Einer der Running Gags, den jeder bei Twitter angemeldete Internet-Nutzer weitererzählen kann, funktioniert mit abgewandelten Filmtiteln. "Jäger des verlorenen Anrufs", "Reiche pflastern seinen Weg", "Einer flog übers Eigenheim" - sogar Filmplakate zu den Titeln haben die User entworfen. Zeitweise waren Tweets mit dem Hashtag #wulfffilme das beliebteste Thema der deutschen Twitter-Gemeinde, mittlerweile dienen auch Serientitel als Vorlage für die Parodien.
Das Internet scheint ein idealer Ort zu sein, um seinem Ärger über Politiker Luft zu machen - oder geht es mehr darum, an einem kollektiven Witz teilzuhaben? Ein solcher Running Gag, der als "Mem" bezeichnet wird und den zahlreiche Internet-Nutzer meist in Text-, Bild- oder Video-Form fortspinnen, kann schließlich jede in den Medien präsente Figur treffen.
Eine Grenze zwischen Spaß und politischer Meinung kann bei den Tweets kaum noch gezogen werden. Unter dem Hashtag #notmypresident erscheint beispielsweise harsche Kritik an Wulffs Verhalten - viele Kurznachrichten versuchen aber, diese Kritik humorvoll zu üben ("OMG, er streitet alles ab! Es ist ein Wehr-Wulff").
Auf dem Weg zum Emir
Unterhaltsame und vor allem humorvolle Schnipsel werden im Internet bevorzugt. So wurden auch bereits Seiten im Stil des beliebten Blogs "Kim Jong-il looking at things" erstellt, das das verstorbene nordkoreanische Staatsoberhaupt beim Betrachten verschiedener Dinge zeigt. Auf christianwulfflookingatthings.tumblr.com erscheinen nun Fotos des Bundespräsidenten mit ironischen Untertiteln - unter einem Bild, auf dem Wulff gerade seinem ehemaligen Kontrahenten Joachim Gauck ins Gesicht blickt, steht: "Christian Wulff, wie er ein alternatives Universum betrachtet".
Ähnlich funktioniert das Blog "Christian Wulff ist auf dem Weg zum Emir", das den berühmten ersten Satz aus Wulffs Mailbox-Nachricht bei Bild-Chefredakteur Kai Diekmann aufgreift. Auch hier werden offizielle Fotos des Bundespräsidenten mit ironischem Begleittext gepostet - unter einem Bild mit dem englischen Prinzen Harry steht zum Beispiel "Naja, immerhin der Emir von England".
"Jemandem auf die Mailbox wulffen"
Wulff ist dabei nicht der erste Politiker, der zur Zielscheibe für Internet-Witze geworden ist. Auch Karl Theodor zu Guttenberg und Guido Westerwelle mussten bereits die Erfahrung machen, wie es ist, in sozialen Netzwerken und Blogs ausgelacht zu werden. Der ehemalige Verteidigungsminister stand sogar für ein neues Wort Pate: Wenn Schüler Hausaufgaben abschreiben wollen, fragen manche angeblich ihren Nachbarn: "Darf ich mal Mathe von dir guttenbergen?".
Diese zweifelhafte Ehre scheint auch Wulff zuteil zu werden, dessen Nachname als Verb wahlweise für das Hinterlassen einer Nachricht auf dem Anrufbeantworter, das Leihen von Geld oder sogar das Kriegerklären benutzt wird. "Jemandem auf die Mailbox wulffen" ist ein Ergebnis dieser Sprachkreationen.
Damit wird auch die Satire-Vormacht von Zeitschriften wie Titanic gebrochen, die dennoch versuchen, im Live-Tempo mit Beiträgen wie Zeichnungen zu reagieren. Auch andere Medien beteiligen sich am Gelächter, wie das gefälschte Facebook-Profil des Bundespräsidenten auf der Stern-Website zeigt.
Vielleicht wird dem Bundespräsidenten zumindest das Interview bei ARD und ZDF aber doch noch Erleichterung verschaffen: Gesprächspartnerin Bettina Schausten hatte darin Wulffs Frage bejaht, ob sie für eine Übernachtung bei Freunden 150 Euro bezahlen würde. "150 die Nacht? Wir dachten immer Bettina Schausten kostet 17,96 im Monat" witzelte daraufhin das Medienmagazin DWDL. Als "Trending Topic" auf Twitter hat sich "Frau Schausten" bereits zum Bundespräsidenten gesellt.