Polen:Deutsche Banken wehren sich gegen Warschau

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Banken-Skyline in Frankfurt (Foto: dpa)
  • Sechs Chefs großer deutscher Banken wenden sich in einem Schreiben an EU-Kommissare: Ein geplantes polnisches Gesetz verstoße gegen EU-Recht.
  • Der Warschauer Entwurf sieht einen staatlichen Fonds vor, in den die Banken einzahlen sollen, um Bürger zu entschädigen, die sich verzockt haben.
  • Die Geldhäuser, zu denen die Deutsche Bank und die Commerzbank zähen, wollen verhindern, dass ihnen Kosten aufgebürdet werden.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Die Verfasser des Briefes verzichten auf die übliche Grußfloskel, sie kommen lieber gleich zur Sache: "Das vorgeschlagene Gesetz würde gegen die Grundprinzipien des EU-Rechts verstoßen." Und damit nicht genug: Sollten die geplanten Vorschriften tatsächlich in Kraft treten, werde dies "erhebliche negative Auswirkungen auf den Bankensektor in Polen haben". Unter den Unterzeichnern finden sich sechs Chefs großer Geldhäuser, darunter die Vorstandsvorsitzenden von Deutscher Bank und Commerzbank.

Sie alle fordern in ihrem Schreiben an gleich drei EU-Kommissare, dass Brüssel sich ihrer Sorgen annimmt und die polnische Regierung auf die Konsequenzen ihres Handelns hinweist. Konkret geht es um einen staatlichen Fonds, in den die Banken einzahlen sollen, um Bürgern zu helfen, die sich mit Fremdwährungskrediten verzockt haben. Die Banken sind fest entschlossen, sich dagegen zu wehren. Sie wollen unbedingt verhindern, dass Warschau ihnen Kosten aufbürdet, für die sie sich nicht verantwortlich sehen.

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Polens regierende Nationalisten von der Partei Recht und Gerechtigkeit (Pis) sind da anderer Meinung. Sie wollen all jenen Eigenheimbesitzern helfen, die Hypotheken in Fremdwährungen, vor allem Schweizer Franken, aufgenommen haben. Tausende Kreditnehmer gerieten in eine finanzielle Notlage, als die Schweizer Notenbank den Franken im Jahr 2015 schlagartig aufwertete. Der Wechselkurs zum polnischen Zloty änderte sich daraufhin so stark, dass viele ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten.

Seitdem wollen die Pis und Präsident Andrzej Duda die in Polen tätigen Banken dazu verpflichten, den Kreditnehmern zu helfen. Nun liegt ein Gesetzesvorschlag auf dem Tisch. Demnach sollen Banken in jedem Quartal 0,5 Prozent des Wertes ihrer Fremdwährungshypotheken in einen Fonds einzahlen. Mit dem Geldtopf, angestrebt sind knapp 740 Millionen Euro, sollen die Kredite in Zloty umwandelt werden. Die Bankchefs schreiben in ihrem Brief von "einem sehr komplexen System". Änderungen an dem Gesetzesentwurf seien "ohne Konsultationsverfahren im Parlament eingebracht worden". Auch die Europäische Zentralbank sei nicht eingebunden gewesen. Der Finanzausschuss des Parlaments will an diesem Mittwoch darüber beraten. Die EU-Kommission bestätigte auf Anfrage, dass sie den Brief der Banker erhalten hat. Die Behörde prüft das Vorhaben, äußert sich aber grundsätzlich nicht zu Gesetzesentwürfen.

Viele Bürger verzockten sich mit Fremdwährungskrediten. Der Präsident will ihnen helfen

Die von dem Vorhaben betroffenen Banken sehen die Rechtssicherheit für Unternehmen in Polen in Gefahr. Die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit müsse gewährleistet sein, heißt es in dem Brief, "um ein investitionsfreundliches Unternehmensumfeld zu fördern". De facto ist das nichts anderes als eine Drohung an die Adresse der polnischen Regierung: Sollte sie das Gesetz verabschieden, dürften sich ausländische Investoren von Polen abwenden.

Ein ganz ähnliches Argument bekommt Polen im Streit über den nächsten EU-Haushalt zu hören. Deutschland und andere Mitgliedstaaten wollen die Vergabe von Fördermitteln künftig an das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit knüpfen. Die EU-Kommission leitete 2017 ein bis dahin beispielloses Strafverfahren gegen Polen ein, das zum Entzug von Stimmrechten auf EU-Ebene führen kann. Dazu wäre aber ein einstimmiger Beschluss der Mitgliedstaaten notwendig. Dessen Blockade hat Polens Verbündeter Ungarn durch sein Veto schon angekündigt, gegen das seit September nun gleichfalls ein solches Strafverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags läuft.

Auch in Sachen Fremdwährungskrediten gibt es so etwas wie eine Verbindung zwischen Warschau und Budapest. Als die ungarische Regierung im Zuge der Weltfinanzkrise Kunden entschädigen ließ, die sich mit solchen Darlehen verspekuliert hatten, kostete das auch die Bayern-LB viel Geld. Die Münchner Bank hatte damals mit MKB eine Tochtergesellschaft in Ungarn.

© SZ vom 20.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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