Pro #DeleteFacebook:Weg mit dem Daten-Kleptomanen

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Facebook und Google wissen verdammt viel über ihre Nutzer. Dieser Datenschatz in den Händen weniger Konzerne macht vielen Menschen Angst. (Foto: REUTERS)

Unser Autor hat sein Facebook-Konto gelöscht - und fordert alle anderen auf, es ihm nachzumachen.

Kommentar von Sebastian Beck

Am Freitagabend war Schluss. Ein kleiner Abschiedspost noch an die Mitbewohner der eigenen Filterblase, dann ging die fünfjährige Beziehung mit einem Klick auf "Konto löschen" zu Ende. Der Facebook-User Sebastian Beck hat aufgehört zu existieren, auch wenn seine Daten noch auf allen möglichen Servern liegen.

Es ist ein seltsames Gefühl, wenn man Ernst macht und sich aus der digitalen Großfamilie verabschiedet. Schließlich war es durchaus nett, zu erfahren, dass die Cousine in den USA den Mann fürs Leben gefunden hat. Oder das Video mit der vergebenen Großchance in der dritten serbischen Fußballliga: grandios! Andererseits kann man gut auf all die Hunde- und Katzenfotos verzichten oder auf Bilder vom Landrat, wie er mit seinen Kindern unterm Christbaum sitzt.

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:Der blaue Riese wankt

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Von Simon Hurtz

Abgesehen von der Flut an Belanglosigkeiten, mit der sich Facebook-User täglich überschütten, gibt es auch ein paar ernste Gründe dafür, sich jetzt aus dem Netzwerk zu verabschieden. Der Skandal um Cambridge Analytica hat einmal mehr deutlich gemacht, dass Facebook eine Macht erlangt hat, die Demokratien gefährden kann. In der Bundesrepublik wurde der öffentlich-rechtliche Rundfunk gegründet, weil nach der Erfahrung des Nationalsozialismus die Gesellschaft die Kontrolle über ihre wichtigsten Kommunikationskanäle behalten sollte. Bei all der berechtigten Kritik an den Sendern wird das gern mal vergessen.

Inzwischen hat Facebook als Plattform anderen Medien den Rang abgelaufen, eine demokratische Kontrolle wie bei ARD oder ZDF findet aber nicht statt. Im Gegenteil: Facebook kontrolliert seine Nutzer, indem der Konzern unablässig deren Daten sammelt und für kommerzielle Zwecke nutzt. Nur darum geht es im Kern bei Facebook.

Skandalös ist, wie die Politik Facebooks Treiben zuschaut

Vor 20 Jahren hätte sich niemand träumen lassen, dass sich inzwischen zwei Milliarden Menschen einer einzigen Firma ausliefern. Um eine Ahnung davon zu bekommen, was Facebook alles weiß, muss man sich nur in den Kontoeinstellungen zu jener Liste durchklicken, auf der die persönlichen Interessen aufgeführt werden - wie sie das Unternehmen aus den Posts herausgefiltert hat.

Nun kann man der Meinung sein, dass nichts Schlimmes daran sei, wenn Bergsteiger Werbung für Rucksäcke in die Timeline eingespielt bekommen oder Fotografen Werbung für Kameras. Nur gibt es weder einen Knopf, um das Stalking auszuschalten, noch gibt es ein "Facebook Plus", bei man gegen eine Monatsgebühr von der Überwachung und der Werbung verschont bleiben könnte.

Das eigentlich Skandalöse aber ist, wie die Politik dem Treiben von Facebook zuschaut. Erst langsam beginnen User und Regierungen zu begreifen, dass Facebook die Freiheit nicht fördert, sondern bedroht. Ja, Facebook führt Menschen zusammen, aber im gleichen Maße spaltet es Gesellschaften. Die Plattform ist der kulturelle Schrottplatz des 21. Jahrhunderts. Fakten zählen wenig, aber umso mehr Gefühle, und hier vor allem Wut und Angst. Gerade deshalb bemächtigen sich auf der ganzen Welt gern Extremisten und Spinner des Netzwerks, für Mäßigung und Abwägen bleibt in den Kommentarspalten wenig Platz.

Facebook muss einstweilen ohne den User Beck auskommen

Wahrscheinlich ist es naiv zu fordern, dass Facebook vergesellschaftet wird. Es muss aber Schluss damit sein, dass allein die Zentrale in den USA bestimmt, welche Daten sie von ihren Nutzern sammelt. Darüber müssen demokratisch legitimierte Gremien wachen. Das gilt auch für Google, einen Konzern, der das Wissen der Welt ebenfalls nach sehr eigennützigen Regeln filtert. Warum sollte man Google nicht eine gemeinnützige Suchmaschine entgegenstellen?

Facebook muss einstweilen ohne den User Beck auskommen, es wäre schön, wenn auch andere sich von Zuckerbergs Daten-Kleptomanen verabschieden würden, bis sich was geändert hat. Im Internet gibt es noch genügend Plattformen zur Selbstdarstellung, die nicht ganz so schamlos mit ihren Kunden verfahren.

© SZ vom 27.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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