der Seite der Bundesnetzagentur heißt es dazu: "Den Kunden ist weiterhin die Möglichkeit gegeben, mit ihrem Anbieter abweichende, sogenannte alternative Roamingtarife zu vereinbaren. Abhängig vom individuellen Nutzungsverhalten können diese auch günstiger als der regulierte Roamingtarif sein." Der Anbieter müsse seine Kunden lediglich über die Abweichungen zwischen den Tarifen informieren und ihnen die Möglichkeit einräumen, "jederzeit aus alternativen Tarifen in preislich regulierte Tarife zurück zu wechseln". Und das tut O2: Für Kunden mit individuellen Roaming-Vereinbarungen sei ein kostenfreier Wechsel über die O2-App oder per SMS an 65544 mit dem Betreff "JA" jederzeit möglich. Nur reicht das den Verbraucherschützern nicht.