Papadimos legt Sparpaket vor:Griechenlands Zukunft hängt an 50 Seiten Papier

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Wann gibt es endlich Fortschritte bei den Verhandlungen innerhalb der griechischen Regierung? Eine 50-seitige Streichliste liegt vor. Schon mehrfach hieß es, das Sparpaket von Premier Papadimos stehe kurz vor dem Abschluss, doch das Treffen der drei Parteichefs wird immer wieder verschoben. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hält unterdessen die Pleite Griechenlands für verkraftbar.

Die Hoffnungen von Lukas Papadimos ruhen auf 50 Seiten Papier. Es ist eine Streichliste - Lohnkürzungen im privaten Sektor, Einschnitte bei den Subventionen für Medikamente, Kappung von Zuschüssen für Städte und Gemeinden, dazu weniger Rüstungsausgaben und jedes Jahr 15.000 Entlassungen im öffentlichen Dienst.

Und der griechische Regierungschef erwartet, dass aus seinen Hoffnungen jetzt endlich konkrete Beschlüsse werden: Noch an diesem Mittwoch will er sich mit den Chefs der drei Regierungsparteien treffen, um eine Einigung über sein Sparpaket zu erzielen.

Ein ursprünglich für zwölf Uhr am Mittag geplantes Treffen wurde allerdings mehrfach verschoben, um den Beteiligten mehr Zeit zur Prüfung der Vorschläge zu geben. So forderte die Rechtspartei Laos Bedenkzeit, bis der englische Text auf Griechisch vorliegt. Zuletzt hieß es, die drei Politiker wollten sich um 16 Uhr mit dem Regierungschef zusammensetzen.

Es hakt an den "Feinheiten"

Ursprünglich war das Treffen der Parteichefs schon für Dienstagabend geplant. Nach Angaben einer Sprecherin von Papadimos' Büro mussten aber noch "Feinheiten" des Sparprogramms mit den Kontrolleuren der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds abgestimmt werden.

Die Billigung durch die drei Regierungsparteien ist Voraussetzung, damit die Regierung das Sparprogramm offiziell beschließen und ins Parlament einbringen kann. Dort ist die Abstimmung voraussichtlich für diesen Sonntag vorgesehen. Die neuen Sparanstrengungen sollen die Forderungen der internationalen Geldgeber erfüllen und sind Voraussetzung für das neue 130 Milliarden Euro schwere Hilfspaket, das das hochverschuldete Land vor einer Pleite bewahren soll.

Papadimos, ein parteiloser Finanzexperte, ist dabei auf eine breite innenpolitische Unterstützung angewiesen. Wiederholt hatte sich etwa die konservative Partei Nea Demokratia gegen weitere Sparpläne gesperrt. Auch in der Bevölkerung gibt es massiven Widerstand: Tausende Griechen traten am Dienstag in einen 24-Stunden-Streik und in Athen demonstrierten nach Schätzungen der Polizei etwa 10.000 Menschen bei strömendem Regen gegen die massiven Sparpläne.

Bundeskanzlerin Angela Merkel jedenfalls hält es - trotz aller Verzögerungen - für möglich, dass die Verhandlungen über neue Sparanstrengungen Athens bis Donnerstagabend abgeschlossen sind. Es sei denkbar, dass ein Bericht der internationalen Finanzkontrolleure - Voraussetzung für weitere 130 Milliarden Euro - bis dahin fertig sei. Ohne neue Hilfen wäre Griechenland bis Ende März pleite.

Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zeigte sich am Dienstag zuversichtlich. "Ich glaube, dass wir einer Einigung sehr nahe sind", sagte er in Brüssel. Am Abend sprach sich Merkel erneut gegen einen Euro-Austritt Griechenlands aus. "Ich will, dass Griechenland den Euro behält. Ich werde mich nicht daran beteiligen, Griechenland aus dem Euro rauszudrängen. Das hätte unabsehbare Folgen", sagte Merkel vor Studenten bei einer Veranstaltung in Berlin. Griechenland habe wesentlich größere Chancen, als es sie heute wahrnehme.

Brüderle hält Griechenland-Pleite für verkraftbar

Dennoch werden vermehrt Stimmen laut, die einen Austritt Griechenlands aus dem Euro für möglich oder sogar sinnvoll halten. So sagte die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Neelie Kroes, am Dienstag, ein Austritt wäre "kein Weltuntergang", auch die griechische EU-Kommissarin Maria Damanaki sagte, dass in ihrem Heimatland über die Möglichkeit eines Austritts diskutiert werde.

Auch die Möglichkeit einer Pleite des Landes wird immer mehr in Erwägung gezogen: Aus Kreisen der Troika hieß es, dass Griechenland die gefassten Beschlüsse höchstwahrscheinlich nicht umsetzen könne. Und FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hält eine Insolvenz des Landes für beherrschbar: "Wir sind gewappnet", sagte Brüderle in Berlin.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/dapd/Reuters/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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