Vorschlag der EU-Kommission:Das bedeuten die neuen Roaming-Regeln für Kunden

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Ab Mitte 2017 sollen die Extra-Gebühren für die Handynutzung im EU-Ausland wegfallen. (Foto: dpa)

Wer sein Handy im Ausland nutzt, soll nicht mehr draufzahlen müssen. Doch es gibt Ausnahmen.

Von Nils Wischmeyer und Alexander Mühlauer

Im Urlaub oder auf Geschäftsreise im Ausland telefonieren oder surfen war aufgrund der Roaming-Gebühren bisher vor allem eines: teuer. Das wollte die EU-Kommission ändern und die Gebühren abschaffen. Ein erster Vorschlag stieß auf heftige Kritik, weil er vorsah, die Gebühren nur für 90 Tage im Jahr abzuschaffen. Am Mittwoch veröffentlichte die Kommission einen zweiten Entwurf, der keine Obergrenze mehr vorsieht. Ausnahmen gibt es aber weiterhin. In Kraft treten soll das neue Gesetz am 15. Juni 2017.

Wird Telefonieren und Surfen im Ausland künftig günstiger?

Wer in ein anderes Land fährt, soll fürs Telefonieren oder Surfen im Internet nicht mehr bezahlen als in seinem Heimatland. Dabei ist es egal, wie lange er verreist und wie stark er sein Handy nutzt. Wer also mit einer deutschen Sim-Karte für mehrere Monate auf Reisen geht oder für einen Auslandsaufenthalt nach Frankreich, Spanien oder in ein anderes EU-Land zieht, darf seine deutsche Sim-Karte nutzen. Zusätzliche Kosten für Telefonate, SMS oder die Datennutzung fallen in der Regel nicht an.

Gibt es Ausnahmen für diese Regel?

Ja. Die Europäische Kommission spricht zwar nicht mehr von einer Obergrenze, will die Gebührenfreiheit aber einschränken. Der Kunde soll ein "stabiles Verhältnis" zu dem Land haben, in dem er die Sim-Karte gekauft oder einen Vertrag fürs Handy abgeschlossen hat. Das heißt, der Nutzer soll sich "ausgiebig oft" und "regelmäßig" in dem Land aufhalten. Nachweisen kann er das durch einen Personalausweis, eine gültige Meldeadresse oder ein örtliches Bankkonto. Für Geschäftsreisende gelten Sonderkonditionen.

Warum sollen Kunden nachweisen, wo sie regelmäßig leben?

Die EU fürchtet systematischen Missbrauch. Denn die Kosten für Sim-Karten unterscheiden sich je nach Land sehr stark. So bekommt man zum Beispiel für den gleichen Geldbetrag in Finnland 100 Mal so viel Datenvolumen wie in Ungarn. Bürger aus Ländern, in denen die Kosten besonders hoch sind, könnten sich dank der neuen Regelung also günstige Tarife im Ausland besorgen, diese aber zu Hause nutzen. Genau das will die Kommission verhindern. Für die Kunden wäre das zwar wesentlich günstiger. Für die Mobilfunkanbieter, wie beispielsweise die Telekom, wäre es hingegen kostspielig. Nutzt der Kunde nämlich seine heimische Sim-Karte im Ausland, muss der Heimatanbieter Telefonate, SMS und Datenvolumen des Kunden bei ausländischen Anbietern einkaufen. Muss ein Anbieter viele Leistungen in teuren Ländern einkaufen, zahlt er am Ende drauf. Langfristig könnte dies seinen Ruin bedeuten. Das will die Kommission verhindern.

Wann kommt es zu Missbrauch?

Missbrauch der neuen Regelung wird vermutet, sobald die Sim-Karte zu oft im Ausland und zu selten in dem Land eingesetzt wird, in dem die Sim-Karte gekauft wurde oder für das ein Vertrag abgeschlossen wurde. Ein Beispiel: Kauft man eine Karte in Lettland, nutzt diese aber zu 100 Prozent in Deutschland, ist das der EU zufolge kein Roaming, sondern vermutlich Missbrauch. Fällt den Anbietern auf, dass ein Kunde sie womöglich systematisch betrügt, dürfen sie dagegen vorgehen.

Was passiert beim Verdacht auf Betrug?

Im ersten Schritt wird der Kunde um eine Stellungnahme gebeten. Er muss dann glaubhaft nachweisen, dass kein Missbrauch vorliegt. Kann er das nicht, dürfen die Anbieter das bei den nationalen Aufsichtsbehörden melden und gegen den Missbrauch klagen. Gibt die Behörde der Klage statt, darf der Anbieter von seinem Kunden einen Preisaufschlag verlangen. Die Kommission hat vorgeschlagen, für jede Telefonminute vier Cent extra zu berechnen. Für jede SMS soll der Nutzer einen Cent und für jeden Megabyte 0,85 Cent nachzahlen. Da das Verfahren sehr aufwendig ist, dürfte es schwer werden, Missbrauch nachzuweisen.

Wie geht es jetzt weiter?

Zunächst ist dies nur ein Vorschlag der Europäischen Kommission. Ob dieser auch so in Kraft tritt, hängt von Beratungen mit der europäischen Regulierungsbehörde Berec, den EU-Staaten und Mobilfunk-Unternehmen ab. Ein endgültiger Vorschlag muss bis zum 15. Dezember vorliegen, damit die neuen Regeln wie geplant vom 15. Juni 2017 an gelten können. Die Mehrheit der Europa-Abgeordneten der Europäischen Volkspartei sowie der Sozialdemokraten begrüßen die neuen Pläne der Kommission. Damit ist zumindest der breite Widerstand aus dem Parlament gestoppt.

© SZ vom 23.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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