Reden wir über Geld:"Ich habe durch die Krise zwei Milliarden verloren"

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SAP-Gründer Dietmar Hopp über sein Vermögen, seine Leidenschaft für den Fußballclub TSG Hoffenheim und die Konkurrenz unter Brüdern.

A. Hagelüken und K. Läsker

Als Gründer der Softwarefirma SAP wurde Dietmar Hopp Milliardär. Richtig bekannt ist er aber erst, seit er 175 Millionen Euro in den Amateurverein TSG Hoffenheim steckte - und der auf Platz eins der Fußball-Bundesliga kletterte. Zum Gespräch hat Hopp, 68, in seinen Golfklub eingeladen. Dabei sitzt sein älterer Bruder Rüdiger,70, der "nur mal zuhören will" - aber dann Interessantes zu erzählen hat über das Leben zweier Brüder, die sich ganz unterschiedlich entwickelt haben.

SAP-Gründer Dietmar Hopp (Mitte, eingerahmt von den Spielern der TSG Hoffenheim): "Als Jugendliche war unser Traum ein Luftdruckgewehr, um auf Spatzen zu schießen, die unseren Hühnern das Futter weggefressen haben." (Foto: Foto: dpa)

SZ: Herr Hopp, Sie sind 1940 geboren, wuchsen in den Nachkriegsjahren auf. Welche Rolle spielte Geld?

Dietmar Hopp: Wir hatten nicht viel. Meine Mutter saß jeden Abend am Küchentisch und holte ihr Büchlein raus. Da schrieb sie genau auf, was sie ausgegeben hatte. Wenn das nicht pfenniggenau stimmte, war ihre Laune getrübt.

SZ: Wie viel Taschengeld gab es?

Dietmar Hopp: Gar keines. Ich habe Kohlen ausgetragen, ich habe Alteisen gesammelt. Und Weinbergschnecken. Einmal habe ich zwei Eimer Schnecken in zwei Stunden gesammelt. Da gab es sensationell viel Geld für.

SZ: Was haben Sie damit gemacht?

Dietmar Hopp: Am Automaten gespielt. (lacht)

Rüdiger Hopp: Als Jugendliche war unser Traum ein Luftdruckgewehr, um auf Spatzen zu schießen, die unseren Hühnern das Futter weggefressen haben. Das hat 14 Mark gekostet. Darauf haben wir zwei Jahre lang gespart.

SZ: Heute ist Dietmar Hopp durch die Gründung der Softwarefirma SAP einer der wenigen deutschen Milliardäre geworden. Wie haben Sie das geschafft?

Dietmar Hopp: Man braucht viel Glück und zum richtigen Zeitpunkt die richtige Idee und vollen Einsatz. Wenn ich an die ersten zehn, zwölf Jahre SAP denke, das war schon brutal viel Arbeit. Vor allem die Nachtarbeit war hart. Wir haben tagsüber Software entwickelt und konnten sie nur testen, wenn die Kunden ihre Rechner nicht brauchten. Also nachts. Das alles hat sich auf 80 Stunden die Woche summiert...

Rüdiger Hopp: ...und du hast auch am Wochenende enorm viel gearbeitet.

SZ: Vor der SAP-Gründung waren Sie beide bei IBM. Warum machte sich der eine selbständig und der andere blieb?

Dietmar Hopp: Ich habe ihn eingeladen, SAP mitzugründen. Er wollte nicht.

Rüdiger Hopp: Mir war klar, dass das eine fürchterliche Maloche wird. Dietmar war immer fleißig und sehr belastbar. Ich dagegen bekam Anfälle von Depression wenn ich nur noch arbeiten sollte und musste. Ich wollte lieber ein ausführliches Familienleben mit Feierabend und freiem Wochenende.

SZ: Haben Sie es nie bereut, dass Dietmar so reich geworden ist und Sie nicht? Belastet der Reichtum Ihre Beziehung?

Rüdiger Hopp: Am Ende ist es so, dass Dietmar mehr Geld hatte und ich mehr Zeit. Wir waren schon als Kinder unter-schiedlich. Bereut habe ich meinen Weg nie, ich habe ja gesehen, welchen Preis er gezahlt hat. Außerdem haben wir Brü-der durch die getrennten Jobs unser Leben konfliktfrei zugebracht. Das wäre vielleicht in einer gemeinsamen Firma anders gewesen.

SZ: Wer bezahlt, wenn Sie zusammen essen gehen?

Rüdiger Hopp: Seit ein paar Jahren macht er das. Manchmal drängele ich mich vor und bezahle das Essen.

SZ: Wie groß ist Ihr Vermögen eigentlich noch, Dietmar Hopp? Sie besitzen zehn Prozent der SAP-Aktien, da müssten Sie im letzten Jahr mindestens eine Milliarde Euro verloren haben.

