Sie tauchen unangemeldet auf Baustellen oder in Gaststätten auf, inspizieren Pflegeheime oder untersuchen Spediteure. Die "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" (FKS) des Zolls prüft, ob Arbeitgeber den Mindestlohn einhalten, Schwarzarbeiter beschäftigen und Sozialversicherungsbeiträge korrekt zahlen. Nun zeigen neue Zahlen der Bundesregierung: Die Zahl der Kontrollen hat im ersten Halbjahr 2017 deutlich zugenommen. Zugleich haben die Beamten deutlich mehr Firmen beim illegalen Lohndrücken erwischt. Dies geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen zurück, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
Kommt es zu den Überraschungsbesuchen der FKS, wird alles rund um das Thema Schwarzarbeit in den Blick genommen. Dazu zählen auch mögliche Verstöße gegen den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro die Stunde und gegen schon länger bestehende tariflich vereinbarte Lohnuntergrenzen in einzelnen Branchen. 27 323 Arbeitgeber wurden bei diesen Kontrollen in den ersten sechs Monaten des neuen Jahres überprüft. Im ersten Halbjahr 2016 waren es laut den Zahlen des Bundesfinanzministeriums nur 19 564.
Mindestlohn:Nachtarbeiter bekommen künftig mehr Geld
Das Bundesarbeitsgericht stärkt die Position von Schichtarbeitern: Nachtzuschläge müssen auf Basis des Mindestlohns berechnet werden. Kompliziert wird es jedoch beim Urlaubsgeld.
Diese stärkere Kontrolldichte zahlt sich aus: Allein wegen nicht gezahlter Mindestlöhne wurden im ersten Halbjahr 2017 2433 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zum Vergleich: 2016 waren es in diesem Zeitraum 1711 Verfahren, ein Anstieg um mehr als 40 Prozent. Für Arbeitgeber können solche Ordnungswidrigkeiten teuer werden: Wegen des Nichteinhaltens von Mindestlöhnen wurden 2017 bis Mitte des Jahres Bußgelder von fast 19 Millionen Euro fällig. Im ersten Halbjahr 2016 waren es noch knapp 11,4 Millionen Euro.
Ein Sprecher des Finanzministeriums begründete die besseren Ergebnisse des FKS vor allem mit der veränderten Arbeitsweise. Die "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" prüfe nach dem Grundsatz "Qualität vor Quantität". Ziel sei dabei, mehr als früher "die Bereiche und Branchen ins Visier zu nehmen, in denen am ehesten mit Schwarzarbeit und Mindestlohnverstößen zu rechnen ist und so die besonders großen Betrugsfälle aufzudecken". Dies führe "zu mehr Ermittlungsverfahren und zu einer Zunahme der festgesetzten Schadenssummen", sagte der Ministeriumssprecher.
Die Gewerkschaft fordert mehr Personal im Kampf gegen organisierte Kriminalität
Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmerrechte bei den Grünen, ist damit aber nicht zufrieden: Sie weist darauf hin, dass immer noch weniger kontrolliert werde wie 2014, obwohl es damals noch keinen gesetzlichen Mindestlohn gab. Sie fordert deshalb, die Zahl der Kontrollen zu erhöhen und unbesetzte Planstellen beim Zoll schneller zu besetzen. Derzeit sind nach früheren Angaben des Ministeriums von den gut 7200 Planstellen für das Jahr 2017 mehr als 900 nicht besetzt. 1600 zusätzliche Planstellen sind wegen der Einführung des Mindestlohns vorgesehen. Diese werden aber erst nach und nach in den nächsten Jahren besetzt, da die neuen Beamten erst auszubilden sind. Müller-Gemmeke geht das nicht schnell genug: "Der Personalstand der FKS hat sich kaum verbessert", kritisiert die Abgeordnete, die die Anfrage ans Ministerium gestellt hatte.
Der Chef der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft, Dieter Dewes, fordert sogar 2500 zusätzliche Kontrolleure. Er sieht ein "erhebliches Personaldefizit". Negativ wirke sich dies besonders im Kampf gegen organisierte Kriminalität aus. Man brauche Zeit und Personal, um Ermittlungen zu Ende zu führen, bei denen es um "organisierte Formen von Schwarzarbeit" gehe, sagt er. "Am Anfang wird bei einer einfachen Kontrolle ein einfacher Tatbestand festgestellt. Und dann kann man viel mehr entdecken, wenn man richtig drauf schauen kann." Dies sei auch im Sinne aller seriösen Unternehmen, die sich an die Gesetze halten. "Die wollen ja, dass wir mehr kontrollieren."