Raumfahrt:Streit um EU-Aufträge

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Zwei Internet-Satelliten der britisch-indischen Firma Oneweb, die von Airbus gebaut werden. Die Europäische Kommission plant gerade ein eigenes Satellitennetz für die Breitbandversorgung. (Foto: dpa)

Kommissar Breton will Start-ups mehr in europäische Raumfahrtprojekte einbinden - vor allem mit Förderprogrammen. Den jungen Unternehmen reicht das nicht.

Von Dieter Sürig, München

EU-Kommissar Thierry Breton will sich dafür einsetzen, dass auch Start-ups von Raumfahrtprojekten der EU profitieren können. In einem Brief an 26 vor allem deutsche Unternehmen und Verbände bekräftigt er, die europäische Raumfahrt vorantreiben zu wollen. "Wir haben in Europa das Talent, die Kreativität, das Engagement vieler Unternehmer sowie Forschungs- und Innovationskapazitäten". Nun gehe es darum, effizienter zu werden und "sich an die neuen Realitäten des New Space anzupassen", so der Binnenmarkt-Kommissar.

Breton antwortet damit auf einen Brief von Ende Februar, in dem die Start-ups ihn dazu aufgefordert hatten, die europäische Raumfahrtpolitik neu auszurichten und gleiche Wettbewerbsbedingungen für junge Firmen zu schaffen. Anlass war eine Machbarkeitsstudie, den die Kommission im Herbst für ein Breitbandinternet-Satellitennetz ausgeschrieben hatte. Bewerber mussten fünf Raumfahrtprogramme mit jeweils 100 Millionen Euro Volumen nachweisen, wodurch Start-ups von vornherein ausgeschlossen waren. Den Zuschlag für die einjährige Studie im Wert von 7,1 Millionen Euro bekam dann ein Konsortium aus Airbus, Arianespace, Eutelsat, Hispasat, OHB, Orange, SES, Telespazio und Thales Alenia Space.

Breton will nun zwar keine zweite Studie in Auftrag geben, wie von den Initiatoren des Briefes erhofft, und geht auch nicht auf niedrigere Hürden für Ausschreibungen ein, doch stellt er zumindest einen "Workshop" für Start-ups in Aussicht, um "eine breitere Gruppe von Akteuren" in den Aufbau eines Breitband-Satellitennetzwerks einzubinden. Außerdem zählt er eine Reihe von Initiativen auf, um Start-ups der Raumfahrtbranche zu fördern, darunter das bereits vorgestellte Milliarden-Programm "Cassini", das die EU gemeinsam mit der Europäischen Investmentbank aufsetzen will.

Der Industrieverband möchte nicht nur klassische Förderung, sondern Ankeraufträge

"Beim angekündigten Milliardenprogramm für Unternehmen geht es um klassische Förderung", sagt Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI, der den Brief initiiert hatte. "Effektive alternative Geschäftsmodelle wie Ankeraufträge für Unternehmen sollten auch betrachtet werden", fordert er. Dies würde die Kommerzialisierung stärken und private Folgeinvestitionen erzeugen. Ein Workshop reicht den Start-ups wohl nicht, da sie beim geplanten Satellitennetzwerk womöglich weiterhin nur eine Nebenrolle spielen. Das wäre dann so, als ob Space-X bei der Entwicklung einer neuen Nasa-Rakete nur als Zulieferer mitmachen dürfte, heißt es.

Walther Pelzer von der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR fordert eine zweite Studie: "Wenn es nur ein Konsortium gibt, dann kann gar kein Wettbewerb stattfinden, der aber für Innovationen nötig ist", sagt er. "Wir brauchen die Marktkraft von großen Unternehmen, aber die Innovation von Start-ups." Aktuelles Beispiel dafür sei, dass der deutsche Covid-Impfstoff von einem Start-up komme, nämlich Biontech. Agenturen sollten also "verstärkt den Service und die Produkte einkaufen und die Verantwortung und Kreativität in die Hände der Unternehmen legen", sagt Pelzer. "Raumfahrt ohne Start-ups ist für mich nicht mehr denkbar", sagt auch der Raumfahrtbeauftragte des Bundes, Thomas Jarzombek (CDU). "Ich finde es superwichtig, dass öffentliche Stellen bei Start-ups einkaufen, um ihnen in den Markt zu helfen." Zumal Space-X und andere Start-ups die größten Innovationstreiber in der Raumfahrt seien.

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