Dietmar Hopp: Die Verluste dürften höher sein, vielleicht zwei Milliarden. Ach, ich weiß es nicht. Aber das Geld ist nicht verloren, ich will die Aktien ja nicht verkaufen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Dietmar Hopp unter Luxus versteht - und wie hoch sein erster Lohn als Fußballspieler bei Hoffenheim in den 60er Jahren war.

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Dietmar Hopp: Ich hatte vor allem früher die Sorge, dass meine Söhne entführt werden könnten. Ich habe extra zwei Leute beschäftigt, die auf die Familie aufpassten. In der Nacht steht auch heute noch immer ein Wachmann vor dem Haus. Das ist schon komisch.

SZ: Trotz der Finanzkrise sind Sie einer der reichsten Männer in Deutschland. Welchen Luxus gönnen Sie sich?

Dietmar Hopp: Mir mangelt es an nichts. Ich habe ein ordentliches Auto (einen silbernen Mercedes mit gepanzerten Scheiben, die Redaktion), Ferienhäuser an der Côte d'Azur und in Florida. Aber eine Yacht brauche ich nicht.

SZ: Aber einen Privat-Jet.

Dietmar Hopp: Stimmt, eine Challenger 300...

SZ: ...die wegen ihrer Größe in Mannheim nicht vollgetankt werden kann...

Dietmar Hopp: ...weil die Startbahn zu kurz ist, okay.

SZ: Was kostet der teuerste Rotwein in Ihrem Keller?

Dietmar Hopp: Hm, das dürfte der Tignanello für 150 Euro sein, nachdem der zehn Jahre alte Petrus jetzt weg ist.

Rüdiger Hopp: Die letzten Flaschen hast du mir zu Weihnachten geschenkt.

SZ: Ein teureres Hobby von Ihnen ist der Fußball-Verein Ihrer Jugend, die TSG Hoffenheim. Noch im Sommer lautete Ihr Saisonziel für den Aufsteiger nur, in der Bundesliga zu bleiben. Inzwischen sind Sie Tabellenführer. Was streben Sie jetzt an?

Dietmar Hopp: Der erste Platz ist eine Momentaufnahme. Wenn mir jemand zusichert, dass wir am Ende Fünfter werden und einen Platz im Uefa-Cup haben - das unterschreibe ich sofort, ohne mehr zu verlangen.

SZ: Würde Ihr ehrgeiziger Trainer Ralf Rangnick das auch unterschreiben?

Hopp: Da bin ich nicht sicher. Aber ich denke schon.

SZ: Sie spielten in den 60er Jahren selbst bei Hoffenheim. Gab es damals Lohn?

Hopp: Ein Bauer spendierte für jedes Tor eine Dose Leberwurst.

SZ: Hätten Sie als Jugendlicher für Schalke gekickt, würden Sie heute wohl Schalke sponsern, in welcher Liga wäre Hoffenheim?

Hopp: In der Kreisliga, wo wir zu meiner Zeit spielten. War ja auch nicht so schlecht.

SZ: Wenn es in Deutschland 18 Dietmar Hopps gäbe und jeder würde den Verein seiner Jugend mit 175 Millionen Euro sponsern wie Sie, würden alle Traditionsclubs mit ihren Hunderttausenden Fans aus der Liga fliegen.

Hopp: Wer würde denn aus der Liga verdrängt? Bayern nicht, Schalke nicht, Dortmund nicht. Warum? Bayern hat 160.000 Mitglieder, Hoffenheim 2000. Maximal die vier Schwächsten würden verdrängt.

SZ: Sie haben so viel Geld in Hoffenheim gesteckt wie noch nie ein Sponsor in Deutschland in einen Verein. Verstehen Sie die Wut der Fans jener Traditionsvereine, die Geldsorgen haben?

Hopp: Nein, es flossen doch nur 25 Millionen Euro in Spielerkäufe. Mehr als 80 Prozent des Geldes geht in Stadien, Trainingszentren und Jugendarbeit. Wer das ignoriert, dem kann ich nicht helfen. Würden 18 Hopps in die Jugendarbeit investieren, hätten wir in fünf Jahren eine bärenstarke Nationalmannschaft.

SZ: Wann sind Sie das letzte Mal im Stadion angepöbelt worden?

Hopp: So richtig knackig bei Dortmund, als ein Fan dieses Transparent hochhielt, auf dem ich in einem Fadenkreuz zu sehen war, als wäre ich ein Schussziel. Das war der widerliche Höhepunkt.

Lesen Sie im dritten Teil, warum die TSG Hoffenheim bald ohne Geld von Dietmar Hopp auskommen soll - und was der SAP-Gründer über den Fall Zumwinkel denkt.

