Abfallexporte:Bundesregierung will internationales Exportverbot für unsortierten Plastikmüll

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Ein Mann sucht in einem Berg aus Plastikmüll an der Küste des Arabischen Meeres im indischen Mumbai nach wiederverwertbaren Materialien. (Foto: Rafiq Maqbool/dpa)
  • Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) strebt ein Exportverbot für Plastikmüll an, der so stark verschmutzt ist, dass er sich kaum noch recyceln lässt.
  • Deutschland schließt sich damit Norwegen an: Das Land will per Umweltabkommen verhindern, dass verunreinigter Kunststoffabfall in Nicht-OECD-Länder gelangt.
  • Von Montag an tagen in Genf die Vertragsparteien des Basler Übereinkommens, das die Entsorgung und den Export gefährlicher Abfälle regelt.

Von Vivien Timmler

Es hat ein bisschen gedauert, aber nun schließt sich auch die Bundesregierung dem Vorstoß Norwegens an: Deutschland fordert ein internationales Verbot für den Export stark verschmutzter Plastikabfälle. Grund dafür sind Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) zufolge die anhaltenden Berichte über die Umweltverschmutzung durch Plastikabfälle in vielen Ländern Südostasiens.

Recherchen verschiedener Umweltorganisationen, aber auch der Süddeutschen Zeitung, haben gezeigt, was mit dem exportierten Plastikmüll aus den USA, Japan oder Deutschland in Ländern wie Malaysia, Vietnam oder Thailand geschieht. Nicht immer wird er von legalen Importeuren ins Land gebracht, teils gelangt er auf illegalen Wegen in die Dörfer - und was von den Firmen vor Ort nicht recycelt werden kann, bleibt einfach in der Gegend liegen. In Malaysia beispielsweise brannten über Monate immer wieder Berge von Plastikmüll unter freiem Himmel, der Gestank von verkohltem Kunststoff lag in der Luft, und neben den Menschen litt auch die Natur unter den verdreckten Böden und Gewässern.

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Die Bundesregierung will das künftig verhindern. Europa sei in der Verantwortung, seinen Plastikmüll selbst zu sortieren und möglichst auch selbst zu recyceln, so Schulze. "Dass Plastikabfälle aus Deutschland in Staaten wie Malaysia die Umwelt verschmutzen, ist zwar sicher nicht die Regel, aber wenn es doch passiert, ein unerträglicher Zustand", sagte Schulze. Was sie jedoch verkennt: Allein nach Malaysia hat Deutschland im vergangenen Jahr mehr als 100 000 Tonnen Plastikmüll verschifft, hinzu kommen tonnenweise Exporte nach Indonesien, Thailand und Vietnam. Das mag für Deutschland nur etwa ein Zehntel des gesamten Plastikmüllaufkommens sein, für die Zielländer bedeutet diese Menge jedoch eine gewaltige Belastung.

Der Bundesregierung zufolge stammt dieser Müll überwiegend aus Gewerbe und Industrie, Recherchen vor Ort haben jedoch gezeigt, dass häufig auch Haushaltsmüll darunter ist. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums ist eine flächendeckende Kontrolle nicht möglich, sodass illegale Exporte nicht auszuschließen seien: "Möglicherweise gibt es Exporteure, die sich auf diese Weise ihrer Kunststoffabfälle entledigen, weil es sich zum Beispiel um Gemische handelt, die in Deutschland schwer zu recyceln sind, oder die illegale Entsorgung oder die Entsorgung im Ausland schlicht billiger ist", sagt Schulze.

Der Export von Plastikmüll ist prinzipiell erst einmal erlaubt: Müll ist ein international gehandeltes Wirtschaftsgut - und bei hoher Qualität viel wert: Nach Angaben der Bundesregierung wird sortenreiner Kunststoffabfall derzeit mit Marktpreisen von mehr als 700 Euro je Tonne gehandelt. Viele Firmen auf der ganzen Welt kaufen diesen Müll anderer Länder also auf und verarbeiten ihn weiter. So entstehen aus altem, eingeschmolzenem Plastik beispielsweise sogenannte "Pellets", die wiederum nach China exportiert werden, wo Firmen sie wiederum einschmelzen und daraus neue Plastikprodukte fertigen.

Allerdings sind jene Plastikabfälle, die die Industrieländer exportieren, häufig so stark verunreinigt, dass sie nicht ohne Weiteres recycelt oder anderweitig weiterverarbeitet werden können. Aus diesem Grund hat China Anfang 2018 den Import von stark verschmutzen Plastikabfällen gestoppt. Abnehmer finden sich meist jedoch trotzdem, weil die Firmen hoffen, immerhin einen Teil der Kunststoffe gewinnbringend weiterverarbeiten zu können. Der Rest landet jedoch häufig in der Natur. Eine Lösung wäre es, den Plastikmüll vor dem Export stärker zu kontrollieren, etwa darauf, wie verunreinigt er ist und ob er sich wirklich zur Weiterverarbeitung eignet. Diese Kontrollen geschehen bislang jedoch selten bis kaum.

Kunststoffabfälle gelten als "ungefährlicher Müll"

Der Grund: Bislang sind Kunststoffabfälle weltweit als "ungefährlicher Müll" deklariert, der nach EU-Recht und internationalen Beschlüssen frei gehandelt werden darf. Norwegen will das ändern, nun unterstützt durch die deutsche Bundesregierung: Das Land hat den Vorschlag gemacht, gemischten oder verunreinigten Plastikmüll zur Gruppe von Abfällen zu zählen, die besonderer Prüfung bedürfen. Aufgrund der in der EU geltenden Abfallverbringungsordnung würde das einem Exportverbot solcher Abfälle in Nicht-OECD-Länder gleichkommen - auch für Deutschland.

Der Vorschlag wird ab Montag bei der Tagung der Vertragsparteien des Basler Übereinkommens diskutiert werden: Sie beraten zwei Wochen lang unter anderem darüber, wie die Vermüllung der Meere gestoppt werden kann. Das internationale Umweltabkommen regelt die Entsorgung und den Export gefährlicher Abfälle. 187 Nationen, darunter auch Deutschland, haben sich darin verpflichtet, beim Handel mit gefährlichen Abfällen gewisse Regeln einzuhalten. Eine davon besagt, dass die Herkunftsländer sicherstellen müssen, dass ihr Müll im Zielland weder die Gesundheit von Menschen noch die Umwelt gefährdet. Wenn das nicht möglich ist, muss ein Abfall-Export in das Land reguliert oder sogar untersagt werden.

Bei den Verhandlungen in Genf will sich Deutschland der Umweltministerin zufolge zudem für einen Appell einsetzen, national die Vermeidung von Kunststoffabfällen voranzubringen. Denn Plastikmüll, der nicht entsteht, kann auch nicht exportiert werden.

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