Verhandlungen über Rettung des Krisenstaats:Griechenlands Geldgeber verlieren Geduld

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Europas Politiker und Vertreter der Banken ringen mit der griechischen Regierung um einen Schuldenschnitt und neue Finanzhilfen. Bis zum Abend will das Krisenland Ergebnisse vorweisen können. Denn die Geldgeber verlieren die Geduld. Ihre Kritik an schleppenden Reformen in Griechenland wird immer schärfer, die Rettungs-Vorschläge immer kreativer.

Die Verhandlungen der griechischen Regierung mit ihren privaten Gläubigern kommen nach Aussage des französischen Finanzministers Francois Baroin "relativ gut" voran. Die Regierung in Paris hoffe weiterhin, dass am Ende eine Reduzierung des griechischen Schuldenbergs auf etwa 120 Prozent der Wirtschaftsleistung bis 2020 erreicht werde, sagte Baroin im französischen Rundfunk.

Die Gespräche Griechenlands mit den verschiedenen Gläubigergruppen seien aber weiterhin kompliziert. "Es gibt große Schwierigkeiten, aber es gibt auch keine Sackgassen", sagte ein hoher Funktionär, der an den Verhandlungen teilnimmt, der Nachrichtenagentur dpa.

Über Griechenlands Zukunft laufen derzeit Gespräche auf zwei Ebenen: Zum einen verhandelt die Regierung in Athen mit ihren öffentlichen Geldgebern der sogenannten Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds über die Bedingungen für ein zweites Hilfspaket im Umfang von voraussichtlich 130 Milliarden Euro. Zum anderen feilt sie mit ihren privaten Gläubigern an den letzten Details eines in Grundzügen bereits vereinbarten Anleihentauschs, mit dem die Schuldenlast um 100 Milliarden Euro verringert werden soll.

In Deutschland und Europa schwindet allerdings die Geduld mit dem Euro-Sorgenkind. Hochrangige Politiker forderten am Wochenende weitere Reformanstrengungen von Athen und warnten vor einer katastrophalen Entwicklung in dem Land. Denn die bisherige Bilanz der Griechen bei der Umsetzung der zugesagten Reformen fällt offenbar ernüchternd aus. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker schließt mittlerweile eine Staatspleite Griechenlands nicht mehr aus.

Der griechische Ministerpräsident Lukas Papademos hatte am Samstag angekündigt, er wolle sich an diesem Sonntag mit den Chefs der wichtigsten Parteien treffen, um ihre Unterstützung für den weiteren Reform- und Sparkurs zu sichern.

"Auf Messers Schneide"

Eine Garantie, dass die Reformen auch nach der für April angesetzten Parlamentswahl umgesetzt werden, gilt als Bedingung der Euro-Partner für ein zweites Rettungspaket. Finanzminister Evangelos Venizelos erklärte, eine Einigung müsse bis Sonntagnacht stehen. Das Schicksal seines Landes stehe "auf Messers Schneide". Das ursprünglich für Montag geplante Sondertreffen der Euro-Finanzminister zur Rettung Griechenlands wurde nach Angaben von Venizelos auf Mittwoch verschoben.

Der scheidende Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, wollte am Wochenende selbst nach Athen reisen, um die Gespräche fortzusetzen. Er warnte eindringlich vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone. Das Schicksal Europas stehe auf dem Spiel und Griechenland habe dabei eine sehr wichtige Rolle inne. Das Problem Griechenland müsse gelöst werden, denn wenn das Land pleitegehe, öffne man "eine neue Büchse der Pandora", erklärte Ackermann, der als Chef des internationalen Bankenverbands (IIF) die privaten Gläubiger bei den Verhandlungen mit der griechischen Regierung vertritt.

Martin Schulz (SPD), Präsident des Europäischen Parlaments, mahnte, ein Zusammenbruch Griechenlands würde das Bankensystem in Europa in seinen Grundfesten erschüttern. "Und davon wären auch deutsche Banken massiv betroffen", sagte er der Zeitschrift Super Illu. Auch der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) warnte vor einer tief greifenden Erosion oder sogar einem "Kollaps" des europäischen Währungssystems. Verbunden damit wäre eine sicherlich nicht gewollte "politische Renationalisierung".

Italiens Ministerpräsident Mario Monti befürchtet im Fall einer Staatspleite Griechenlands Kollateralschäden für das restliche Europa und rief zu mehr Zusammenhalt beim Kampf gegen die Schuldenkrise auf. Die Krise bringe alte Missverständnisse und Vorurteile zurück. Das sei extrem gefährlich, langfristig gesehen sogar gefährlicher als die Krise an sich.

Der ehemalige Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel, beklagte im Nachrichtenmagazin Focus, es gebe immer öfter "Zwist und Zwietracht innerhalb der Eurozone und eine ständige Verbreiterung des Grabens zwischen Euro- und Nicht-Euro-Ländern". Der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Peter Altmaier, beklagte, es gebe viele "Erklärungen des guten Willens", nach wie vor seien aber "nur wenige Reformen unter Dach und Fach".

Seine Fraktion werde "Griechenland nicht aus der Verantwortung entlassen", sagte der CDU-Politiker dem Tagesspiegel. Das zweite Hilfspaket werde es nur dann geben können, wenn von griechischer Seite der Nachweis der "absoluten Ernsthaftigkeit" geführt werde. Die Griechen müssten wissen: "Es gibt auch einen Moment, wo die Geduld knapp wird."

Zentrales Problem in den Verhandlungen über weitere Hilfen für Griechenland seien die von den Experten der Geldgeber geforderten Kürzungen der Löhne auch im privaten Bereich, die bis zu 25 Prozent weniger Einkommen für die Arbeitnehmer bedeuten könnten. Dies würde der Ansicht Athens nach erst recht zum völligen Abwürgen der griechischen Wirtschaft führen.

Weltbank-Präsident Robert Zoellick machte in der Diskussion deutlich, dass es nicht nur um Haushaltsdisziplin und Strukturreformen geht. "Das ist sehr schwer ohne Wachstum", sagte er.

Zudem fordere die aus Experten der EU, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) zusammengesetzte Troika die Minderung des Mindestlons sowie massive Entlassungen im staatlichen Bereich.

Deutsche Subventionen für griechische Solarindustrie?

Vielleicht helfen bald deutsche Stromkunden der Wirtschaft des hochverschuldeten, aber sonnigen Landes: Einem Bericht des Spiegel zufolge könnten sie künftig die Solarbranche in Griechenland subventionieren. Hintergrund sei ein EU-Plan, der derzeit von der Bundesregierung geprüft werde, heißt es in dem Bericht. Bisher nutze das Land bei der Energieerzeugung die erneuerbaren Energien wenig.

Demnach soll die in Deutschland geltende gesetzliche Förderung erneuerbarer Energien auch für griechische Unternehmen geöffnet werden, die Strom ins europäische Elektrizitätsnetz leiten. So sollen Anreize für Investitionen in griechische Solarparks oder Windkraftanlagen geschaffen werden. Zusätzlich solle es für Ökostrom-Investitionen in Griechenland Hilfen der bundeseigenen Staatsbank KfW geben.

Das Wirtschaftsministerium wies den Bericht zurück. "Die Bundesregierung lehnt eine Ausweitung der EEG-Förderung auf erneuerbaren Strom ab, der im Ausland produziert wird", sagte ein Sprecher von Wirtschafsminister Philipp Rösler am Sonntag.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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