Mietpreisbremse:Fünf Jahre obendrauf

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Demonstranten vor dem Bundeskanzleramt: Nicht nur Mieterschützer fordern eine schärfere Mietpreisbremse ohne viele Ausnahmen. (Foto: Regina Schmeken)

Bundesjustizministerin Barley will die Mietpreisbremse verlängern, auch wenn deren Wirkung begrenzt ist. Ob die Union zustimmt, ist noch ungewiss - der Koalitionspartner will den Wohnungsbau nicht abwürgen.

Von Robert Roßmann, Berlin

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) will die Mietpreisbremse um fünf Jahre verlängern. Barley kündigte am Donnerstag an, im Frühjahr einen entsprechenden Entwurf vorlegen zu wollen. Die Ministerin sagte, natürlich könne die Bremse allein die wohnungsbaupolitischen Versäumnisse der vergangenen 30 Jahre nicht heilen. Aber sie könne den Anstieg der Mieten verlangsamen. Dies sei angesichts teilweise dramatisch steigender Mieten in vielen deutschen Städten wichtig. Deshalb dürfe die Preisbremse nicht wie bisher vorgesehen im Jahr 2020 auslaufen, sondern müsse bis 2025 verlängert werden.

Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, die Mietpreisbremse bis Ende 2018 auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Evaluation durch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) liegt jetzt vor. Barley und das Institut präsentierten es am Donnerstag gemeinsam.

Das DIW kommt zu dem Ergebnis, dass "die Mietpreisbremse den intendierten Effekt - eine Verlangsamung der Mietdynamik - erreicht". Zwar lägen in vielen Großstädten eine hohe Zahl der Angebote oberhalb der zulässigen Miet-Obergrenze. Trotzdem könne man insgesamt eine "messbare Bremswirkung" feststellen. Dieser Effekt liege allerdings nur in einer Größenordnung von zwei bis vier Prozent.

Vor Gericht hatten Mieter meist Erfolg: Im Schnitt zahlten sie dann 167 Euro weniger pro Monat

Wegen der Mietpreisbremse dürfen Eigentümer bei der Wiedervermietung einer Wohnung höchstens zehn Prozent mehr als die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen. Es gibt allerdings Ausnahmen, zum Beispiel fallen Neubauten nicht unter die Vorschrift. Mieter müssen außerdem gegen eine zu hohe Miete selbst vorgehen.

Das Justizministerium hat jetzt die bisher in derartigen Verfahren ergangenen und veröffentlichten Urteile ausgewertet. Demnach hatten die Mieter in etwa 75 Prozent der Fälle zumindest teilweise Erfolg. Im Durchschnitt wurde die monatliche Miete um 167 Euro gesenkt.

Grundlage der Preisbremse ist das "Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten", es ist im Juni 2015 in Kraft getreten. Der Bund regelt darin jedoch nicht selbst, welche Regionen geschützt werden. Das Gesetz ermächtigt stattdessen die Bundesländer, die Gebiete auszuweisen, in denen die Wohnungsmärkte angespannt sind und in denen deshalb die Mietpreisbremse gelten soll. Die Länder müssen dazu Rechtsverordnungen erlassen. Allerdings dürfen sie das nur bis zum 31. Dezember 2020 tun. Barley will diese Frist nun um fünf Jahre verlängern.

Die Justizministerin löste mit ihrer Ankündigung unterschiedliche Reaktionen aus. Der wohnungspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Chris Kühn, sagte, die Verlängerung sei "ein längst überfälliger Schritt". Er erwarte von Barley jetzt aber, dass sie "zügig einen Gesetzentwurf vorlegt und sich gegen die Union durchsetzt". Der wohnungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Daniel Föst, kritisierte Barley dagegen scharf. Er sagte, das "Ideologie-Instrument Mietpreisbremse" sei wirkungslos. Die Mieten in den gefragten Gebieten würden trotz der Bremse unaufhörlich steigen. Denn es fehle "schlicht an mehr Angebot". Diese Lage verschlimmere die Mietpreisbremse sogar noch, denn sie behindere Investitionen in den Neubau.

Entscheidend wird für Barley aber nicht sein, was Grüne und FDP meinen. Die Ministerin braucht für die Verlängerung der Mietpreisbremse die Zustimmung ihrer Koalitionspartner CDU und CSU. Die Union hielt sich am Donnerstag aber noch mit einer endgültigen Bewertung zurück. Jan-Marco Luczak, der Mietrechtsexperte der CDU/CSU-Fraktion sagte, es freue ihn zwar, dass die Mietpreisbremse "entgegen vielen Unkenrufen aus der Opposition" wirksam sei. Auch der Union sei es immer wichtig gewesen, dass Menschen nicht aus ihren angestammten Wohnvierteln verdrängt werden. Die Union wolle aber nicht nur Mieter schützen. Ihr gehe es auch darum, keine Eigentümer abzuschrecken, in den Wohnungsmarkt zu investieren. Deshalb werde die Zustimmung der Union zu Barleys Vorstoß auch von der Art der geplanten Änderungen im Mietspiegelrecht abhängen.

Die Mietspiegel sind die Grundlage für Mieterhöhungen. Ihre Berechnung ist deshalb immer stark umstritten. Derzeit gehen in die Spiegel die Mietverträge der vergangenen vier Jahre ein. Barley möchte den Zeitraum auf sechs Jahre verlängern. Dies hätte einen dämpfenden Effekt, beschneidet aber die Mieterhöhungsmöglichkeiten der Eigentümer.

Dem Deutschen Mieterbund geht der Vorstoß von Barley nicht weit genug. Er beklagte unter anderem, dass die Mietpreisbremse nicht bundesweit gelte, sondern lediglich in den Städten, die von den Landesregierungen per Verordnung festgelegt wurden. Es sei deshalb kein Wunder, dass ihre Wirkung deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei.

© SZ vom 25.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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