Die Roboter kommen, daran besteht kein Zweifel mehr. Spätestens seit den Entwicklerkonferenzen von Microsoft und Facebook in den vergangenen Wochen ist klar, dass sogenannte Bots das nächste große Ding im Internet sein werden. In den kommenden Jahren sollen diese halbautonomen Programme Browser, Homepage und Apps als hauptsächliche Benutzerschnittstellen ablösen. Wenn es nach dem Willen von Mark Zuckerberg geht, tippt man sein Anliegen schon bald nicht mehr in das Adressfeld seines Browsers, sondern interagiert mit den hauseigenen Miniprogrammen, die einem jeglichen Wunsch von der Tastatur ablesen.
Laut dem Marktforschungsunternehmen Forrester werden sich schon in den nächsten drei Jahren ein Drittel aller Beschäftigten in ihren Jobs mit Bot-Programmen auseinandersetzen müssen. Mittels ihrer Software-Assistenten sollen sich die Menschen informieren, sollen navigieren und konsumieren. Schon heute koordinieren Bots die Termine der Nutzer, sie geben Anleitung zu Meditation, Diäten und anderen Selbstverwirklichungsstrategien. Zuletzt stellte das Start-up X2AI einen Chatbot namens Karim vor, der durch verständnisvolle Fragen traumatisierte Kriegsflüchtlinge aus Syrien therapieren soll.
Wenn Bots zu menschenähnlich wirken, werden sie unheimlich
Durch Bots, so viel ist schon heute klar, wird der Umgang der Menschen mit ihrer Technik sehr viel persönlicher. Die Konversation mit dem Computer soll sich so natürlich wie möglich anfühlen. Das Programm soll nicht immer nur den gleichen Satz abspulen. Bei Microsoft kümmert sich deshalb ein ganzes Team aus gelernten Drehbuchautoren, Lyrikern und Schriftstellern darum, dem hauseigenen KI-Programm namens Cortana eine glaubhafte Hintergrundstory maßzuschneidern.
Welchen Charakter soll der Software-Assistent erhalten? Eher aufbrausender Workaholic oder devoter Streber? Apples iPhone-Helferin Siri etwa hat einen trockenen, ins Schnippische neigenden Humor. Alexa, der KI-Assistent von Amazon, baut hin und wieder "ähms", "hhms" und andere Füllwörter in seine Sätze ein.
Bei aller Menschen-Mimikry ist aber zugleich jener Effekt zu beachten, den man im Englischen " Uncanny Valley" nennt. Interaktionsforscher haben schon vor langer Zeit herausgefunden, dass Roboter, die zu menschenähnlich wirken, ihren Nutzern unheimlich vorkommen. Gleiches gilt wohl auch für Chatprogramme. Auf Nachfrage gibt Cortana dann auch ohne Umstände zu, dass sie kein Mensch sei. Sie habe aber "höchsten Respekt vor den Menschen". Immerhin hätten diese die "Infinitesimalrechnung erfunden - und Milchshakes".
Darf Cortana Hillary-Fan sein?
Die Frage nach der passenden Ansprache geht aber noch weiter: Dürfen die Software-Knechte Emojis benutzen oder ihren menschlichen Herren mit Vornamen anreden? Was ist mit Witzen? Sind Star-Wars-Seitenhiebe ein probates Mittel, um den Early Adopter zu erfreuen, oder schreckt man damit doch eher den Normalo-Nutzer ab? Die Autorenteams müssen regionale Befindlichkeiten beachten und gleichzeitig das Stereotyp der unterwürfigen Sekretärin vermeiden, immerhin haben beinahe alle Software-Assistenten von ihren Entwicklern ja eine weibliche Persona verpasst bekommen.
Nicht zuletzt geht es darum, wie man der Software Diplomatie beibringen kann. Denn ob aus Jux oder Ernst - die Nutzer fragen, ob ihr künstlicher Assistent eher auf der Seite von Hillary Clinton steht oder doch eher Donald Trump unterstützt. Die Microsoft-Autoren haben sich darauf geeinigt, dass Cortana eine "Bürgerin des Internets" sei. Sie legt sich nicht auf einen Favoriten fest, für sie, so die offizielle Antwort, sei jeder Politiker "sowohl Held als auch Schurke".