SZ: Fahren Sie zu Auswärtsspielen?

Hopp: Nur, wenn es einen abgeschotteten Bereich gibt. Wenn die Fans "Hopp, du Hure" rufen, ist das eine Sache. Aber ein blaues Auge möchte ich nicht.

SZ: Was passiert mit dem Fußball, wenn die Abramowitschs und Scheichs dieser Welt Clubs mit Geld vollpumpen?

Hopp: Natürlich ist es bizarr, wenn dieser Scheich aus Abu Dhabi den Spieler Kaká für 120 Millionen Euro vom AC Mailand weglocken will. Aber ich halte es mit denen, die sagen, ist doch wunderbar, dann fließt das Geld in den Fußball-Kreislauf. Der AC Milan kauft mit dem Geld woanders ein, andere Vereine profitieren und so wandert das Geld am Ende vom falschen in die richtigen Töpfe.

SZ: Je mehr Geld im Kreislauf ist, desto höher sind die Ansprüche der Spieler. In England ist am meisten Geld im Kreislauf, und da kosten Stadiontickets mehr als 40 Euro - zu teuer für viele Menschen. Droht das auch in Deutschland?

Hopp: Ja, in England sind die Gehälter zu hoch und die Tickets zu teuer - weil den Managern das richtige Augenmaß fehlt. Es gibt Bestrebungen, die Gehälter zu begrenzen. Im Eishockey gab es das schon mal, aber das wurde unterlaufen. Ich halte von Regulierung nicht viel, der Markt wird sich schon regeln. Kann sein, dass jetzt ein paar Vereine in England, Italien oder Spanien Konkurs anmelden.

SZ: Verlieren Sie lieber im Golf gegen Ihren Partner Franz Beckenbauer oder mit Hoffenheim gegen den FC Bayern?

Hopp: Lieber im Golf (lacht).

SZ: Wer Erfolg haben will, muss mit erfolgreichen und selbstbewussten Kräften wie Ihrem Trainer Ralf Rangnick arbeiten. Der sagt: Kein Spieler darf mehr verdienen als ich. Akzeptieren Sie das?

Hopp: Er sollte wissen, dass es auch bei SAP immer mal Leute gab, die ihre Ziele weit übererfüllt haben und dann mehr als der Vorstand verdient haben.

SZ: Was ist die größte Gefahr für Ihren Fußball-Verein?

Hopp: Wenn wir den Erfolg überbewerten und das Erreichte um jeden Preis bewahren wollen, etwa durch den Kauf von Stars. Das können wir uns auf Dauer nicht leisten.

SZ: Im Winter verpflichteten Sie mit Timo Hildebrand den ersten deutschen Nationalspieler. Da haben Sie doch schon den ersten Star gekauft.

Hopp: Timo Hildebrand ist nicht als Star gekommen. Er kommt als jemand, der eine Riesenenttäuschung erlebte bei Valencia. Ich denke, er will mit Hoffenheim zurück in die Nationalmannschaft.

SZ: Sie wollen, dass der Verein spätestens nächste Saison mehr einnimmt als ausgibt und irgendwann ohne Ihr Geld auskommt. Der Trainer ist nicht einverstanden, dass Hoffenheim bald auf eigenen Füßen stehen soll.

Hopp: Na gut, da gibt es durchaus Miss-, äh, unterschiedliche Meinungen. Der Trainer sagt, ich will alle Chancen nutzen, und ich will Hoffenheim auf eigene Beine stellen. Ich denke, dass darin kein Widerspruch liegen muss.

SZ: Ärgern Sie sich über Spitzenmanager, die ihr Geld im Ausland verstecken? Sie haben ja eine Stiftung gegründet und zahlen in Deutschland Steuern.

Hopp: Von dem Herrn, der kürzlich eine Bewährungsstrafe bekommen hat, war ich mehr als überrascht. Mich hat gewundert, wie man so etwas machen kann.

SZ: Sie meinen Klaus Zumwinkel, der für Steuerhinterziehung eine Strafe von zwei Jahren auf Bewährung bekommen hat. Hätten Sie ihn in den Knast geschickt?

Hopp: Das sage ich nicht. Ich frage mich aber, warum man Steffi Grafs Vater Peter, der wahrscheinlich ein bisschen einfacher gestrickt ist als Zumwinkel, vier Jahre ohne Bewährung aufbrummte.

SZ: Graf stammt aus der Region hier.

Hopp: Wir haben ihn in den Golfclub aufgenommen, nach seiner Gefängnisstrafe.

SZ: Eine Resozialisierung auf dem Golfplatz!

Hopp: Wenn Sie wollen, ja.

© SZ vom 06.02.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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