Trotz des schwachen Wirtschaftswachstums hat der Bund auch das Jahr 2019 mit einem unerwartet hohen Überschuss abgeschlossen. Das Plus im Bundeshaushalt beläuft sich laut dem am Montagmittag vorgestellten Jahresabschluss auf einen bereinigten Rekordwert von 13,5 Milliarden Euro. Zur Verfügung stehen dem Finanzminister sogar insgesamt 17,1 Milliarden Euro, aufgrund von nicht ausgegebener Rücklagen. Damit weist der Bund zum dritten Mal seit 2015 ein Haushaltsjahr mit einem zweistelligen Überschuss aus. Der bisherige Rekordüberschuss lag bei 12,1 Milliarden Euro und stammt aus dem Jahr 2015.
Dass der Bund auch 2019 wieder deutlich mehr Geld als erwartet in der Kasse behalten hat, geht nach Informationen aus Regierungskreisen auf drei Entwicklungen zurück. Die Steuereinnahmen fielen wieder höher aus als erwartet; die Zinszahlungen für den Schuldendienst wegen der extrem niedrigen und teilweise sogar negativen Zinsen dagegen um einige Milliarden Euro niedriger. Schließlich flossen erneut einige Milliarden Euro aus verschiedenen Sonderfonds der Bundesregierung nicht ab; das betrifft den Energie- und Klimafonds, die beiden Kommunalinvestitionsfonds, die unter anderem für Schulsanierungen aufgelegt sind, den Fonds für den Kita-Ausbau sowie den Digitalfonds, der für Schulen sowie den Glasfaserkabelausbau eingerichtet worden ist. Oft fehlen in den Kommunen die Voraussetzungen, um die Gelder verbauen zu können.
Aber die "fetten Jahre" seien damit vorbei
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte die große Koalition vor zwölf Monaten nachdrücklich auf einen Sparkurs eingestimmt. Für 2018 werde man zwar noch mal einen Steuerüberschuss ausweisen können, sagte er Anfang Januar 2019 in Berlin. Aber "die fetten Jahre" seien damit vorbei. "Von jetzt an erwarte ich keine unvorhergesehenen Mehreinnahmen mehr". Mit dieser Begründung erteilte Scholz damals den Forderungen aus der Union nach Steuersenkungen, insbesondere der vollständigen Abschaffung des umstrittenen Soli-Zuschlags, eine Absage.
Der neuerliche große Überschuss dürfte den bekannten Forderungen neuen Schwung geben. Nach Informationen des Spiegel plant Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bereits einen konkreten Vorstoß. In seinem Entwurf für den Jahreswirtschaftsbericht schlägt demnach Altmaier weitreichende Steuerreformen vor; unter anderem will er den Körperschaftsteuersatz senken und den Soli-Zuschlag komplett abschaffen. Der Jahreswirtschaftsbericht wird derzeit unter den Ministerien abgestimmt; die Forderungen dürften vor allem bei Scholz auf Widerstand treffen. Auch die FDP hat eine "steuerpolitische Reformagenda" beschlossen, die Steuerentlastungen in Höhe von 200 Milliarden Euro bis 2024 vorsieht.
Der genaue Haushaltsüberschuss für das Jahr 2019 soll am Montag in Berlin bekanntgegeben werden. Bis zum Freitagabend der vergangenen Woche waren noch Zahlungen und Abflüsse gebucht worden. Am kommenden Mittwoch wird zudem der Gesamtjahresabschluss für den deutschen Staat erwartet - auch bei Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherungen zusammen rechnet man mit einem dicken Plus.