Migration aus Rumänien und Bulgarien:Mehr Zuwanderer beantragen Hartz IV und Kindergeld

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Unbeschränkt arbeiten dürfen Bulgaren und Rumänen in Deutschland erst von 2014 an. Haben sie hier ihren Wohnsitz, dürfen sie aber bereits Kindergeld in Anspruch nehmen - und in Ausnahmefällen auch Hartz IV. Das machen immer mehr Armutsmigranten, oft mit der Hilfe von Schleppern.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Sie haben oft keine Krankenversicherung, können kein Wort Deutsch - und hoffen meist vergeblich auf ein kleines Stück vom Wohlstand. Immer mehr Menschen aus Bulgarien und Rumänen entfliehen der Not in ihrer Heimat und kommen nach Deutschland. Unbeschränkt arbeiten dürfen diese Armutseinwanderer hierzulande erst von 2014 an, sie können sich aber selbständig machen. Wenn Eltern hier ihren Wohnsitz angemeldet haben, haben sie einen Anspruch auf Kindergeld. Außerdem können die Zuzügler in Ausnahmefällen Hartz IV beziehen. Von diesen Rechten macht eine deutlich wachsende Zahl Gebrauch. Das zeigen neue Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA), die der Süddeutschen Zeitung vorliegen.

Danach erhielten im Februar 2013 29.000 Bürger aus Rumänien und Bulgarien Kindergeld. Dies entspricht einem Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um 39 Prozent. Insgesamt stellen die Kindergeld-Empfänger aus den beiden EU-Staaten aber nur 0,3 Prozent aller Bezieher, was sehr wenig ist.

Zahl der bulgarischen und rumänischen Hartz-IV-Empfänger ist gestiegen

Eine ähnlich starke Zunahme gibt es bei den Hartz-IV-Empfängern aus den beiden Ländern. Grundsätzlich erhalten diese Zuwanderer keine staatliche Grundsicherung: Wer hier offiziell arbeitet und später arbeitslos wird, hat aber ein Recht auf die Sozialleistung. Dies gilt auch, wenn ein Familienangehöriger bereits Hartz IV bezieht oder das durch Arbeit erzielte Einkommen unterhalb des Existenzminimums liegt.

Der BA-Statistik zufolge stieg die Zahl der erwerbsfähigen bulgarischen und rumänischen Hartz-IV-Empfänger binnen 12 Monaten bis Ende 2012 um 32 Prozent auf 22.000. Seit dem Beitritt der beiden Staaten zur EU im Jahr 2007 hat sie sich damit - auf einer niedrigen Basis - nahezu verdreifacht. Der Anteil der Rumänen und Bulgaren an allen erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfängern beläuft sich nach Angaben der Bundesagentur auf 0,5 Prozent.

Der Deutsche Städtetag hatte Anfang des Jahres Bund, Länder und EU aufgefordert, sich intensiver um die Armutszuwanderung aus Bulgarien und Rumänien zu kümmern. Es gebe in Deutschland viele gut integrierte Menschen aus diesen Ländern. In einigen Städten gebe es allerdings erhebliche Probleme mit den Zuzüglern, von denen viele zur Minderheit der Roma gehören. Dazu zählen etwa Mannheim, Duisburg oder Hamburg.

Schlepper kümmern sich um den Papierkram

In einem Positionspapier stellt der Verband fest, "dass die soziale Notlage der Menschen vielfach missbraucht wird, indem organisiert durch Schlepper gegen ein hohes Entgelt die Vorbereitung der Kindergeldanträge sowie die Vorbereitung des Gewerbezulassungsverfahrens oder die Vermittlung von Wohnraum zu Wuchermieten vorgenommen wird". Zu Deutsch: Schlepper kümmern sich um den Papierkram.

Bei der Stadt Mannheim heißt es dazu: Bei dem Anstieg der Gewerbeanmeldungen seit 2007 handele es sich in aller Regel "um scheinselbständige, eigentlich ausbeuterische abhängige Beschäftigungsverhältnisse". Einen Job fänden die Menschen "überwiegend im Bau, Reinigungs- oder Verpackungsgewerbe". Die Sozialverwaltung von Berlin-Neukölln merkt an, dass die Einkommen meistens nicht zur Existenzsicherung reichten und deshalb Anspruch auf ergänzende Hartz-IV-Leistungen bestehe.

Die BA hat mittlerweile eine interne Arbeitsgruppe eingerichtet, um sich mit dem Thema zu befassen. Eine Sprecherin der Behörde sagte: "Wir werden das beobachten. Angesichts der sehr überschaubaren niedrigen Größenverhältnisse besteht aber überhaupt kein Anlass, Alarm zu schlagen."

© SZ vom 03.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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