Private Altersvorsorge:Riester- und Rürup-Renten werfen nur mickrige Renditen ab

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Rentenbezieher haben mit den Rürup- und Riesterverträgen schlechte Karten gegen die Inflation. (Foto: imageBROKER / Ute Grabowsky/mauritius images / imageBROKER /)

Eine Studie zeigt: Mit den staatlich geförderten Produkten zur Altersvorsorge lässt sich kaum die Inflation schlagen. Ein Grund sind die Annahmen der Anbieter zur Lebenserwartung der Kunden.

Von Andreas Jalsovec, München

Für den Kampf gegen die Inflation brauchen Riester- und Rürup-Sparer einen sehr langen Atem. Wenn sie mit den Produkten zur staatlich geförderten Altersvorsorge bei der Rendite besser abschneiden wollen als die Teuerung, dann müssen sie mindestens 100 Jahre alt werden. Das ist das Ergebnis einer Studie der Bürgerbewegung Finanzwende.

Der Verein, der sich unter anderem für den Verbraucherschutz im Finanzbereich einsetzt, hat dafür insgesamt 22 Riester- und 89 Rürup-Rentenversicherungen untersucht, die im Herbst 2023 am Markt verfügbar waren. Davon erzielten lediglich zwei Rürup-Produkte eine Rendite von mehr als zwei Prozent. Von den Riester-Rentenversicherungen schaffte keine einzige diese Hürde. "Das ist ein trostloses Ergebnis", sagt Britta Langenberg, Leiterin des Bereichs Verbraucherschutz bei Finanzwende. Derzeit haben rund 10,3 Millionen Deutsche eine Riester-Rentenversicherung, etwa 2,6 Millionen besitzen eine Rürup-Police.

Ziel der Finanzwende-Untersuchung sei es gewesen, den Kundennutzen der Riester- und Rürup-Verträge zu messen, so Langenberg. Einen solchen verlange die Finanzaufsicht Bafin bei Altersvorsorgeprodukten. Zur Messung zog Finanzwende die Renditen heran, die die Rentenversicherungen über die gesamte Laufzeit erzielen - also über die Ansparphase und die Rentenphase hinweg. Einen angemessenen Nutzen für die Kunden habe ein Produkt dann, wenn seine durchschnittliche Rendite über der Teuerung liege. "Die Kunden erwarten bei ihrer privaten Altersvorsorge zumindest einen kleinen Inflationsausgleich", sagt Langenberg.

Ein Nutzen lässt sich nicht feststellen

Als durchschnittliche Inflationsrate setzten die Experten zwei Prozent jährlich an - den Zielwert der Europäischen Zentralbank bei der Teuerung. Selbst dieser eher bescheidene Nutzen lasse sich bei den untersuchten Riester- und Rürup-Produkten jedoch "nicht feststellen", sagt Axel Kleinlein. Der Versicherungsmathematiker und ehemalige Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten hat für Finanzwende die Renditen berechnet. Als Grundlage dafür dienten die Produktinformationsblätter der Anbieter. Sie sind für Riester- und Rürup-Produkte verpflichtend. Kunden finden darin etwa die Kosten des Vertrags und die garantierten monatlichen Rentenleistungen.

Den Berechnungen zufolge erzielen die untersuchten Riester-Verträge über die gesamte Laufzeit Renditen zwischen minus 0,11 und plus 1,83 Prozent jährlich. Bei Rürup-Verträgen liegt die Spanne zwischen 0,31 und 2,87 Prozent. Grund für die mickrigen Erträge seien dabei zum einen hohe Kosten in der Ansparphase für das Altersvermögen. Zum anderen rechneten die Riester- und Rürup-Anbieter während der Rentenzeit mit ungünstigen Annahmen zur Lebenserwartung.

Hintergrund: Damit die Versicherten ihre eingezahlten Beträge wieder heraus bekommen, müssen sie in der Regel ein sehr hohes Alter reichen. Oft sterben die Kunden jedoch früher. Da das angesparte Vermögen bei Riester und Rürup aber in der Regel nicht vererbbar ist, kassieren die Anbieter im Todesfall das restliche Guthaben. Das drückt die Rendite der Verträge deutlich. Selbst wenn daher der Ertrag in der Sparphase bis zum Ruhestand noch ganz ordentlich sei, "verhagelt die Rentenphase das Ergebnis", sagt Britta Langenberg.

"Sicherheit ist teuer erkauft."

Nicht in die Berechnungen einbezogen hat Finanzwende allerdings die staatliche Förderung, die Riester- und Rürup-Sparer während der Ansparphase bekommen. Auch der Steuerabzug während der Rentenzeit sei nicht berücksichtigt, so Mathematiker Kleinlein. Doch selbst wenn man diese beiden Effekte einkalkuliert, schaffen es Riester- und Rürupverträge offenbar nur selten, die Teuerung auszugleichen.

So zeigen Erfahrungen aus der Altersvorsorge-Beratung der Verbraucherzentrale Bayern: Bis zum 85. Lebensjahr erzielen die Produkte nur in Ausnahmefällen Renditen von mehr als einem Prozent. Riester- und Rürup-Verträge hätten daher "keinen angemessenen Kundennutzen gegenüber Sparverträgen ohne Förderung", sagt Merten Larisch, Altersvorsorgerexperte bei der Verbraucherzentrale. Auch er nennt als Gründe dafür die hohe Lebenserwartung, die die Versicherer für die Kunden zugrunde legen - und die verpflichtende, lebenslange Verrentung des angesparten Kapitals.

"Die Sicherheit einer lebenslangen Rente ist für viele Menschen teuer erkauft", sagt Finanzwende-Expertin Langenberg. Es werde daher Zeit, "dass wir klare Anforderungen für staatlich geförderte Rentenverträge festlegen". Dabei müsste das Augenmerk stärker auf den Renditen in der Rentenphase liegen. Das System der Riester- und Rürup-Renten sei aber aus ihrer Sicht "nicht zu retten".

Wie es künftig mit der staatlich geförderten Altersvorsorge weitergeht, ist offen. Die Bundesregierung will sie möglichst noch in diesem Jahr reformieren. Grundlage dafür sollen die Vorschläge sein, die eine Expertengruppe 2023 vorlegte. Demnach soll die Auszahlung des angesparten Guthabens in der Rentenzeit flexibler werden. Wie das genau aussehen wird, ist jedoch noch unklar.

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