Drohende Rezession:Maschinenbauer geben sich demonstrativ gelassen

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Familienunternehmer Karl Haeusgen. (Foto: Christian Kaufmann/oh)
  • Am Dienstag beginnt in Berlin der Deutsche Maschinenbau-Gipfel - und die Lage für die Hersteller ist nicht gerade rosig.
  • Die Produktion sinkt, Firmen halten Investitionen zurück. Trotzdem wollen die Maschinenbauer keine Panik aufkommen lassen.
  • Die einhellige Meinung: So schlimm wie 2008/2009 wird es wohl nicht werden.

Von Elisabeth Dostert

Karl Haeusgen sitzt im Zug nach Berlin. An diesem Dienstag beginnt in der Hauptstadt der Deutsche Maschinenbau-Gipfel, ein wichtiger Branchentreff für die Hersteller von Maschinen und Anlagen. Immer wieder bricht das Telefonat mit ihm ab. "Da sehen Sie es", sagt der Münchner Familienunternehmer. Die "schlechte digitale Infrastruktur" regt ihn auf, nicht zum ersten Mal. Wie viele deutsche Unternehmer und Manager hadert er mit der Bundesregierung: Sie könnte und müsste mehr in die Infrastruktur investieren, wenn Deutschland die Digitalisierung packen und seine Wettbewerbskraft halten will, findet er.

Auf dem Gipfel in Berlin wird das nur eines von vielen Themen sein. Am Vormittag soll Angela Merkel sprechen. Die Bundeskanzlerin ist eine fleißige Besucherin der Hannover Messe, wo die Industrie einmal im Jahr ihre Produkte und Dienstleistungen zeigt. Beim Maschinen-Gipfel war sie in ihrer gesamten Amtszeit bislang nur einmal, das war im Oktober 2008. Wenige Wochen zuvor war die US-Bank Lehman pleitegegangen und die Welt in schwere Turbulenzen geraten. Die Produktion der Maschinen- und Anlagenhersteller brach real um mehr als 20 Prozent ein. "Wirtschaft- und Industriepolitik sind sicher nicht die Leidenschaft der Kanzlerin", sagt Haeusgen, der auch Vizepräsident des Maschinenbauverbandes VDMA ist. "Aber die Wirtschafts- und Finanzkrise, das hat sie damals wirklich gut gemacht." Deutschland sei ohne große soziale Verwerfungen durch die Krise gekommen. "Das ist keinem anderen Land so gelungen."

Nun droht wieder eine Rezession. "Aber so schlimm wie 2008 und 2009 wird es nicht werden", glaubt Haeusgen. Einige Male musste der VDMA seine Prognose bereits korrigieren. Binnen weniger Monate drehte sie um vier Prozentpunkte vom Positiven ins Negative: Im August 2018 ging der Verband für das Jahr 2019 noch von einem Produktionsplus von real zwei Prozent aus. Im April 2019 senkte er die Schätzung auf ein Prozent. Im Juli dann kassierte der Verband seine Prognose erneut. Er rechnet jetzt mit einem Rückgang um zwei Prozent. Auch für 2020 rechnet der Verband mit einem Rückgang dieser Größenordnung.

Auch für Haeusgen und seine Familienfirma Hawe Hydraulik laufen die Geschäfte schlechter als erwartet. Das Unternehmen mit 2470 Mitarbeitern liefert Komponenten für andere Hersteller von Maschinen und Anlagen. Überall, wo schwere Lasten bewegt werden müssen, kommt Hydraulik zum Einsatz. "Anfang des Jahres hatten wir für 2019 mit einem leichten Wachstum gerechnet, nun werden wir wohl auf dem Vorjahresniveau von rund 360 Millionen Euro landen", sagt Haeusgen. Einschließlich eines in diesem Jahr übernommenen Unternehmens werden es dann wohl 420 Millionen Euro werden. Haeusgen klingt gelassen. "Wir hatten jetzt auch zwei, drei gute Jahre." Klingt so, als sei er konjunkturelle Zyklen gewohnt, die normalen Schwankungen der Nachfrage.

"Wenn es nur die Konjunktur wäre, könnten wir im dritten oder vierten Quartal nächsten Jahres schon den Wendpunkt sehen", sagt er, fügt jedoch gleich an: "Es gibt allerdings ein paar Risiken, die zu einer Rezession führen könnten." In der Industrie sei eine deutliche Investitionszurückhaltung zu spüren. Die Autohersteller und ihre Zulieferer seien zutiefst verunsichert. "Die Bundesregierung muss sich schnell für einen Technologiepfad entscheiden." Sich allein auf die E-Mobilität zu fixieren, hält Haeusgen für falsch. Und sollten sich die Handelskonflikte verschärfen, dann könnte sich die Flaute nach Ansicht des Mittelständlers auch noch länger hinziehen.

"Nach vielen Jahren der Hochkonjunktur ist eine solche Abkühlung normal"

Stefan Brandl, Chef des Familienunternehmens EBM-Papst aus Mulfingen im Nordosten Baden-Württembergs, muss ein wenig ausholen. Die Gruppe mit knapp 2,2 Milliarden Euro Umsatz und weltweit 15 000 Beschäftigten stellt Ventilatoren in allen erdenklichen Größen her. Sie stecken in Autos, Kühlgeräten und Rechenzentren. "Die Lage ist sehr differenziert. In manchen Bereichen läuft es sehr, sehr gut, in anderen weniger", erklärt Brandl. Gut laufe das Geschäft mit den Anbietern großer Rechenzentren wie Amazon und deren Zulieferern. Rechenzentren schossen "wie Pilze" aus dem Boden und die brauchten eine geregelte Temperatur, sie müssen gekühlt werden. "Gewisse Unsicherheiten" beobachtet der Firmenchef in der Heiztechnik. Unternehmen warten mit Investitionen ab, weil sie noch nicht wissen, mit welchen Steuererleichterungen zu rechnen sei.

Erhebliche Verwerfungen sieht er durch den Brexit in Großbritannien, dem Brandl zufolge größten Markt für Gasheiztechnik. Den Herstellern von Hausgeräten wie BSH und Miele mache die Konkurrenz aus Asien zu schaffen, auch das spürt die Gruppe. Deutliche Zurückhaltung sieht Brandl bei den Abnehmern im Maschinenbau. Aber auch er bleibt gelassen. "Nach vielen Jahren der Hochkonjunktur ist eine solche Abkühlung normal, auch wenn sie eine gewisse Zeit dauern wird." Jahre mit Wachstumsraten von im Schnitt sieben, acht Prozent seien allerdings vorbei. Für das Geschäftsjahr 2019/2018 rechnet Brandl mit einem Plus von zwei Prozent. Die Lage sei bei weitem nicht so besorgniserregend wie in der Wirtschaftskrise 2008/2009.

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