Nahaufnahme:Sie bastelt nicht

Lesezeit: 2 min

Merle Emre: "Ich will, dass sich das Denken in starren Rollenmustern verändert.“ (Foto: oh)

Merle Emre setzt sich für Flexibilität arbeitender Mütter ein. Sie engagiert sich beim Netzwerk "Working Moms", ist dort Erste Vorsitzende. Das Netzwerk steht dafür, dass Frauen beides haben können: Kinder und Karriere.

Von Kathrin Werner

Früher dachte Merle Emre, dass Kinder das Ende der eigenen Freiheit bedeuten. "Aber man kann trotzdem weiter Interessen haben und eine Karriere verfolgen", sagt sie. "Was man dafür neben einem starken Willen braucht, ist Flexibilität. Ich möchte entscheiden können, ob ich zu dem wichtigen Meeting gehe oder zu der Schulaufführung, für die meine Tochter seit Wochen geübt hat. Und ich muss aushalten können, dass mal das eine, mal das andere Vorrang bekommt." Emre hat drei Kinder, sie sind zehn, sieben und fast zwei Jahre alt. Bei ihrer Arbeit als Hochschulleiterin hat sich die 38-Jährige vorgenommen, mehr Flexibilität möglich zu machen - für Mütter und Väter. Und sie möchte mehr darüber sprechen, dass es möglich ist, gleichzeitig im Beruf erfolgreich zu sein und eine Familie zu haben.

Seit drei Jahren ist sie Mitglied des Netzwerks "Working Moms" in Hamburg, inzwischen ist sie Vorsitzende. Selbstbeschreibung des Vereins: "Die Working Moms stehen dafür, dass Frauen selbstverständlich beides haben können - Kinder und Karriere." Interessentinnen müssen dreimal als Gast zu Meetings kommen, ein Motivationsschreiben verfassen, den Aufnahmeausschuss überzeugen. Fast alle der 100 Frauen im Hamburger Netzwerk sind in Führungspositionen. "Das Exklusive hat mich erst irritiert", sagt Emre. "Aber ich habe es sehr zu schätzen gelernt. Wir unterstützen und vertrauen uns." Lange ging es dem Verein eher nicht um eine politische Botschaft, sagt Emre. Ihr sei aber wichtig, auch nach außen aufzutreten. "Ich will, dass sich das Denken in starren Rollenmustern verändert", sagt sie. "Und das geht nur, indem man es vorlebt und anderen davon erzählt."

Nahaufnahme
:Die Mütter-Helferin

Sandra Westermann ist Mutter und weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es ist, Kind und Beruf zu vereinbaren. Deshalb hat die heute 39-Jährige ein Unternehmen gegründet, das Eltern familienfreundliche Jobs vermittelt.

Von Kathrin Werner

Familienleben und eine Karriere zu haben, sei nicht immer leicht, sagt Emre. Was ihr am Schwersten fällt, sagt sie, sei nicht die "Vereinbarkeit" von Beruf und Familie, sondern die Trennung der beiden Rollen. Also voll Mutter sein, wenn sie mit ihren Kindern zusammen ist, und sich bei der Arbeit auf die Arbeit konzentrieren können. Die ständigen Rollenwechsel zwischen Mutter und Chefin fallen ihr schwer. Trotzdem ist ihr wichtig, zu zeigen, dass es geht. Wenn junge Frauen sich für Berufe entscheiden, von denen sie glauben, dass sie es leicht machen, auch Familie zu haben, will sie rufen: "Mach, was du willst!"

Emre ist vor Kurzem Leiterin der Hamburger Macromedia geworden, einer privaten Hochschule mit etwa 700 Studenten und Berufsschülern. Sie hat sich hochgearbeitet bei mehreren Unis, unter anderem an der TU in Hamburg-Harburg. Nebenher hat sie über mehrere Jahre hinweg einen Master in BWL gemacht.

An der Hochschule Macromedia in Hamburg sind fast ausschließlich Männer Professoren, was sie gerne ändern würde. Oft heiße es aus Berufungskommissionen, dass es einfach nicht genug qualifizierte Frauen gebe, sagt sie. "Ich frage die Beteiligten dann, was sie aktiv dafür getan haben, damit sich mehr Frauen bewerben." Sie möchte an der Hochschule einiges ändern. "Mein Ziel ist es, eine Arbeitskultur zu schaffen, die auf Eigenverantwortung und nicht auf Kontrolle baut, und bei der man selbstverständlich auch um 15 Uhr zu einem Kita-Picknick gehen kann."

Als ihr drittes Kind geboren wurde, ist sie wieder Vollzeit in den Job eingestiegen, als der Kleine vier Monate alt war. Ihr Mann kümmert sich hauptsächlich um die Kinder. Er sei sowieso viel geduldiger. "Ich bastele nicht und ich spiele nicht gerne Kinderspiele", sagt sie. "Es fällt mir allerdings schwer, das offen zu sagen." Noch immer gebe es schließlich sehr konkrete Bilder, wie eine Mutter zu sein hat. Sie mache andere Dinge gern mit den Kindern, etwa Ausflüge - und das macht sie nicht zu einer schlechteren Mutter.

© SZ vom 19.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: