So ein Präsident des Bundesrechnungshofes hat eine ziemlich klar umrissene Aufgabe. Er muss darauf achten, dass der Bund das Geld an den richtigen Stellen einnimmt und dass er es nicht an den falschen Stellen wieder rausschmeißt. Beim Verkehr hat der Behördenchef in beiderlei Hinsicht Bauchschmerzen. Und das völlig zu Recht.
Deutschland steuert auf einen Kollaps zu. Die Autos werden nicht nur größer, sondern auch mehr. Der Zuwachs im Güterverkehr spielt sich zum großen Teil auf den Straßen ab, nicht auf der Schiene. Der wachsende europäische Transit kommt obendrauf. Die Autobahnen können gar nicht so schnell wachsen wie der Verkehr, und sie sollten es auch nicht. Es wird zunehmend darauf ankommen, die Entwicklung zu steuern - am Kollaps vorbei.
Der Staat kann lenken, indem er Nützliches vergünstigt
Insofern ist es verständlich, wenn Kay Scheller, derzeit Präsident des Rechnungshofes, der Pkw-Maut nachtrauert. Klug gemacht, könnte so eine Maut tatsächlich steuern. Sie könnte Straßenverkehr verteuern und so Alternativen stärken. Allerdings bräuchte es dazu eine andere Version als die Flatrate-Maut für Inländer, die gerade vor dem Europäischen Gerichtshof gescheitert ist. Nötig wäre eine intelligente Bepreisung, die sich am Prinzip jeder funktionierenden Marktwirtschaft orientiert: Wird ein Gut knapp, dann wird es auch teurer. Nur ist das knappe Gut eben in diesem Fall der Straßenraum.
Technisch ist das in einer Zeit, in der das Smartphone auf wundersame Weise jede Verkehrsstörung in Echtzeit anzeigen kann, kein Problem mehr. In den Stoßzeiten würde es damit teurer, Ballungsräume zu durchfahren. Pendler, die den morgendlichen Stau schon in ihre Anfahrtszeit einkalkuliert haben, würden sich doppelt überlegen, ob das noch so viel Sinn macht. Es gäbe mehr Anreiz, auf die gute alte Fahrgemeinschaft zurückzugreifen oder auf den öffentlichen Nahverkehr. Dem Leben in den Ballungsräumen würde das gewiss nicht schaden.
Das allerdings verlangt einen ganz neuen Angang, jenseits der gescheiterten Mautpläne. So schmerzlich es ist, wenn nun Steuergeld in den Sand gesetzt ist - eine kluge Bepreisung knappen Straßenraumes hätte sich aus diesem Vignetten-Konzept kaum schmieden lassen. Da ist die bestehende Lkw-Maut mit ihrer kilometergenauen Abrechnung viel näher dran.
Und dann ist es, auch da hat der Rechnungshof recht, mit der Einnahmenseite längst nicht getan. Der Staat kann nicht nur lenken, in dem er Schädliches verteuert. Er kann auch Nützliches vergünstigen. Leider geschieht allzu oft das Gegenteil. Etwa beim Dienstwagen-Privileg, das nach wie vor Anreize zur Anschaffung besonders großer Autos setzt; beim Diesel-Privileg, von dem längst nicht mehr nur Berufskraftfahrer profitieren; und letztlich auch mit der Mineralölsteuer, die hierzulande mittlerweile viel niedriger ist als in vielen westeuropäischen Nachbarländern. Auch die rot-grüne Ökosteuer ist längst von der Inflation aufgezehrt.
Der CO2-Preis ist richtig, aber keine Wunderwaffe
Bei der Bahn dagegen, der besten Alternative für einen umweltfreundlichen Transport, floss in der Vergangenheit viel Steuergeld in ICE-Prestigeprojekte wie jenes zwischen München und Berlin. Für die Attraktivität anderer Strecken und mehr Verbindungen, für einen schnellen, reibungslosen Güterumschlag aber fehlte dieses Geld. So landen Menschen und Güter dann doch wieder auf den Straßen - oft mangels Alternativen. In keinem anderen Bereich ist die deutsche Klimabilanz so miserabel wie im Verkehr.
Folgerichtig gilt auch hier ein Preis auf Kohlendioxid als taugliche Antwort. Das ist auch richtig, eine Wunderwaffe aber ist der CO₂-Preis nicht: Er wirkt zwar wie eine Anhebung der Mineralölsteuer, wird aber die wachsenden Verkehrsprobleme alleine nicht beheben können. Gerade deshalb ist es so wichtig, die verschiedenen Instrumente zusammen zu diskutieren: Die Abschaffung falscher Anreize ebenso wie eine Maut, die Verkehrsströme lenken kann. Und auch der Verkehr in den Städten gehört dazu, von der Einführung einer City-Maut in den Metropolen bis hin zu der Frage, wie viel der knappe Platz in den Städten kosten muss: Gemessen an den Baulandpreisen in der Stadt gibt es den öffentlichen Parkraum vielerorts immer noch zum Spottpreis.
Letztlich geht es um nicht weniger als um Lebensqualität: Sowohl für diejenigen, die mobil sein wollen und viel zu oft feststecken, als auch für jene, die diese Mobilität entlang der Straßen ertragen müssen. Und was wäre schöner als eine Verkehrspolitik, die am Ende sogar neue Spielräume schafft - für mehr Investitionen in umweltfreundliche, zuverlässige Mobilität. Ganz ohne Kollaps.